Eine gängige Idee, der Menschen die eine starke Ablehnung gegenüber Waffen verspüren, ist das eine Gesellschaft ohne Waffen eine bessere Gesellschaft wäre. Es wäre eine Gesellschaft ohne Krieg, ohne Mord, ohne Raub. Dieser Ansatz ist unterstützenswert, der überwiegende Teil der Bevölkerung lehnt diese Dinge ja ab. Ich eingeschlossen.

Das Problem ist die Oberflächlichkeit dieses Arguments das einige bedeutenden Teile der Realität ignoriert.

Zuerst gilt es zu verstehen was eine Waffe ist. Der Gesetzgeber beschreibt eine Waffe entweder als:

Gegenstände,die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.

Dieser Definition nach zählt im Wesentlichen die Intention des Machers des Gegenstandes. Ein Schmied der ein Schwert herstellt mit der Intention es zum Kämpfen zu verwenden hat also eine Waffe geformt. Schmiedet die gleiche Person aber eine Machete, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt ist Schlingpflanzen abzuhacken, hat er keine Waffe hergestellt.

Die Machete ist keine Waffe und unterliegt daher nicht dem Waffengesetz.

Der Geschichtskundige, der fähig ist über die europäischen Grenzen hinwegzusehen, wird sich aber daran erinnern dass 1994 im Bürgerkrieg in Ruanda mindestens eine halbe Million Menschen getötet wurden. Ein signifikanter Anteil davon mit Macheten.

Ist die Machete also doch eine Waffe?

Was ist mit Spaten?

Im Ersten Weltkrieg wurden erbitterte Grabenkämpfe mit Spaten geführt, schlicht weil der Spaten oftmals eine effizientere Waffe war als die tatsächlich zur Verfügung stehenden Waffen.

Den Waffenbegriff hinreichend zu definieren ist also fast unmöglich, da der Mensch überaus kreativ darin ist aus Werkzeugen Waffen zu improvisieren. Besonders spektakulär erscheinen die Bauernwaffen aus Okinawa, Japan.

In deutlich weniger Worten: Alles kann eine Waffe sein. Daher ist es schon daher nicht wirklich möglich eine waffenlose Gesellschaft zu konstruieren.

Aber wir können es dennoch probieren. Gehen wir also weiter.

Als Nächstes gilt es grob einzuschätzen welche Menschengruppen Waffen benutzen. Im Wesentlichen sind das Menschen die im Dienst des Staates stehen und dessen Anweisungen befolgen, also Polizisten, Soldaten und dergleichen. Als nächstes hat man die Bürger denen gewisse Waffen erlaubt sind und zu guter Letzt die Verbrecher.

Will man die Bevölkerung entwaffnen können Waffenverbote ausgesprochen werden. Jeder der gerade noch ein legaler und gesetzestreuer Waffenbesitzer war, wäre dann plötzlich ein Verbrecher. Es reduziert sich also die Gruppenanzahl von 3 auf 2: Soldaten und Verbrecher.

Die einzige Möglichkeit Verbrechern ihre Waffen abzunehmen ist, zumindest angedrohte, Waffengewalt. Es ist also dem Staat nicht möglich seine Polizisten und Soldaten vollständig zu entwaffnen.

Die „waffenlose Gesellschaft“ ist also eine Gesellschaft in der immer noch 2 von 3 Gruppen die in der bewaffneten Gesellschaft Waffen hätten. Die einzige Gruppe die man losgeworden ist, ist die harmloseste der Drei Gruppen.

Eine waffenlose Gesellschaft ist also ein Wunschtraum der an sehr praktischen Problemen scheitert.

Aber wir haben noch immer unsere Zielsetzung von Frieden und Ruhe. Ist es eventuell möglich dieses Ziel anders zu erreichen?

Was wenn wir, einfach aus Neugier, mit dem Gedanken spielen in die andere Richtung zu gehen. Was passiert wenn wir die Gruppe der bewaffneten gesetztestreuen Zivilisten, relativ zum staatlichen Arm und den Verbrechern, vergrößern.

Steigt oder sinkt dann Gewalt, Krieg und Verbrechen?

Der erste Impuls wäre das anzunehmen, es gäbe ja nun mehr Waffen und Menschen könnten sich denken dass sie nun finstere Dinge damit anstellen könnten, etwa den Nachbarn zu überfallen.

Das ergibt aber, vor allem in einem Setup in dem es mehr Waffen in den Händen der potentiellen Opfer gibt, keinen Sinn. Der Berufsstand des Verbrechers ist plötzlich deutlich gefährlicher geworden, bei gleichbleibender Verdienstmöglichkeit.

Üblicherweise reagiert der Markt hier recht eindeutig, wenn ein Job plötzlich risikoreicher ist, der Verdienst aber nicht steigt, wollen den Job weniger Leute tun. Es gilt also anzunehmen dass die Menge an Kriminellen eher sinkt als steigt, abhängig in erster Linie von der Frage wie gefährlich die Opfer nun sind.

Gleichzeitig leiden auch die Optionen des Staates. Einfach mal rasch eine Diktatur auszurufen wird plötzlich deutlich schwieriger. Daher musste die NSDAP ja auch erst die Bevölkerung entwaffnen, bevor sie ihre Diktatur installieren konnten. Die damals eingeführten Regeln bestehen, im Wesentlichen, bis heute.

Sehen wir Beispiele in der realen Welt? Natürlich. Ruanda zeigte uns dass Völkermord mit Werkzeugen machbar ist, die Gangkrimminalität in amerikanischen waffenfreien Zonen zeigt dass Verbote nichts nutzt. Das Problem sind nicht die Waffen, sondern Menschen. Genauer gesagt: die Fähigkeit zur langfristigen Planung und Impulskontrolle. Wer diese beiden Dinge gemeistert hat, wird kein Verbrecher und versucht keine Diktaturen zu installieren.

Fassen wir also zusammen: Menschen bauen aus praktisch allem eine Waffe. Es ist also unmöglich Waffen zu verbieten. Verbietet man sie führt das zu keiner drastischen Änderung für Verbrecher sondern nur für den, weitgehend unproblematischen, Bürger und zu guter Letzt bleibt am Ende des Tages der Staat ein Waffenträger, was nicht immer zu wünschenswerten Resultaten geführt hat, vor allem wenn der Staat in jedem Bürger einen potentiellen Verbrecher sieht.

Wenn aber nicht der Weg (die Entwaffnung des Volkes) das Ziel ist sondern das Ziel (Frieden und Sicherheit) das Ziel ist, sollte man in Betracht ziehen dass die Lösung kontraintuitiv ist und tatsächlich darin liegt jenen den Zugang zu Waffen zu erleichtern die sie im Grunde gar nicht so dringend haben wollen, schlicht um das Risiko für jenen Kräfte mit finsteren Absichten zu erhöhen, was zu einer Reduktion dieser Kräfte (aufgrund Demotivation) führen sollte.

Diese Überlegung ist, wie jede andere kontraintuitive Überlegung, schwierig zu verdauen und hat daher keinen populistischen Wert. Daher wird die Politik, neben anderen Gründen, so eine Lösung niemals vorschlagen.

Auch das sollte zu denken geben.

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