Stellt Dir vor eine Person würde an Dich herantreten und Dir einen Deal vorschlagen. Gleich vorweg bemerkt gehen wir bei diesem Gedankenexperiment sogar davon aus, dass es sich um einen Deal handelt an den sich die Gegenseite halten wird, es ist so gut wie es klingt. Mit einem Haken, versteht sich.

Der Deal ist simpel: Die Person übernimmt alle Deine Schulden. Nachdem Du unterschrieben hast bist du schuldenfrei, völlig egal ob Hypothek oder Kreditkartenschuld oder aber die Schulden beim Franz: alle diese Schulden wären weg, egal wie hoch sie sind. Zudem erhältst du bis an dein Lebensende eine monatliche Überweisung in Höhe eines Fixwertes (sowas wie ein BGE). Alles was Du tun musst ist auf der punktierten Linie zu unterschreiben. Mit dieser Unterschrift gibst Du allerdings Dein Recht auf Privatbesitz für immer auf.

Alles was Du besitzt ist jetzt das Eigentum des Anderen und du darfst nichts mehr käuflich erwerben. Natürlich nimmt er Dir nicht dein Auto, dein Haus oder deine Zahnbürste weg, aber all diese Dinge müssen ab jetzt von ihm geleast werden: Haus, Auto, Zahnbürste. Jemand der spartanisch lebt kann diesen Aufwand mit den monatlichen Zahlungen bestreiten und es bleibt sogar noch etwas mehr übrig. Wer aber mehr haben möchte, der muss arbeiten gehen um die Miete fürs Sofa zu zahlen. Das Anhäufen von Wohlstand wird damit unattraktiver, denn der Goldbarren kostet eine monatlich enorme Rate, bringt aber nichts mehr.

Der Deal wird also auch als sozial gerecht und ökologisch sehr verträglich angepriesen.

Würdest Du diesen Vertrag unterschreiben und einer Firma alles was du hast in so einem „sell and lease back“ Programm übertragen?

Das erste Mal wurde ich mit dieser Idee an der Universität konfrontiert wo der Professor für argumentierte dass man in der Zukunft nicht mehr ein Auto kaufen würde sondern die „Dienstleistung Mobilität“. Man würde ein Abo zahlen und der Anbieter würde sich dann darum kümmern müssen dass das Auto läuft. Besitz würde in den Hintergrund treten denn, ihm zu Folge, interessiert den Menschen der Besitz ohnehin nicht: „er will in Wirklichkeit eh nur die Leistung.“ Soweit die Theorie.

In der Serie Jericho von 2006 wird so ein Szenario angeschnitten und scheinbar gibt es Ideen solche Deals an einigen Stellen in der Welt zu legalisieren. Im Moment ist ein Deal der das Aufgeben der eigenen Rechte beinhaltet hierzulande nicht realisierbar. Niemand kann mir z.B. mein Recht auf freie Rede abkaufen. Das könnte sich aber, theoretisch, ändern.

Die Frage dich mich beschäftigt ist ob man Menschen die Möglichkeit geben sollte seine Rechte zu verkaufen, denn so ein Deal klingt in den Augen eines Obdachlosen vermutlich nach einer guten Sache.

Was ist der Haken an der ganzen Geschichte, was ist der Business Case? Im Wesentlichen ist es zeitliche Entkopplung. Wenn etwa jemand direkt nach dem Studium denkt dass es sich hierbei um eine gute Idee handelt und unterschreibt, schließlich hat er nichts außer Schulden, kommt das Geld dann über das folgenden halbe Jahrhundert mit einer guten Rendite zurück, denn mit dem Erfolg im Job kommt eben der Wunsch nach Haus, Auto und elektrischer Zahnbürste und diese Dinge kosten eben. So macht die Firma dann ihr Geld, nicht mit den Alten, sondern mit den Jungen.

Gleichzeitig können die Leasingraten angepasst werden und das Geld kann eventuell plötzlich nicht mehr reichen.

Grundsätzlich ändert sich in so einer Situation für viele nicht viel. Viele besitzen weder das Dach über ihrem Kopf, ihr Auto oder ihre Wertanalgen wirklich. Alles gehört irgendwem anderen.

Das wirklich interessante an dieser Sache ist dass diese privatwirtschaftliche Idee, mit klarer Gewinnorientierung, durchaus diverse Forderungen der Ökosozialen erfüllt: Menschen würden aufhören Dinge zu horten, weil jedes Ding plötzlich Kosten verursacht.

Das führt geradezu zwangsläufig zu einer nachhaltigeren Lebensweise. Es gilt daher zu befürchten dass diese Geschäftsidee eine politische Komponente erhält und damit die Idee dass man nicht mehr die Wahl hat mitzumachen.

Ich denke aber dass so ein radikaler Vorschlag mit erheblichen Widerständen zu kämpfen hätte und einen politischen Selbstmord gleich kommt, denn auch die linke Wählerin möchte gern irgendetwas weiter besitzen, und sei es ihre Katze.

Die Frage um die es sich dreht ist wie viel einem seine eigene Freiheit wert ist und ob wir es Menschen wieder gestatten sollten sich selber in die Sklaverei zu verkaufen oder ob wir am Grundgedanken festhalten sollten dass Menschen niemals einem anderen gehören dürfen, selbst wenn das bedeutet dass es ihnen frei schlechter geht als in der Sklaverei.

Diese Frage beschäftigt uns seit Anbeginn der Zeit und die Antworten änderten sich immer wieder. Wie also würden wir sie heute beantworten?

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LaMagra

LaMagra bewertete diesen Eintrag 22.10.2020 22:33:38

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 22.10.2020 18:52:47

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