Ende September, Anfang Oktober beginnt die Jagdsaison, die bis 31. Jänner dauert. Rehe dürfen sich dann wieder fürchten, denn Treibjagden im Winterhalbjahr werden sie schon bald erfolgreich durch Wald und Flur hetzen, so dass sie in Todesangst über Autostraßen rennen und Verkehrsteilnehmer gefährden; es wird wieder drauflosgeballert, ich werde mich ebenfalls wieder fürchten, wenn ich mit den (angeleinten) Hunden am Stadtrand von Wien harmlos neben den Feldern spaziere, denn ringsumher am Waldrand stehen Hochstände und die Böller der Schüsse pfeifen im Minutentakt um unsere Ohren.

Lasset die Spiele beginnen!

Hören Sie demnächst in Wald und Flur Jagdhörner, die „Aufbruch zur Jagd“, „Hunde los“, „Wild tot“, „Sammeln“ und „Aufkoppeln“ signalisieren, bringen Sie sich, Ihre Kinder und Ihre tierischen Begleiter rechtzeitig in Sicherheit. Denn die Elite der Hobbyjägerinnen und Jäger scharrt schon in den Startlöchern um wieder gnadenlose Jagd auf Fasan, Wildschwein, Rebhuhn und Reh zu machen. Wozu eigentlich? Haben wir nicht genug Fleisch? Reichen Kuh, Schwein und Geflügel nicht, die bergeweise die Regale im Supermarkt füllen? Oder ist es allein die Lust am Töten?

Der Schritt Richtung Großwildjagd ist nur ein kleiner. Präsidentenanwärter Donald Trump und sein ganzer Clan erlegten und erlegen Elefanten, Löwen und Giraffen, stellen ihre Beine auf tote Nashörner und lachen verschmitzt in die Kamera, positioniert vor den eben erjagten Leichnamen der großen wilden Tiere.

Noch schlimmer die Gatterjagd in Österreich, wo selbstherrliche Politbonzen und neureiche Schnösel eigens zu diesem Zweck gezüchtete Tiere nachts in LKW heranschaffen lassen, um sie Jägern und aufgebrezelten Jägerinnen in eingezäunten Arealen ohne Ausweg und ohne Chance auf Entkommen auszuliefern. Zum Abknallen. Wie Schießbudenfiguren hinterm Zaun. Man muss sich nicht allzu viel bewegen dafür. Zum reinen Gaudium, zum Juche. Um anschließend die erlegten Trophäen an die Wand zu hängen. Die Leichen, die keiner braucht, räumt das Personal weg. Bitte nicht die halbaristokratischen Finger beschmutzen, dazu hat man Bedienstete.

Zu guter Letzt ist das Fleisch der zu Tode gehetzten Tiere, die in Todesangst vorher jede Menge Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet haben, von minderer Qualität. So sie denn nicht noch vorher stundenlang angeschossen durch den Wald rennen mussten, bevor sie endlich irgendwo schwer verletzt niederbrechen und qualvoll sterben, wird man an ihnen auch auf dem silbernen Teller nicht mehr viel Freude haben.

http://derstandard.at/2000030668289/Gatterjagd-Leidenschaft-die-Leiden-schafft

Warum?

Was ist an der Jagd so toll?

Nicht zu vergessen die Hunde. Jagdhunde, hart abgerichtet und schussfest, die sich nicht mehr eignen, werden gerne mittels Kopfschuss entsorgt. Dazu braucht man dann nicht mal den Veterinär… Das sind keine Einzelfälle! Die Hunde, die sich leider doch nicht als "Jagdtauglich" herausstellen, haben Glück, wenn sie es bis in ein Tierheim schaffen. Da ist man nicht so zimperlich.

Keine Gefährdung der Hunde im Einsatz? Von wegen!

„Die besonderen Gefahren für den Hund auf der Jagd ergeben sich aus seinen Einsatzbereichen. Sie gehen von Umweltfaktoren wie Dornen und Ästen, dem wehrhaften bzw. waidwunden Wild, dem Jäger selbst oder auch unverträglichen Artgenossen aus. Typische Traumata beim Jagdhund sind Stürze, Riss- oder Stichwunden, Bissverletzungen oder Schusswunden. Da der Hund bei der Jagd immer mit dem Kopf voran geht (vor allem bei der Baujagd), sind Augen, Kopf und Hals besonders für Verletzungen disponiert. Neben Hautverletzungen unterschiedlichen Grades sind der Körper und auch die Extremitäten stark gefährdet. Dies gilt vor allem für Auseinandersetzungen mit Schwarzwild, dessen rasiermesserscharfe Eckzähne (Hauer des Keilers) klaffende Wunden reißen. Neuerdings gibt es Schutzwesten, um Gefahren zu mindern. Bei den meisten Verletzungen ist neben gründlicher Desinfektion und Erstversorgung die weitere Behandlung durch den Tierarzt erforderlich.“ (Quelle: Wikipedia)

Weshalb löscht man Leben aus, warum bringt man seine Hunde in Gefahr, nur weil einem grad danach ist? Wie minderwertig muss sich jemand fühlen, dass er sein Ego durch einen Endorphinkick pushen muss? Wie klein muss dieses armselige Menschenkind in Wahrheit sein, das sich erst dann groß und mächtig fühlt, wenn es tote ausgestopfte Tiere an seine Wohnzimmerwand, egal ob Schloss, Oval Office oder Sozialbau, hängen kann!

Prof. Dr. Josef Reichholf, Biologe, kam bei seinen Forschungen zu dem Ergebnis, dass die Jagd der "Artenfeind Nr.2" ist; führend auf Platz eins liegt die Industrielle Landwirtschaft.

"Wir jagen, weil es uns Freude macht, und was wir Hege nennen, ist blanker Eigennutz, gelegentlich Fressneid. Wir wollen den Habicht nicht fangen, weil uns die armen Fasanen leidtun, weil wir ihnen das ewige Leben wünschen. Wir wollen Habicht, Wiesel, Fuchs und Co. nur ans Leder, weil wir deren Beuteanteile selbst schlagen und kröpfen wollen." so Bruno Hespeler, Jagdautor (Quelle:Raubwild heute)

Die Jagd ist nichts anderes als ein ständiger Eingriff in das natürliche Gleichgewicht von Flora und Fauna. Zehn plausible Gründe gegen die Jagd finden Sie auch hier: http://www.peta.de/jagdirrtuemer#.V-KpfPDhCM8

So armselig, diese Menschen.

Und damit meine ich nicht jene Förster und Wildhüter, die kranke Tiere im Wald erlösen, verwaiste Rehkitze aufziehen und Futterkrippen im Tiefschnee auffüllen. Damit meine ich auch nicht diese Sorte Jäger, die ihr Leben riskiert und der Natur und den Waldbewohnern respektvoll entgegentritt. Die verdienen Achtung, keine Frage.

Den anderen aber, die aus Lust, Langeweile und einem Elitedenken heraus handeln, denen gebührt sicher kein Waidmannsdank, und auch kein Erbarmen, wenn sie sich gegenseitig vor die Flinte laufen im finsteren Wald.

Das Karma ist mächtig. Möge es diese Saison wachsam sein.

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

https://tierarztwolfblog.wordpress.com/

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