Die jüngste Meldung, dass das US-Heimatschutzministerium tatsächlich eine Reality-TV-Show prüft, in der Einwanderer um eine beschleunigte Einbürgerung konkurrieren sollen, markiert einen neuen Tiefpunkt in der politischen und moralischen Entwicklung der USA unter der Trump-Regierung. Der Vorschlag des Produzenten Rob Worsoff sieht vor, dass Kandidaten in Wettbewerben zu amerikanischer Geschichte, Kultur und zivilgesellschaftlichem Wissen gegeneinander antreten – mit dem Hauptpreis: der US-Staatsbürgerschaft. Während Ministeriumssprecherin McLaughlin das Konzept als „Feiern dessen, was es bedeutet, Amerikaner zu sein“ darstellt, bleibt der bittere Beigeschmack, dass hier Menschenrechte zur Unterhaltung und Einschaltquote zur Währung werden.
"Hungergames"
Obwohl der Produzent ausdrücklich betont, es handele sich nicht um eine „Tribute von Panem“-Variante für Einwanderer, drängt sich der Vergleich zu dystopischen Klassikern wie „Hungergames“ und „Black Mirror“ auf. In diesen Welten werden Menschen zu Spielfiguren in einem System, das Unterhaltung und Kontrolle über Moral und Menschenwürde stellt. In Panem kämpfen Jugendliche ums Überleben, während die Elite zuschaut – in den USA könnten künftig Migranten um ihre Zukunft kämpfen, während Millionen vor dem Fernseher abstimmen[2].
Moralischer Verfall und Trumps Prioritäten
Die Tatsache, dass ein solches Format überhaupt ernsthaft geprüft wird, zeigt, wie sehr moralische Vorstellungen in den USA ins Wanken geraten sind. Unter Trump zählt Geld, Einschaltquote und mediale Inszenierung mehr als Idealismus oder Menschenrechte. Die Politik verschmilzt mit Entertainment, wie es bereits Trumps eigene Karriere als Reality-TV-Star („The Apprentice“) vorgezeichnet hat. Bürgerrechtsorganisationen kritisieren schon jetzt, dass Abschiebungen – etwa in Hochsicherheitsgefängnisse nach El Salvador – rechtsstaatliche Prinzipien verletzen. Es ist also keineswegs abwegig, sich zu fragen, ob in Zukunft auch Einbürgerungen oder gar der Entzug der Staatsbürgerschaft von Einschaltquoten oder Zuschauer-Votings abhängig gemacht werden könnten.
Fragen die sich stellen:
- Kann einem Gewinner die Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden, wenn die Zuschauer unzufrieden sind oder die Quoten nicht stimmen?
- Droht dem Verlierer die sofortige Abschiebung oder gar die Inhaftierung in berüchtigten Gefängnissen wie jenen in El Salvador, wie es bereits heute bei Abschiebungen kritisiert wird?
- Werden Migranten, die sich bewerben, automatisch zum Ziel staatlicher Überwachung? Und wenn nicht genug Freiwillige teilnehmen – werden dann Gefängnisinsassen rekrutiert, die sich aus Angst vor Abschiebung zur Teilnahme gezwungen sehen?
- Könnte dieses Prinzip künftig auch auf Gerichtsverfahren ausgeweitet werden, sodass Todeskandidaten durch die Teilnahme an solchen Shows ihre Hinrichtung verzögern oder verhindern können?
Menschenrechte vs. Einschaltquote
Diese Entwicklung wirft fundamentale moralische Fragen auf: Wird der Wert eines Menschenlebens künftig an der Einschaltquote gemessen? Stehen Zuschauerinteresse und mediale Aufmerksamkeit über den Grundrechten? Die Tatsache, dass solche Fragen überhaupt gestellt werden müssen, ist ein alarmierendes Zeichen für den Zustand der amerikanischen Gesellschaft. Die Grenze zwischen Unterhaltung und Menschenrechtsverletzung droht zu verschwimmen.
Was bleibt?
Was als „unkonventioneller Vorschlag“ verkauft wird, ist in Wahrheit ein Symptom für eine Gesellschaft, in der Moral, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit dem Populismus und Kommerz geopfert werden. Die USA bewegen sich damit gefährlich nah an die dystopischen Visionen der Science-Fiction heran – und stellen die Grundpfeiler der Demokratie zur Disposition.