Krebs und Alltag, mein täglicher Begleiter, das Chemobrain

Eigentlich wollte ich einen schönen Bericht von meiner Kurzreise nach Nürnberg auf die Biofach-Messe schreiben. Die Biofach ist die größte Fachmesse im Bereich biologische Nahrungsmittel und Kosmetik. Ein ganz spannendes Thema, aber warum es dann ganz anders kam, das will ich nun erzählen. Das Stichwort lautet Chemobrain. Die werte Leserschaft, sofern sie nicht fachlich gebildet ist, wird nun vermutlich fragen, worum es sich dabei handeln würde. Ich muss gestehen, auch ich wurde mit dem Ausdruck das erste Mal konfrontiert, als ich als Patientin eigentlich schon sehr gebildet war.

Auf meiner zweiten Reha, ein halbes Jahr nach der Diagnose und nach Ende der Therapien hatte mich die Psychologin gefragt, wie es mir so mit meinem Chemobrain ergehen würde. Ich musste erst erkunden, worum es sich dabei handeln würde. Ich möchte nun keine wissenschaftliche Abhandlung machen, sondern am Beispiel meines Ausfluges nach Nürnberg schildern, was einem da so widerfahren kann. Meine Tagesreise war schon seit gut drei Wochen fixiert. Ich muss mir immer einen ziemlich genauen Plan zurechtlegen, teilweise auch aufschreiben, weil ich leider auf Grund des Chemobrain sehr vergesslich bin. Im Großen und Ganzen bin ich bestens konditioniert und kann meine Unzulänglichkeiten gut überspielen, allerdings ist das mit einem großen Energieaufwand und sehr viel Disziplin verbunden.

Ich hatte am Vorabend alles vorbereitet, Reisepass, Presse-Akkreditierung, sämtliche Zugsverbindungen, Telefonnummer meiner Kollegin, die ich in München treffen sollte, Standorte der Firmen die ich besuchen wollte und die Kontaktdaten des Radiomoderators, wegen dem ich mitunter nach Nürnberg fuhr. Außerdem hatte ich noch das Powerpack für das Handy verstaut und den Akku für die Kamera extra neben der Haustüre bestens sichtbar zum Aufladen angesteckt. Ich stehe an solchen Tagen extra zeitig auf, um mich in Ruhe fertig zu machen und checke nochmals alles, was ich mit auf meinem Weg nehme. Auch die Kamera, denn es ist mir schon passiert, dass ich ohne Speicherkarte verreist bin.

Kurz vor halb sieben, ich hatte gerade das Haus verlassen und stand bereits  an der Bus-Haltestelle, bemerkte ich, dass ich mein Zahn-Provisorium im Badezimmer vergessen hatte. Tja, auch das ist mir nicht zum ersten Mal passiert, ich hatte es nur immer rechtzeitig bemerkt. Statt des Busses hat mich dann das Taxi zum Zug gebracht. Gegen elf Uhr war ich dann mit Umsteigen in München zu meiner Kollegin, in Nürnberg auf der Messe. Es ging dann gleich an den Stand des mobilen Radios, wo ich ein Interview gab. Bei der Gelegenheit habe ich dann auch meine Kamera gezückt, um vom Moderator und den anderen Blogger-Kollegen einige Fotos für meinen Messebericht zu knipsen. Ja, große Verwunderung, das Display war schwarz, komplett schwarz. Ich habe dann die Speicherkarte kontrolliert und bin dann endlich darauf gekommen, das der gut sichtbare Akku sich nicht bei mir gemeldet hatte, als ich früh morgens das Haus verließ. Ziemlich ärgerlich das Ganze, aber es hat mir trotzdem den Tag nicht vermiest.

Es sind nur zwei Beispiele, wie sehr meine Tage oft durch dieses Chemobrain belastet sind. Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es Gelassenheit und so gut wie möglich in solchen Situationen allem mit Humor zu begegnen.

Chemobrain, für das es keinen deutschen Begriff gibt, ist auf Schädigungen vorwiegend durch Zytostatika zurückzuführen. Nicht jede Chemotherapie verursacht auch ein Chemobrain und nicht jedes Chemobrain muss ein Dauerzustand bleiben. Manchmal spielen auch sehr lange Narkosen eine Rolle. Belastend ist es im Alltag auf alle Fälle.

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Herbert Erregger

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