Zerrissen zwischen Extremen - Suizidales Verhalten und Selbstverletzung (Leben mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung)

"Was ein Kind nicht empfängt, kann es später selten geben" - R. D. James

Wieso ich mich heute für dieses Thema entschieden habe? Ich will euch eine sehr extreme, instabile und schwache Seite von mir zeigen. Es werden paar Zitate aus einem Buch kommen, das ein Borderline-Spezialist geschrieben hat. Es werden teils meine Gedanken einfließen und auch die Worte aus einem Buch. Ich bitte euch, bevor ihr zu lesen anfängt, sicher zu sein, dass ihr stark seid. Und ich bitte diejenigen, die wieder mit heftigen Kommentaren kommen, das Geschriebene/Gehörte erst einmal mal wirken zu lassen und versuchen, sich hinein zu versetzen. Wie in den vorherigen Blogs versichere ich euch, dass ich von suizidalen Gedanken entfernt bin.

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Wir sind selten stolz, wenn wir alleine sind. - Philosophisches Wörterbuch, 1764

Meiner Meinung nach ist eine Borderline-Persönlichkeitsstörung nur eine Diagnose, denn mir ist wichtig, wie ich mich persönlich fühle. Es ist für mich eine Erlösung gewesen, nach 3 Jahren zu erfahren, was ich habe, wie sich das auswirkt und schlussendlich, wie man es behandeln kann.

Ich verletze mich heute noch selber und hab manchmal, wenn ich in einem ganz tiefen Loch bin, das Verlangen nach dem Tod. Zum Glück habe ich eine starke Persönlichkeit und kämpfe Tag für Tag um mein Leben, dass es besser, schöner und toller wird. Ich könnte euch sagen, dass ich zufrieden bin mit meinem Leben, aber da würde ich euch anlügen. Ich weiß, ich kann froh sein, ein Dach überm Kopf zu haben, täglich zu essen und nicht zu friereden, aber das Leben einer Borderlinerin ist deswegen nicht leichter.

"Kein Borderline-Symptom ist für die Familie und für die Therapeuten schwerer zu verstehen und auszuhalten als selbstverletzendes Verhalten. Die Gründe für die Selbstverletzungen, die im typischen Fall in Form von selbst zugefügten Schnitt- oder Verbrennungswunden an verschieden Körperteilen auftreten, sind zahlreich und komplex." - Dr. Jerold J. Kreismann/ Hal Straus

Wie ich diese Worte gelesen habe, wurde mir ganz anders, denn genau die 3 Zeilen beschreiben das Empfinden von Selbstverletzungspatienten wie mich. Ich habe es bis heute nicht geschafft, zu erklären, wieso ich mich verletze. Für mich ist es ein Ausgleich zwischen dem Hin und Her. Halte ich mich selbst gar nicht mehr aus, füge ich mir Verletzungen zu, damit ich nicht mehr mit dem Druck in mir Leben muss – und sei es, den Druck nur für kurze Zeit wieder loszusein. Wenn ich jemanden sehe, der sich selbst verletzt, könnte ich heulen,denn die gegenüberstehende Person weiß genauso wie ich, dass keine einzige Narbe/Wunde ohne Grund da ist..

Und natürlich kann es auch passieren, dass man genäht werden muss oder dass die Wunden versorgt werden müssen. Das Warten und die Blicke, die einen durchlöchern, und die Scham, all das kann man nicht in Worte fassen.

"Wenn Sie an einem Wochenende nachts einmal in die Notaufnahme eines Großstadtkrankenhauses kommen, werden Sie dort mindestens eine Patientin antreffen, die mit selbst zugefügtem Verletzungen auf ihre Aufnahme wartet. Oft sind die Schwestern der Aufnahmestation nicht besonders erfreut über die >Psychos< im Wartezimmer. Sie nehmen Zeit und Kraft in Anspruch, die sie lieber Menschen widmen würden, deren Verletzungen oder Krankheiten nicht selbstverschuldet sind."Dr. Jerold J. Kreismann/ Hal Straus

Ich habe es tatsächlich schon einmal so erlebt. MEINE FRAGE: SIND WIR NICHT AUCH NORMALE MENSCHEN, DIE EINE MEDIZINISCHE VERSORGUNG BRAUCHEN, SEI ES EGAL OB SELBSTZUGEFÜGT ODER UNABSICHTLICH VERLETZT???

