Über "Deutschland-Wahl und die Moralfrage" schreibt der ORF.at: "Am vergangenen Wochenende spielten sich im Hochwassergebiet wohl skurril anmutende Szenen ab: Laschet, Unionsspitzenkandidat und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, reiste in das von den Fluten besonders betroffene Erftstadt. Während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Betroffenen in einer Rede an Ort und Stelle sein Mitgefühl ausdrückte, war im Hintergrund der lachende Laschet zu sehen."

screen stern.de https://www.stern.de/politik/deutschland/laschetlacht-30620506.html

Blöder Weise war keine große TV-Kamera zu sehen, sonst hätte sich der freche Schüler Laschet nicht beim Blödeln erwischen lassen, während der Oberlehrer Steinmeier spricht. Aber ein politischer Profi müsste wissen, dass heute die Kameras immer und überall sind. Doch bei aller Aufregung über die Blödler im Hintergrund - was Grund der Heiterkeit war, wird man wohl nie erfahren - bleibt eine Frage offen: Was genau ist die moralische Frage in diesem Falle?

Das Verhalten, im Umfeld einer Katastrophe, die viele Menschenleben gekostet hat, zu blödeln, ist so offensichtlich verblödet, dass man über die politische und moralische Verkommenheit dieses Verhaltens keine Sekunde zu diskutieren braucht.

Die daraus folgende moralische Frage ist sicher wichtiger: wie tief sitzen die moralischen Schranken der heutigen Gesellschaft? Was kann sich ein Politiker heute alles erlauben, bevor er von einem moralischen Schranken der Gesellschaft gestoppt wird? Von seinen eigenen moralischen Schranken wollen wir gar nicht reden - so etwas gibt es bei heutigen Politikern offenbar nicht mehr. Um bei dem Bild zu bleiben: unsere moralischen Schranken liegen am Boden, ein Laschet kann sich selbst moralisch disqualifizieren, macht danach einen Hopser über den am Boden liegenden Schranken und macht weiter, als wäre nichts geschehen.

Die dem ganzen Schmierentheater voraus gehende moralische Frage ist allerdings am wichtigsten: Gibt es eine "moralische Pflicht" für Spitzenpolitiker, bei jeder Katastrophe im Konvoi anzureisen um sich "ein Bild vor Ort" zu machen und den Betroffenen "ihre Unterstützung" zu versprechen? Ich persönlich halte diesen politischen Katastrophen-Tourismus für die eigentliche moralische Verkommenheit. Egal ob ein Bundespräsident Steinmeier oder ein Ministerpräsident Laschet - die haben vor Ort nichts zu suchen und können vor Ort nichts ausrichten. Das Land hat ausgebildete Helfer und viele Freiwillige, die zur Schaufel greifen um aufzuräumen. Die moralische Verkommenheit der Politiker beginnt bereits mit der Entscheidung, sich als "Macher" in so einer Katastrophe kameratauglich zu inszenieren. Selbst-Inszenierung, sonst nix! Dass es diesmal für Laschet "blöd glaufen" ist, das ist genau genommen ein Nebenthema.

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berridraun

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invalidenturm

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