Aufrüstung in Europa: Bleibt der Frieden?

"Aufrüstung in Europa: Ist das der richtige Weg?"

Diese Frage wurde mir von Youtube in die Feeds gespült. Antworten zum Zeitpunkt als ich diesen Artikel schrieb: 20% Ja, 80% Nein.

Ich fand die Frage spannend. Ich will sie hier ein bisschen diskutieren mit euch. Vorab: Ich bewerte die Frage wahrscheinlich anders als es die Kronen Zeitung, welche die Frage lancierte, meint. Die Kronen Zeitung stellt die Frage im Hinblick darauf ob es eine gute Idee ist. So als hätten wir Alternativen dazu. Haben wir diese Alternativen wirklich? Fassen wir mal zusammen:

Die geopolitische Situation

China und Russland betreiben massive hybride Kriegsführung gegen uns. Schon jetzt. Sollte die Ukraine als russischer Satellitenstaat enden ist die Sicherheit Europas massiv gefährdet. Nicht nur sind dann die Rüstungsgüter die wir in die Ukraine geschickt haben auf einmal auf der falschen Seite vom Zaun. Das Know How in Sachen Kriegsführung welches die Ukraine gewonnen hat wird dann auch Russland zur Verfügung stehen über kurz oder lang. Die USA haben mit Trump nachhaltig alle Brücken zu Europa abgerissen. Nachfolgende Regierungen werden den Schaden nicht beheben können. Die Angst das ein Trump 2.0 wieder kommt ist real: Trump wurde gewählt weil das amerikanische Volk sich von Europa abnabeln will. Das müssen wir akzeptieren. Europa ist sicherheitstechnisch auf sich alleingestellt und kein Land für sich allein wird stark genug sein die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Wir werden zusammenhalten müssen. Daraus ergibt sich, dass wir unsere Streitkräfte auf Vordermann bringen müssen... Das ist die Notwendigkeit. Und allein vor dieser Notwendigkeit gruselt mich schon.

Wir rüsten auf. Und danach?

Zuerst möchte ich nochmal in die Geschichte zurückblicken bevor ich in die Zukunft gehe:

Der erste Weltkrieg zeichnete sich ab. Jede Seite rüstete auf in Erwartung, dass die jeweils anderen angreifen werden. Die komplexen Bündnissysteme sorgten dafür, dass ein lokaler Auslöser, der Tod eines Monarchen in Serbien, die Welt in einen Flächenbrand steckte. Wenn wir uns die historischen Dokumente heute ansehen dann stellt sich heraus: Keine Seite wollte wirklich einen Krieg von diesen Ausmaßen. Aber jeder hatte Angst vor einem Krieg in der Zukunft. Das deutsche Reich befürchtete Russland könne irgendwann angreifen. Die Militärs wollten einen Präventivschlag bevor es zu spät ist. Russland wiederum fürchtete um den eigenen Einfluss in Europa und dass sie vom Deutschen Reich und Österreich-Ungarn verdrängt, und dann natürlich irgendwann auch einmal militärisch niedergerungen werden. Die Mobilisierung erfolgte also unter dem Grund: "Wir müssen mobilisieren weil die Anderen gegen uns mobilisieren" Beide Seiten sahen sich bedroht. Beide Seiten waren hochgerüstet. Dann knallte es.

Der kalte Krieg zeigt im Nachhinein ein Bild das keine Seite wirklich die Absicht hatte den gegnerischen Block anzugreifen. Das der kalte Krieg nie heiß wurde liegt daran, dass die Sowjetunion einfach irgendwann unter sich selbst zusammenbrach. Wir haben so viel Geld in die Rüstung gepulvert, dass wir den Krieg gewannen ohne auch nur einen Schuss abzugeben. Die Sowjets konnten nicht mithalten. Bis zu diesem Zusammenbruch war es X-mal mehr als knapp.

In beiden Fällen hatte niemand die Absicht die Welt in Flammen zu setzen. Es entwickelte sich eine Eigendynamik. Davor habe ich Angst.

Das große Heere eine Tendenz haben verwendet zu werden als politisches Machtinstrument zeigte die USA in der Vergangenheit mehr als deutlich. Russland lebt es aktuell vor. Ein Heer sollte der Politik folgen, nicht umgekehrt. Je mächtiger das Militär ist desto mehr politischer Einfluss von Seiten der Militärs ist aber zu erwarten weil dies auch früher immer wieder der Fall war.

Was uns ins Haus steht ist ein neuer, kalter Krieg. Idealerweise kalt. Wenn wir viel Glück haben.

Was wäre wenn?

Springen wir in die Zukunft. Wir sind aufgerüstet, haben ein europäisches Atomwaffenarsenal, eine paneuropäische Armee mit tausenden von Panzern, hunderttausenden Soldaten, UBooten, Kampfflugzeugen, Bombern... Allem was das Herz des Militaristen so begehrt. Und nun?

Vertrauen wir darauf, dass wir diese Waffen und Heere niemals zur außenpolitischen Willensbildung werden einsetzen wollen? In dem Fall habt ihr mehr Vertrauen als ich in die europäischen Politiker.

Ich sehe wenig Alternativen zur Aufrüstung. Aber ich sehe noch eine Chance.

Die Ukraine muss siegen. Russland sich reformieren. Wir müssen bereit sein nachzugeben.

Die Ukraine siegt am Verhandlungstisch und bleibt ein eigener Staat. In dem Fall sollte ihr die Teilnahme nicht nur in der EU sondern auch im russischen Wirtschaftsraum ermöglicht werden. Als Brücke. Wir sollten Russland signalisieren, dass wir kein Bedürfnis haben unser Heer auf Apokalypse-Größe aufzublasen wenn sie das auch nicht tun. Wir sollten an einer Zusammenarbeit mit Russland Interesse zeigen. Auf Augenhöhe.

Das Alles wird aber aus meiner Sicht nur möglich sein in einer Post-Putin-Ära. Und wie die aussieht? Das steht in den Sternen...

Abschließend sehe ich also eine düstere Zukunft für Europa und die Weltsicherheit. Ist die Aufrüstung in Europa der richtige Weg? Es ist der einzige Weg fürchte ich. Und es ist absehbar, dass er in einer Katastrophe enden kann.

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