Eine weitere geschäftige Woche geht zu Ende in einem Sommer, in dem man vergebens auf das Sommerloch wartet. Diesmal lag vor allem wieder China im Fokus. Es war jedoch bereits damit zu rechnen, dass das Reich der Mitte früher oder später wieder für Schlagzeilen sorgen wird. Zu zahlreich waren die Anzeichen einer Abkühlung der Nachfrage nach fast allen Gütern: von Rohstoffen über Uhren, von Autos bis hin zu Fast Food, praktisch jede Firma, die Geschäft in China macht, vermeldete im zweiten Quartal Rückschläge.Die Maßnahmen, welche die politischen Planer in China allerdings ergriffen haben, waren dann doch überraschend: In der Vergangenheit wählte man aus einer breiten Palette, von Stimulusprogrammen über Lockerungen bei den Bankenregulierungen um die Kreditvergabe anzuheizen bis hin zu direkten Eingriffen in die Aktienmärkte. Anscheinend erzielte das alles aber nicht den erwünschten Effekt, sodass nun etwas Neues probiert wurde, eine Maßnahme die wir aus Europa, aber auch aus Japan nur allzu gut kennen: die gute alte Währungsabwertung.An sich war der Schritt nicht groß: knapp 3 % wertete der Renminbi (ja, so heißt die chinesische Währung, nicht Yuan, wie allzu oft in westlichen Medien geschrieben wird; Yuan ist nur die Einheit der Währung; d.h. eine Firma verdient beispielsweise 100 Mio. Yuan, aber abwerten kann nur der Renminbi selbst) gegenüber dem US-Dollar ab. Wichtig ist hier jedoch nicht der absolute Betrag sondern die Intention: Seit Anfang der 90er-Jahre stieg der Renminbi stetig, als Reaktion Chinas auf Vorwürfe der Währungsmanipulation. Immer schön langsam, 3-5 % pro Jahr um die Exportwirtschaft, die von niedrigeren Wechselkursen profitiert hat, nicht zu gefährden. Bereits Anfang 2014 wurde der Fall jedoch gestoppt, seitdem befanden wir uns in einer Seitwärtsphase.

Aus dieser katapultierte sich der Renminbi jedoch diese Woche raus. Nachdem zuvor bekannt wurde, dass die chinesischen Exporte im Juli um über 8 % einbrachen, änderte die Zentralbank das Wechselkursregime: Anstatt der Wechselkursfestsetzung anhand von undurchsichtigen und geheimen Kriterien (de facto war die chinesische Währung jedoch an den USD gebunden), will man nun den Marktkräften größeren Spielraum einräumen. Zwar will man bei zu starken Kursbewegungen weiterhin eingreifen (wie dies bereits Donnerstag der Fall war), an sich will China jedoch teilnehmen am globalen Währungsabwertungsspiel, das Japan begonnen hat und dem Europa recht erfolgreich beigetreten ist. Dadurch würden die Exporte aus der Volksrepublik für andere Länder billiger, was wiederum die dortige Wirtschaft anheizen sollte, zu Lasten der Export-Zielländer.Damit greift China erstmals nicht zu Maßnahmen, die die eigene Wirtschaft unabhängig vom Rest der Welt ankurbeln sollen, sondern versucht sich ein größeres Stück vom Kuchen zu sichern, auf Kosten der anderen Länder. Letzteres ist auch der Grund für die Kursentwicklungen diese Woche: Die europäischen Börsen gaben nach, der DAX brach um knapp 4,9 % ein. Erwartungsgemäß erwischte es vor allem die Autowerte, für die China oftmals ein wichtiger Markt ist, sowie die großen Industrieunternehmen. Typisch für diese Panikreaktionen: Sogar Daimler, die in China mit Mercedes aufgrund neuer Modelle als einzige nach wie vor reüssieren, gab um über 8 % nach.Nach der „China-Warnung“ letzte Woche kam am heimischen Markt Andritz auch diesmal wieder zum Handkuss, -8,9 % stehen im Wochenverlauf zu Buche. Dass das Land der Mitte jedoch nur knapp 10 % des Auftragsstands ausmacht wird dabei genauso ignoriert, wie die Tatsache, dass die Firma damit beinahe den kompletten Zugewinn seit Jahresbeginn aufgegeben hat, trotz guter Orderlage im wichtigen Papiergeschäft.In der allgemeinen Verwirrung gingen auch recht positive OMV-Zahlen unter, vor allem das starke Raffineriegeschäft sowie gute Margen im Chemiebereich konnten den Rückgang in den Erlösen aus der Ölförderung kompensieren. Die heimischen Immobilienfirmen konnten sich gegen den Abwärtstrend stellen und folgten damit dem Sektor, der sich vergleichsweise gut behaupten konnte.Letzteres könnte auch auf einen Grund hindeuten, wieso man diesen chinesischen Richtungswechsel in einigen Wochen vielleicht schon wieder ganz anders sieht: Europa, allen voran die EZB, wird wohl kaum tatenlos zusehen, wie chinesische Firmen den Kontinent mit ihrer Überschussproduktion fluten. Die Abwertung des Euro war immerhin der direkteste und positivste Einfluss (für unsere Exporteure) des viel zitierten „QE“-Programmes. Dementsprechend stiegen die Hoffnungen für eine Ausweitung der Lockerungsmaßnahmen sowie die Weiterführung der Niedrigzinspolitik, was vor allem den Immobilienwerten zugutekommen würde.Sie werden sich nun fragen:  „Alle werten ab, aber wogegen genau? Muss dann nicht irgendwer aufwerten?“. Nun ja, es gibt eine Notenbank, die nicht mit einer schwächelnden Wirtschaft kämpft da bereits vorab eingegriffen wurde. Eine Notenbank, die möglicherweise sogar kurz vor einer Zinserhöhung steht, was die Nachfrage nach der Landeswährung steigern würde aufgrund von höheren Renditemöglichkeiten bei „risikolosen“ Staatsanleihen. Vielleicht sollten Sie den nächstjährigen US-Urlaub doch vorziehen, denn er könnte schon bald wesentlich teurer werden…

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Unplugged 1-Stein

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fischundfleisch

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