FinisNoXx

Vorgestern Nacht träumte ich – nein, nicht von Mandaley – sondern von einer Frau, von der mir mein Gehirn vorgaukeln wollte, dass sie notwendigerweise dem russischen Bond-Bösewicht, der Turnerin aus Jumping Jack oder Josef Stalin gleichen müsste. Das ist reine Fiktion, denn in Wahrheit weiß ich nicht wie Agentin Gitljanskaja aussieht. Was nicht besonders hilfreich ist. Soweit es die Auswüchse meiner Phantasie betrifft.

Am Ende zählt nur, dass ein ansonsten wirklich angenehmer Freund nichts Besseres zu tun hatte als mir ein (fiktives) Bild von Agentin Gitljanskaja für vermutlich sehr, sehr lange Zeit in den unwilligen Kopf zu pflanzen. Mit seiner Story.

Das verstehen Sie nicht? Nun, die nagende Vorstellung von Frau Gitljanskaja ist einfach mein visuelles Pendant zu Schlappi geworden. Ah! Na bitte. Und hoffentlich hören Sie jetzt für den Rest der Woche das verdammte Geseire. Das geschieht Ihnen nur Recht.

Wo war ich?

Bei meiner Geschichte. Na ja. Wieso auch nicht. Es ist eine Geschichte aus dem Land Weit Weit (Ganz Weit Weit..) Weg und noch weiter hinter Absurdistan. Also eigentlich direkt vor meiner Haustür.

Aber nun sollte ich beginnen.

Und ich beginne mit einer Frage.

Obwohl, wenn ich es recht bedenke, ist das in der heutigen Zeit kaum noch eine Frage. Egal. Um der Dramatik willen frage ich dennoch.

Also.

Was würden Sie sagen, wenn eine Musik-Veranstaltung, die praktisch zu hundert Prozent mit deutschem Steuer-Geld bezahlt wird, von einem ausländischen Geheimdienst – der sich gewiss auch ein dickes Stück vom deutschen Steuer-Kuchen eingesteckt hat – gemanagt würde?

Sie würden ungläubig lachen? Und fragen: Wie das? Ach herrje. Wo waren Sie denn die letzten drei Jahre? Antworten Sie nicht, da kommt eh nichts Gutes bei raus.

Na denn. Fangen wir mit den Grundlagen an. Haben Sie schon mal was vom Eurovision Song Contest gehört? Früher hieß das Zeug übrigens Grand Prix. Und war so’ne Art Volksbelustigung mit Sanges-Größen wie ABBA, Celine Dion, Toto Cotugno, Udo Jürgens und vielen anderen. (Was soll das heißen: Bitte wer? Ja, ja. Nerven Sie mich nicht mit ihrem hippen Kenn-ich-nicht-Getue. Glaubt eh keiner.)

Wie dem auch sei.

Dann kam die Wende. Und viele, viele Staaten dazu. Und Schluss war’s mit lustig. Seitdem ist allenfalls der Haufen Geld, den beispielsweise Deutschland für den Spaß blechen darf, Grand.

Ach? Das wussten Sie nicht?

Ja, was haben Sie sich denn vorgestellt? Dass die Deutschen immer teilnehmen dürfen, weil uns alle so lieb haben? Obwohl unsere Kandidaten seit Jahren auf den letzten Plätzen rum dümpeln? Warum, wollen wir dabei mal lieber nicht näher beleuchten. Allerdings würde es sich empfehlen, mal die Regeln für die Teilnahme durchzulesen. Zumindest die eine mit der Qualifizierung für die Teilnahme im jeweils nächsten Jahr. Denn danach hätte sich Deutschland in den letzten Jahrzehnten nur ein einziges Mal qualifiziert. Also fürs Teilnehmen am Gesinge.

Das muss uns jedoch nicht wirklich bedrücken. Denn Deutschland ist stolzer Haupt-Zahler der EBU. Dem Verein mit den dicken Taschen, der den Quark angeblich finanziert. In Wahrheit ist das eine Geld-sammel-und-verteil-Organisation mit Hauptsitz in Deutschland. Aus gutem Grund. Denn zum Zahlen sind wir qualifiziert genug. Sogar ohne telefonische Abstimmung. Und gäbe es doch eine hätte Deutschland garantiert ganz mächtig viele Points.

Denn so schnell können unsere EBU-Vertreter gar nicht die x-te Null auf die Schecks haun, wie uns alle anderen Nicht- oder Kaum-Zahler „Willkommen“ zurufen würden. Auch in den vielen Sprachen, von denen wir Deutschen bis dato noch nie „Germany: Irgendein Point“ hörten.

