Pandemrix: Vom schwedischen Weg, der Schweinegrippe und fatalen Impfschäden

Das schwedische Modell zur Bewältigung der Coronakrise ist in aller Munde. Dabei bleibt oft auch unter ExpertInnen umstritten, wie es denn nun eigentlich genau aussah und aussieht, wie es in seiner Wirkung einzuschätzen ist und ob und wie es denn überhaupt vergleichbar ist. Kann man von Schweden lernen?

Anders Tegnell

Ja, man kann. Und zwar jenseits aller Unsicherheit und Vorläufigkeit der jetzigen Krise.

Anders Tegnell ist nicht nur jener Arzt und Gesundheitsexperte, der federführend für den schwedischen Weg von heute verantwortlich ist, er hatte auch maßgeblichen Einfluss auf Schwedens Antwort auf die sogenannten Schweinegrippe H1N1 von 2009. Damals empfahl Tegnell eindringlich eine Massenimpfaktion gegen H1N1. Er erwartete dadurch hunderte Menschenleben retten zu können.[1]

In der Folge wurde rund 5, 5 Millionen SchwedInnen, knapp sechzig Prozent der Gesamtbevölkerung, der Impfstoff Pandemrix verabreicht. Entwickelt wurde dieser Impfstoff von GlaxoSmithKline, einer Pharmafirma, deren Nähe zu europäischen EntscheidungsträgerInnen Transparency International damals schon kritisierte.[2]

Impffolgen

Während andere zugelassene Impfstoffe problemlos ihren Zweck erfüllten, türmten sich bald schon die Berichte über Probleme mit Pandemrix.[3]Im Besonderen häuften sich Fälle von Narkolepsie. Erkrankte leiden unter anderem an Schlafstörungen, andauernden Müdigkeitsgefühlen, plötzlichen Tiefschlafanfällen und Muskelversagen bei starker emotionaler Erregung. Narkolepsie gilt als unheilbar.

Die Verbindung zwischen Pandemrix und Narkolepsie gilt heute als wissenschaftlich erwiesen.[4] In Schweden sind etwa 700 Fälle, die auf Pandemrix zurückgehen, bekannt, einige hundert Fälle wurden entschädigt, viele Erkrankte kämpfen noch um Kompensationen.[5]

Die schwedische Gesundheitsagentur hat inzwischen ermittelt, dass, statistisch betrachtet, die schwedische Impfaktion sechs Menschenleben gerettet hat.[6]

Tamiflu

Transparency International berichtet von einem weiteren Skandal rund um H1N1: Der Pharmakonzern Roche positionierte damals Tamiflu als antivirales Wundermittel gegen die Schweinegrippe. Weltweilt wurden 18 Milliarden Dollar ausgegeben um Tamiflu zu bevorraten. Heute geht man davon aus, dass Tamiflu im Falle von H1N1 weder die virale Vermehrung stoppen, noch schwere Krankheitsverläufe verhindern kann. Es wirkt lediglich schmerzlindernd und fiebersenkend und ist damit nicht wirksamer als der herkömmliche Wirkstoff Paracetamol.[7]Paracetamol wird um Hundertstel Cent pro Dosis gehandelt.[8]

Nach Ablauf beziehungsweise wissenschaftlicher Diskreditierung von Medikamenten und Impfstoffen mussten viele Staaten ihre millionen- und milliardenschweren Vorräte ungenützt vernichten.

Ein Götz Zitat

Wer ob dieser Tatsachen jetzt aber behaupten oder gar ableiten möchte, dass Impfungen an sich und generell wirkungslos, schädlich oder Teil einer ausgeklügelten Weltverschwörung seien, möge den Autor erstens, um Göthe zu zitieren, im Arsche lecken, zweitens, auf gut wienerisch, scheißen gehen und drittens dabei bitte auch gleich vom Blitz getroffen werden.

Beschleunigte Zulassungsverfahren

Pandemrix verursacht Narkolepsie nicht leichtfertig. Dazu bedarf es spezifischer, relativ unwahrscheinlicher und seltener Voraussetzungen.[9]Eine sorgfältige Erprobung, Evaluierung und Analyse von Pandemrix hätte die Gefährlichkeit des Impfstoffes aber trotzdem zu Tage gefördert, bevor er auf den Markt gekommen wäre.

Nur herrschte 2009 Panik. Eine Pandemie breitete sich aus und ein Impfstoff sollte so rasch wie möglich her. H1N1 wird von Influenzaviren verursacht und man ging davon aus, dass es nur geringfügiger Modifikationen von bereits vorhandenen Influenzaimpfstoffen bräuchte um zum Ziel zu kommen. So lag auch die Hoffnung nahe Erprobungs- und Zulassungsverfahren abkürzen zu können, die EU änderte angesichts der Bedrohung auch die entsprechenden Regulative.[10]

Die Lektion

An Covid-19 sind heute schon zehnmal mehr Menschen gestorben als an H1N1 insgesamt, Freiheiten sind weltweit in ungekanntem Maß eingeschränkt, die Weltwirtschaft steht still.

Der Druck wirksame Medikamente und Impfstoffe zu finden ist heute exponentiell höher als er 2009 war, der Ruf nach verkürzten Zulassungsverfahren wird aktuell auch immer lauter. Nur ist damit auch das Risiko exponentiell höher, dass aus Flüchtigkeit oder Profitgier Fehler passieren, die zu finanziellen Verlusten, Krankheit und Tod in exponentiellem Ausmaß führen.

In diesem Sinne hoffe ich für uns Alle, dass wir von Schweden lernen und bei aller gebotenen Eile auch die gebotene Vorsicht und Gründlichkeit walten lassen!

Euer Gutmensch

#Schweden #Corona #Schweinegrippe #Pandemie #Impfung #Pandemrix #Tamiflu

[1] https://www.derstandard.de/story/2000116995968/anders-tegnell-vielkritisierter-architekt-von-schwedens-weg

[2]https://www.welt.de/wissenschaft/schweinegrippe/article4990600/Transparency-International-kritisiert-Profitdenken.html

[3] https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/schweinegrippe-impfstoff-pandemrix-risiken-wurden-ignoriert-a-1229144.html

[4] https://www.cdc.gov/vaccinesafety/concerns/history/narcolepsy-flu.html

[5] https://oslo-universitetssykehus.no/seksjon/nasjonalt-kompetansesenter-for-nevroutviklingsforstyrrelser-og-hypersomnier/Documents/Nordic_Narcolepsy_Symposium-presentasjoner/Anne-Marie_Landtblom-10_years_after_Pandemrix-Sweden.pdf

[6] https://www.thelocal.se/20120215/39118

[7]https://www.transparency.org/news/feature/corruption_and_the_coronavirus

[8] https://mshpriceguide.org/en/single-drug-information/?DMFId=592&searchYear=2014

[9] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/63356/Grippeimpfung-Wie-Pandemrix-eine-Narkolepsie-ausloest

[10]https://web.archive.org/web/20100113124836/http://www.ema.europa.eu/influenza/vaccines/authorisation_procedures.htm

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