Giovanni Gentile wurde 1875 geboren und lebte als Sozialist, Intellektueller, Philosoph und Professor der Geisteswissenschaften in einer Zeit eines paradigmatischen Wechsels. Europa verabschiedete sich von der Idee der Monarchie und suchte neue Wege. Diese Wege waren aber allesamt nicht wirklich neu. Von Kapitalismus und Faschismus über Sozialismus und Pazifismus, all das war schon einmal da. Dennoch machten sich Philosophen daran diese Ideen zu kodifizieren und an die moderne Welt anzupassen.

Gentile war einer der Denker der bis heute massive Bedeutung hat, aber namentlich vergessen wurde.

Gentile war Hegelist und insofern natürlich Marx zugetan, dessen Philosophie sich ebenfalls auf Hegel stütze. Sein Interesse lag im Sozialismus und er sah sich selber als Demokrat. In seinem Leben hielt er einige Professortitel in Palermo, Pisa, Rom und Bocconi und seine Philosophie sollte ein Jahrhundert prägen. Zu dieser Zeit war er in der Geisteswissenschaft in aller Munde. Warum wurde er vergessen?

In der Weltsicht von Gentile gab es zwei Wege die die post-monarchistische Demokratie gehen könne, zum einen die sanfte Demokratie die den Staat als notwendiges Übel betrachtet und somit zu einer völligen Individualisierung führen würde (die amerikanische Form), oder aber eine Ideologie in der sich der Einzelne, freiwillig und freudig, einem höheren Ziel unterordnet. Verwalter dieser Ordnung ist der Staat und individuelle Wünsche müssen hinter dem Gemeinwohl zurückstecken. In dieser Ideologie ist das private auch politisch. Das bedeutet dass alles was man tut eine Wechselwirkung auf die Umgebung hat und man daher jede Handlung vorsichtig abwägen muss um nicht die Familie zu stören. Die Familie ist der Staat. Der Staat sorgt und schützt seine Kinder, die Kinder unterstützen den Staat nach bester Kraft und werden dann Teil des Staates, in einer Form oder einer Anderen.

Die Bedeutung von Privatbesitz relativiert sich ebenso wie in der Familie: man teilt das Meiste; Neid und Habsucht wird als amoralisch abgelehnt. Das Wohl Vieler steht über das Wohl den Einzelnen. Sein Zugang zur Religion war gespalten. Es wirkt als wäre er gerne Atheist gewesen, konnte sich aber nie ganz von seinen Christlichen Prägungen trennen. Er wollte an eine Form der Erlösung glauben, wie es scheint.

Noch bis heute hören wir diese Slogans täglich.

<Das private sei politisch, das Wohl Viele er über dem Wohl weniger, Staat als Kitt der Gesellschaft.>

Liest man Gentile, natürlich geschickt ausgewählt, einer Gruppe Sozialisten vor, ist Jubel vorprogrammiert. Gentile ist der geistige Vater des modernen Faschismus. Benito Mussolini schrieb begeistert von Gentile ab. Faschismus ist zwar so alt wie die Menschheit, denn die Idee dass man einen Strohhalm knicken kann, aber ein Bündel (fascis) bedarf keiner hohen Schule. Auf das kommt jeder Bauer der Stoh in der Hand hält. Die Logik dass Zusammenhalt daher essentiell und notwendig ist kommt von selber und sehr früh in der Geschichte der Menscheit, aber die moderne Kodifizierung ist Gentile "gedankt".

Warum ist er tot und vergessen? Weil die Parallelen zur modernen „Linken“ unverkennbar sind. Der Kampf gegen das private, die Familie und das Individuum, die Überhöhung von Gruppe und Gruppenidentiät, das Reduzieren von Menschen auf Gruppen („das verstehst du nicht, du bist ein weißer CIS Mann“) all das trägt Gentiles Handschrift, all das ist aus seiner Ideologie ableitbar. Die Definition "was Faschismus ist" gilt heute als kontrovers, obwohl sie eindeutig wäre, wenn man sie definieren wollen würde.

In dem Moment in dem die Geisteswissenschaft das tun würde, müsste sie sich aber damit auseinandersetzen dass ihr heiß geliebter Hegel und Marx nicht wirklich im Widerspruch mit Gentile stehen. Was wir heute als <links außen> bezeichnen argumentiert genauso faschistisch wie das was wirklich <rechts außen> ist, wie etwa die Identitäre Strömung.

In dem Moment in dem wir uns wirklich mit dem Faschismus beschäftigen und sein Gegenstück erkennen, wäre er überwindbar. Das Gegenstück zum Faschismus ist der Individualismus, der Privatbesitz und ein Mindset das dem Staat stets kritisch gegenüber steht, Ein Bürger der keiner Führung bedarf sondern sein Leben lebt und seine Konsequenzen selber trägt.

Wer das nicht will, soll das sagen und das entsprechende Wort wählen. Wer den Staat einer echten Familie vorzieht, der ist ein Faschist. Wer sich gegen den Staat stemmt, wer sich gegen Verurteilungen aufgrund von Gruppenzugehörungen wehrt und wer die Früchte seiner eigenen Arbeit nicht mit Schnorrern teilen möchte, der ist wohl fast immer Kapitalist, aber kann niemals Faschist sein.

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Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 07.12.2017 17:30:57

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