Da wird einem doch so richtig warm ums Herz.

Übrigens dürfen wir wirklich stolz sein. Denn extra für die garantierte Anwesenheit unserer deutschen Spendier-Hosen wurden die Regeln 1996 grundlegend geändert. Denn da verpasste Deutschland die Qualifikation zum ersten Mal so richtig. Und plötzlich – zu spät, ach viel zu spät - kam den grinsenden Germany-Zero-Point-Rufern in den Sinn, wer denn im nächsten Jahr den Nonsens zahlen sollte.

Ich schätze mal, selbst mit größtmöglicher Dreistigkeit schafften es die erfreuten Deutschland-raus!-Rufer nicht, sich das Bild eines abwesenden Groß-Zahlers Deutschland vors betrübte Auge zu zaubern. Das muss ein schöner Schreck gewesen sein.

Aber Respekt.

Es dauerte keine Woche, da hatten alle beschlossen, dass Deutschland immer dabei sein darf. Mit den gewohnten Zero Points. Hauptsache wir haben die Brieftasche einstecken. Und halten ansonsten den Mund.

Das erwies sich in diesem Jahr als besonders bizarr. Denn in diesem Jahr erlaubte sich die Ukraine, letztjähriger Sieger mit einem Lied, das ich schon beim Singen vergessen hatte – und damit von Deutschland bezahlter Austragungsort - einen besonderen Scherz.

Es sollte wohl eine begeisterte (ukrainische) Würdigung des olympischen Gemauschels sein: Sie wissen schon, russische Sportler sind die einzigen auf der Welt die dopen, weswegen Russland von der nächsten Olympiade ausgeschlossen wurde. Eine Entscheidung, die in der Ukraine umfängliches Jubel-Gekreisch hervor rief.

Ist doch verständlich. Immerhin ist die Ukraine in allen anderen Streitigkeiten mit Russland Total-Loser, drum wohl erklärten die völlig Geld-losen ukrainischen Veranstalter direkt aus ihrer beeindruckenden neuen (mit deutschen Steuergeld bezahlten) Riesen-Halle, die in punkto Verschwendung dem BER alle Ehre macht, dass auch sie gedenken die russische Teilnehmerin auszuladen.

Aber nicht einfach so. Nee. Wo bliebe da der Spaß!

Deshalb inszenierte das ukrainische Staatsfernsehen eine extra Sendung mit einer, wie mir berichtet wurde – direkt aus einem alten Bond-Film entsprungenen - Russen-Spion-Tante (äh, Pardon – Ukraine-Spion-Tante) namens Gitljanskaja. Die ihres Amtes als Geheimdienstsprecherin des ukrainischen Geheimdienstes mit folgenden zackigen Kommentar waltete: Das singende Mädchen aus Russland ist eine Gefahr! Für die Ukraine! Nicht nur, dass sie der Liebling Putins ist (?) – nein! Sie war auch irgendwann mal auf der Krim! Und jeder, der auf der Krim war ist ein russischer Kriegs-Agent! Und hat mindestens drei Jahre Einreiseverbot. Ausgenommen alle zahlenden Touristen, Geschäftsleute, Russen mit Bestechungsgeld in der Tasche und überhaupt jedem, der ein paar Euros vorzuzeigen hat. Aber das versteht sich ja von selbst. Russen (ohne Bestechungsgeld) dagegen haben Einreise-Verbot.

In die Ukraine.

Dem souveränen Staat mit den unendlich tiefen Schnorrer-Taschen. Dem Staat, der gute 15 Jahre lang Gas und Öl für lau von den Russen schnorrte und – als die endlich mal eine Rechnung präsentieren – einen Krieg begann. Den sie nicht nur verloren. Nein. In den sie mal eben so ganz Europa mit reinziehen wollten.

Immerhin. Ihre Rechnungen hat am Ende die EU – nein der europäische Steuerzahler - bezahlt. Und bezahlt sie noch. Das nebenbei.

Und nun zurück zum Einreiseverbot für Julia Samoilowa, der hochgefährlichen russischen Spionin, die irgendwann mal (bestimmt!) auf der Krim ganz kämpferisch ihre Schlager gesungen hat.

FinisNoXx

Ich bin mir sicher, Sie haben Julia Samoilowa noch nie gesehen. Sie ist ein winziges, zartes Wesen, das im Rollstuhl sitzt. Schon immer saß. Mit einer wunderbaren Stimme. Als ich sie das erste Mal sah, war ich beeindruckt. Sie lächelte und erzählte von ihren Träumen; wie wunderschön die Welt sei wenn sie singt und dass sie – wenn sie singt – nicht der kleine Vogel mit den gebrochenen Flügeln ist, sondern ein herrlicher Pfau. Sie brauchte gar nicht zu singen, ich sah es auch so.

