Wir schreiben das Jahr 2016, und es gibt in Österreich noch immer ca 150.000 Menschen, welche über kein Bankkonto verfügen. Die Gründe dafür sind vielfältig - Überschuldung, Privatinsolvenz, Eintragungen in verschiedenste "Register unerwünschter Kundenbeziehungen". Fakt ist, dass diesen Menschen das Leben durch das Fehlen einer Bankverbindung unnötig erschwert wird, und sie auch eine Art Stigma in der Gesellschaft mit sich tragen - "die Bank" hält sie für unwürdig, eine Bankverbindung(wenn auch nur auf Haben-Basis und zu erhöhten Konditionen) zu bekommen. Fakt ist auch, dass damit auch eine Schieflage eingeleitet wird, die für die Betroffenen fatal ist(kein Bankkonto - Probleme bei Anmieten von Wohnungen, Bewerben für Beschäftigung....), und Auswirkungen zeitigt, die nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, sondern sicher auch in das Familienleben hinein wirken. In Wirklichkeit ist es aber auch so, dass es für unsere Gesellschaft schlicht ein Armutszeugnis ist, dass man nach wie vor mit Methoden des finstersten Mittelalters agiert - und in Konsequenz müssen wir ja doch auch alle die Rechnung in Form von Ausgleichszahlungen leisten, um diesen Menschen ein Minimum an Lebensqualität zu sichern.

Im September 2016 wird es nun aber endlich soweit sein - auch in Österreich wird jeder Staatsbürger einen Rechtsanspruch auf ein sogenanntes "Basiskonto" bekommen. Was dieses Basiskonto ist? Nun, es ist ein normales Bankkonto(kann allerdings nicht überzogen werden), welches als EU-weite Antwort auf die Kundenbeziehungsverweigerung diverser Kreditinstitute in einigen EU-Ländern zu verstehen ist. Es ermöglicht seinem Inhaber zu normalen Kostensätzen(maximal € 80,-/Jahr) seine Geschäfte zu führen, und nach außen(Richtung Vermieter, Arbeitgeber) auch eine Kontoverbindung angeben zu können. Mit der gesetzlichen Begründung dieses Rechtsanspruchs auf eine Kontoverbindung wird endlich ein Status in der Beziehung Individuum zu Finanzindustrie erreicht, der dem 21. Jahrhundert einigermassen entspricht.

Sie fragen sich vielleicht, warum es im Vergleich zu den Niederlanden(die dieses Recht schon seit längerem gesetzlich verankert haben)solange dauerte bis man diese Lösung nun endlich umsetzt? Eine gute Frage, und wert sie zu hinterfragen. Wenn wir uns in die Krisenjahre 2008/09/10 zurückversetzen, dann können wir uns daran erinnern, in welcher atemberaubenden Geschwindigkeit man damals Rettungspakete für die in Schieflage geratene Finanzindustrie zimmerte - ohne Rücksicht auf die Kosten und unter Verwendung des Arguments diese wären ja "systemrelevant". Nun, der einzelne Mensch ist in unserer Gesellschaft augenscheinlich nicht so "systemrelevant" - da kann es schon ein paar Jahre länger dauern, bis man eine menschenwürdige Daseins-Basis gesetzlich verankert.

Es bleibt aber zu hoffen, daß der Gnadenakt "Basiskonto" einen Schritt in Richtung Begradigung einer Schieflage zwischen Bürger und Unternehmen(welche ja über Umwege auch von den Bürgern gerettet wurden) darstellt. Der Einzelne hat das Recht, diesselbe Loyalität in der Behandlung einzufordern, wie dies auch Seitens der Banken in ihrer Notsituation nachgefragt wurdde. Und schlussendlich: Seien wir uns ehrlich - es geht hier doch nicht einmal um das liebe Geld, sondern nur um das Abgeben eines Gott-ähnlichen Status.

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StatistikFan100

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gigimannheim

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