Trend Kunstranking: empirisch fragwürdig

Wieder mal hat die Zeitschrift trend (Ausgabe 12 vom 25.3.2016) „die besten 100 Österreicher“ der Kunst gekürt. Auch ich war erstmals eingeladen, für meine Favoriten zu voten. Hier meine empirischen Gründe, warum ich abgelehnt habe, an diesem Spielchen teilzunehmen.

Interessanter als die Frage, wer von den immer gleichen Künstlern ist dieses Jahr an welcher Stelle gereiht, ist die Frage, wer fehlt auch dieses Jahr? Ganz klar ist die Tendenz, dass Künstler aus Wien stärker präsent sind als Künstler aus dem Rest Österreichs. So ist einer der großen Abwesenden der Kärntner Valentin Oman, dessen Personalausstellung derzeit gerade im Wiener Künstlerhaus läuft. Wer ernsthaft ein Kriterium wie „künstlerische Bedeutung“ zur Anwendung bringt, kann einen Künstler mit unverwechselbarer Handschrift nicht einfach über Jahrzehnte nicht bemerken. Zumal Oman seine Spuren in über 80 öffentlichen Bauten hinterlassen hat.

Der Kurator der Oman-Ausstellung, Michael Karrer, antwortet auf die Frage, warum Valentin Oman nicht auf der Liste der Top 100 Künstler Österreichs zu finden ist: „Ich habe mich ein Jahrzehnt mit Kunstrankings beschäftigt, mittlerweile hasse ich das Thema. Es gibt eine Korrelation zwischen Ausstellungspräsenz und Management des Künstlers. Künstler die in Museen ausgestellt werden, finden im Ranking stärkere Berücksichtigung. Valentin Oman ist ein introvertierter Künstler, dem es nicht wichtig ist seine Erfolge sichtbar zu machen. Er freut sich nicht auf einen öffentlichen Auftritt, sondern wäre lieber in seinem Atelier.“

Man könnte auch sagen: der Horizont jener, die über „Bedeutsamkeit“ entscheiden, reicht nicht über ihre eigenen vier Galeriewände und schon gar nicht über die Grenzen Wiens hinaus. Dies beweist auch die Tatsache, dass ein echter Weltstar, der sein eigenes Museum in Niederösterreich hat, in diesem Ranking mit keinem Wort erwähnt wird: Daniel Spoerri. Das kann nicht daran liegen, dass er mit Wohnsitz in Wien und Hadersdorf am Kamp „zu wenig Österreicher“ ist, denn auch andere Künstler mit Migrationshintergrund (Anna Jermolaewa/RU, Esther Stocker/IT, Dorothee Golz/DE, Marcus Geiger/CH) finden hier Erwähnung. Leicht nachvollziehbar, wenn man weiß, von welchen Galeristen sie vertreten werden, die zufällig auch in der Jury sitzen.

Valentin Oman http://www.oman-valentin.com/

Medienkritischer Nachsatz: Ich finde es skurril, dass der ORF am Kulturmontag (21.3.2016) Peter Sloterdijk einen 4-Minuten Film und ein 11-Minuten-Interview widmet, selbstverständlich mit dem Hinweis dass Sloterdijk „der Superstar unter den Philosophen“ sei. „Superstar“ ist offenbar ein journalistisch zureichender Grund, sicher aber die unabdingbare Legitimation vor dem ORF-Gebührenzahler, um für einen langweiligen Beitrag extra nach Deutschland zu fliegen. In der gleichen Sendung wurde die Ausstellung von Valentin Oman, die sogar der ORF-Kulturchef Martin Traxl ein paar Tage vorher höchst persönlich eröffnet hat, nicht mit einem einzigen Wort erwähnt. Ist das die Objektivität, die wir immer fordern? Wenn sich ein Kulturchef schon für die Eröffnung hergibt (oder vielleicht sogar bezahlen lässt, ich weiß es nicht), dann wird er mit Sicherheit darüber nicht in seiner eigenen Sendung berichten. Zumindest dann nicht, wenn es um keinen „Superstar“, sondern um einen Kärntner Provinzkünstler geht. Hatte der doch schon in der Exotensendung „Heimat fremde Heimat“ im Jänner seinen Auftritt.

Siehe auch: Trend Kunstranking: methodisch fragwürdig

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sisterect

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Marian Eisler

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