Geheimdienst-Offizierin Gitljanskaja hingegen sah anscheinend was ganz anderes. Im Auftrag der ukrainischen Regierung blickte sie schaudernd auf eine heimtückische Staatsfeindin – klein und verkrüppelt im Rollstuhl, was ein paar höhnische Anspielungen wert war. Und ich muss nun annehmen alle ukrainischen Fernseh-Zuschauer haben sich darüber schlapp gelacht. Denn das – oder so was Ähnliches – deutete Offizierin Gitljanskaja wohl mit strammer Stimme an.

Ja! Das ukrainische Volk lässt sich nicht verar…! Von einem winzigen Wesen, dass niemals auch nur einen Finger bewegen wird. Denn wenn sie so eine Gefahr ins Land lassen, deutete Offizierin Gitljanskaja duster an, überrollt die am Ende noch die ganze Ukraine! Mit ihrem bedrohlichen Q-getunten-Kriegs-Gefährt.

Genau!

Und was sagen unsere bunten Alles-Versteher dazu? Unser Schützt-die-Minderheiten-Fraktion? Unsere Bündnis-Grün-Linken Bahnhofsklatscher mit den hochtrabenden Wort-Fetzen wenn es um die ein bisschen Anderen, die Schutzbedürftigen geht? Haben die sich entsetzt über so viel Boshaftigkeit?

Wo war die WELT, die Süddeutsche, wo ARD und ZDF. Ja? Wo waren unsere Medien? Haben wenigstens die für Julia geschrieben? Haben die sie verteidigt? Haben die irgendwas getan?

Nein.

Die haben nichts getan.

Absolut nichts.

Außer die ukrainische Propaganda von der Verbrecherin Julia zu verbreiten.

Auf Kosten des Mädchens im Rollstuhl.

Ich habe nichts anderes erwartet.

FinisNoXx

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Kleiner aktueller Nachtrag:

Ein Hoch auf die clevere EBU!

Die haben – nachdem die Ukraine mit ihrer Hass-Aktion doch ein bisschen aufgeflogen war – schnell einen demütigenden (angeblichen Vergleichs-) Vorschlag gemacht, von dem sie zuverlässig annehmen konnten, dass Julia ihn ausschlagen würde. Das Russland ihn ausschlagen würde. Einen Vorschlag, den die ARD, austragender Sender in Deutschland fröhlich beklatscht hat.

Julia soll in Russland bleiben, denn wer will schon leibhaftige Russen bei so einem schönen Fest dabei haben? Eben. Dafür wird sie dazu geschaltet. Vielleicht sogar live! Und dann haben wir es den Russen mal wieder so richtig gezeigt.

Das ist doch großzügig! Denn ehrlich mal. Wozu sollen Russen anwesend sein? Aus Russland! Ein Land, mit dem die EBU so gar nix am Hut hat. (Ob wohl Frau Kahane die EBU leitet?)

Die Ukraine dagegen ist ein wunderbares Land. Und na ja. Zahlen ist halt nicht jedermanns Sache. Dafür können Ukrainer fremdes Geld viel schneller und gründlicher als jeder andere ausgeben. Das ist doch auch ein Talent.

Und was fehlte da noch?

Na klar. Schnell noch ein paar Staats-Medien in Deutschland auf den Fall angesetzt und schon ist diese Frau Samoilowa selber schuld. Denn schließlich (DER SPIEGEL) hatte die EBU doch wirklich, wirklich die darob sehr verstimmte Ukraine überredet, der Sängerin großmütig zu erlauben „…In einem noch nicht dagewesenen Schritt live per Satellit…“ teilzunehmen.

Was die nicht wollte.

Ja. Das ist noch nie dagewesen.

Na denn.

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Da fällt mir noch was ein. Was die Namens-Änderung angeht. Also von Grand Prix in EuroVision. Das ist mir eben klar geworden. Sozusagen beim Schreiben. Ihnen auch, oder?

Grand Prix? Sie verstehen? Da wird einem ja ganz anders! Großer Preis? Preis bedeutet doch immer irgendwie zahlen. Und dann auch noch Groß! Heiliger Bimbam. Das muss aber wirklich nicht sein.

Dann doch lieber EuroVision! Lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen. EURO! VISION! Eine Vision von deutschen EUROS! In nicht-deutschen Taschen. Von ganz, ganz vielen Euros. Das ist doch wirklich viel, viel schöner.

Und bringt es haarscharf auf den Point.

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