Der Begriff der Hyperkorrektur kommt aus der Sprachforschung. Hierbei versucht der Sprecher „richtig“ zu sprechen und schießt dabei so weit über das Ziel dass die korrigierte Aussage falscher ist als der Ausdruck den er ohnehin verwendet hätte. Zu beobachten ist das vorwiegend bei Personen die mit starkem Dialekt oder Soziolekt groß geworden sind, umziehen oder sozial aufsteigen oder aber „nach unten kommunizieren“. Diese Personen versuchen an das Publikum angepasst zu sprechen und verschlechtern dann die wahrgenommene Qualität ihrer sprachlichen Fähigkeiten in den Augen der Empfänger.

Der Begriff der „Hyperkorrektur“ ist jedem in dem Ausspruch „Repariere nichts dass nicht kaputt ist“ bekannt. Der Hintergrund dahinter ist einfach: wenn man versucht etwas zu reparieren das nicht kaputt ist, läuft man Gefahr es tatsächlich kaputt zu machen. Das ist vor allem dann bitter wenn es (realistisch betrachtet) keine Aussicht auf Verbesserung gibt.

Ein Auto das nicht flieg ist etwa nicht kaputt. Autos können eben nicht fliegen. Die meisten Versuche das zu ändern werden nicht in einem fliegenden Auto enden sondern in einem Auto das man nicht mehr als Auto verwenden kann. Der Versuch der Korrektur führt zur Zerstörung eines Dinges das tut konnte was es tun sollte und eben nicht kaputt war.

Wie im sprachlichen Bereich ist der Grund für Hyperkorrektur die fälschliche Annahme dass man etwas korrigieren müsste dass tatsächlich genau das tut was es tun soll oder tun kann. Das Problem ist fast immer dass „was ein Ding kann“ mit der Annahme „was ein Ding können sollte“ gleichgesetzt wird. Ein gängiger Satz in dem Zusammenhang ist „Aber würdest du es nicht auch gut finden wenn …“.

Im politischen Umfeld sind wir oftmals mit diesem Problem konfrontiert wenn es um den Begriff der „Gerechtigkeit“ geht.

Im Wesentlichen sind sich alle Menschen darin einig dass eine Welt in der „Gleichbehandlung zu gleichen Resultaten führt“ eine tolle Welt wäre.

Praktisch niemand bestreitet das.

Das Problem ist aber dass die Welt nicht so ist. Der Umstand dass sie nicht so ist aber kein Indiz für einen Fehler sondern schlicht dafür dass die Welt nicht perfekt ist (und nicht sein kann).

In der realen Welt führt Gleichbehandlung immer zu unterschiedlichen Resultaten. Identifiziert man das aber als ein „Problem das man lösen muss“ stolpert man in die Falle der Hyperkorrektur, denn praktisch alle Maßnahmen die man ergreifen kann um den vermeintlichen Fehler zu korrigieren, verschlimmert das Problem üblicherweise.

Versuche zur stärkeren Inklusion von Gruppen führen bei Hyperkorrektur etwa zur Exklusion anderer Gruppen. Ein Phänomen das im Moment im Film beobachtbar ist. Besonders betroffen ist hierbei scheinbar die rothaarige Frau in Hollywood.

Hyperkorrektur ist ein Problem das auch eng mit der Idee verbunden ist dass der Weg in die Hölle mit guten Intentionen gepflastert ist. Der Wunsch etwas Gutes zu tun kann also zu einer Verschlechterung der Gesamtsituation führen und sogar zu einer Verschlechterung des spezifischen Problems das man hätte verbessern wollen.

Das Mittel wirksamste Mittel gegen Hyperkompensation ist es kleine Schritte zu machen anstatt Revolutionen auszurufen. Geht man langsam und stetig in Richtung eines Zieles ist die Wahrscheinlichkeit geringer über das Ziel zu schießen und tatsächlich dort hin zu gelangen wohin man möchte.

sprachalltag https://sprachalltag.wordpress.com/2015/11/04/wie-geht-gendergerechtes-schreiben/kirchentag_pm/

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