Borderliner wollen Aufmerksamkheit, sie wollen UNBEWUSST Aufmerksamkeit, sie wollen endlich die Hilfe bekommen, die sie benötigen.

Natürlich habe ich auch hin und wieder Suizidgedanken, jedoch in der Regel sind die bei mir weg sobald ich Zuspruch bekomme. Aber ich kann niemanden abverlangen, mir jedes mal, bei jeder Kleinigkeiten, "Zuspruch" zu geben. Deshalb verwende ich Skills an, die mich von diesem "Tripp" runterbringen. Dazu füge ich unten ein Video ein, das ihr BEWUSST anhören sollt, denn in diesem "Lied" wird genau beschrieben, welche Gedanken, so einem Menschen durch den Kopf gehen.

"Die Selbstmordrate bei Borderline-Patienten beträgt fast 10% und ist damit genauso hoch wie bei anderen stark selbstmordgefährdeten Menschen, wie zum Beispiel den Patienten, die an affektiven oder schizophrenen Krankheiten leiden. Bestimmte Faktoren erhöhen die Selbstmordgefahr bei Borderlinern. Diese sind: frühere Selbstmordversuche, frühere Krankenhausaufenhalte, eine Krankengeschichte von anhaltenden Depressionen, Hoffnungslosigkeit, Impulsivität, Aggressionen, Suchtmittelmissbrauch, frühere Erwachsenenalter, finanzielle Unsicherheit, kein fester Wohnort, Gefängnisstrafe oder auch mangelhafte oder unregelmäßige psychiatrische Versorgung." Dr. Jerold J. Kreismann/ Hal Straus

Ich finde es erschreckend, dass sich welche sogar umbringen. Wie oben erwähnt habe auch ich manchmal solche Gedanken, aber ich mache es aus Prinzip nicht, denn ich hatte die Folgen bei dem Suizid von meinem Onkel gesehen und das will ich meiner Familie nicht zumuten.

Die Verlockung, von Selbstverletzung ist bei psychischen Krankheiten sehr hoch. Ich habe es bei mir erlebt, man ist in dieser Zeit in Trance und will nicht wahrhaben, was man hier macht. Viele und auch ich brauchen ein Druckablassmittel.Ich habe meines bereits gefunden - ICH BLOGGE ÜBER DIE KRANKHEIT UND WILL AUFKLÄREN, GLEICHZEITIG LERNE ICH SELBER, DAMIT UMZUGEHEN UND DIE HOFFNUNG NICHT AUF ZU GEBEN.

"Selbstverletzung beginnt im typischen jugendlichen Alter bzw. in der Pubertät. Der Drang, sich selbst zu verletzen, hält jahrelang behaarlich und chronisch an, geht aber oft mit der Zeit zurück, auch wenn die Selbstmordgefahr möglicherweise noch jahrzehntelang weiterbestehen kann." -Dr. Jerold J. Kreismann/ Hal Straus

Das erste Mal selbstverletzt habe ich mich mit 13, wegen Liebeskummer, was ich im Nachhinein natürlich unsinnig finde. Richtig angefangen hat das Selbstverletzen erst mit 17. Ich bin laut Attesten und Ärzten selbstmordgefährdet, und ich bin froh, dass sie so vorsichtig damit umgehen, auch wenn ich es nicht wirklich verstehe.

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In diesem Sinne bedanke ich mich herzlich bei den Pflegern, die sich immer wieder für den psychiatrischen Zweig entscheiden und dass sie für solche Menschen wie mich immer da sind. Wenn das ein Pfleger/Pflergin liest, dann nehmt euch die Worte zu Herzen, ich schätze die Arbeit von den Menschen, die uns unterstützen, sehr. Ich besuche bis heute noch 1-2 im Jahr die Psychosomatik, wo ich das erste mal stationär aufgenommen worden war. Die Freude der Pfleger zu sehen, dass es einem besser geht, ist unbezahlbar. Danke dafür.

Zum Abschluss füge ich das Video noch ein. Bitte hört es euch an und versucht zu verstehen.

Man kann vieles im Leben erreichen, wenn man will und dazu bereit ist. Es ist Euer Leben, macht das Beste daraus.

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