Soll ein Staat überhaupt an einem Spielsuchtunternehmen beteiligt sein ?

Der Republik Österreich hielt 2015 über die Österreichische Beteiligungs AG eine 33.24%-Beteiligung an der Casinos Austria AG (AG steht jeweils für Aktiengesellschaft), an der auch ein weiterer Glücksspielkonzern/Spielsuchtkonzern, nämlich die Novomatic beteiligt ist (und zwar zu 17.19%). Zusammen hatten Republik und Novomatic also genau 50.43%, sehr knapp über der Mehrheit, aber über der Mehrheit. Derzeit gibt es angebliche Vorverträge über einen Verkauf der Casinos Austria-Mehrheit an die tschechische Sazka AG.

Bei der Affäre um die Bestellung von Peter Sidlo durch eben diese knappe Staat-Novomatic-Mehrheit ist nun wieder diese Beteiligung im Gespräch und in der Kritik.

Peter Sidlo war FPÖ-Mitglied und FPÖ-Bezirksrat, gleichzeitig erfüllte er von Ausbildung und bisheriger Beruflicher Tätigkeit das Anfroderungsprofil für einen Finanzvorstand bei der CASAG nicht ganz, aber man kann nicht sagen, dass er eindeutig ungeeignet gewesen wäre.

Jetzt einmal abgesehen von der Frage, ob nicht ein Allparteienkonsens, was Postenbesetzungen in staatlichen bzw. teilstaatlichen Unternehmen betrifft, besser wäre, stellt sich auch die Frage, ob ein Staat überhaupt an Glücksspielkonzernen/Spielsuchtunternehmen beteiligt sein soll.

Denn einerseits kann die Verflechtung von politischen Parteien in derartigen Unternehmen zu einer maßgeschneiderten Gesetzgebung führen, und andererseits kann gerade der derzeitge Postenbesetzungsmodus, nämlich dass immer die Regierungsparteien das "ausmachen" und das hinterher dann auffliegt, die Debatte in eine unsachliche Richtung abdrängen, bei denen dann die Parteipolitik gewinnt und dominiert und nicht Sachfragen, bei der die Opposition und ihr nahestehende Journalisten skandalisieren und übertrieben.

https://www.derstandard.at/story/2000111241620/politische-spielwiesecasinos-aufsichtsrat-war-wegen-sidlo-gewarnt

Die Entflechtung von Staat und Spielsuchtkonzerne könnte auch bedeuten, dass der Staat ein besserer Schiedsrichter ist, und neutraler gesetzgeberisch wirksam sein kann, was z.B. Spielerschutz betrifft.

Und es würde dann auch die schlechte Optik wegfallen, dass der Staat sozusagen einen Interessenskonflikt hat, einerseits für Spielerschutz gesetzgeberisch zuständig zu sein und andererseits Profiteur von Spielsuchtkonzernen zu sein.

Historisch gesehen sind diese Minderheitsbeteiligungen an Spielsuchtkonzernen Reste des staatlichen Glücksspielmonopols (das auch damals schon Glückspielmonopol hiess, und nicht Spielsuchtmonopol! Obwohl natürlich nicht alle Glücksspielkunden gleichzeitig Glück haben können, sondern nur einige wenige; "Glücksspiel" ist kollektiv betrachtet für den Durchschnitts-"Kunden" immer Unglücksspiel!).

Speziell linke Parteien, die nun besonders laut skandalsieren, haben in ihrer Stamokap (Staatsmonopolkapitalismus-Doktrin) oft eine Nostalgie und Sehnsucht nach dem früheren staatlichen Glücksspielmonopol. Es mag da auch eine gewisse Abneigung gegenüber dem Privateigentum vorhanden sein, und so eine Art austromarxistische Sehnsicht nach einer Verstaatlichung der Produktionsmittel.

CC / Roletschek https://de.wikipedia.org/wiki/Roulette#/media/Datei:13-02-27-spielbank-wiesbaden-by-RalfR-093.jpg

Eine Frage, die sich ergeben würde, ist auch die nach dem etwaigen Nacheigentümer. Ehrlich gesagt, ich würde mich auch nicht sehr wohl fühlen, wenn die tschechische Sazka-Gruppe die CASAG-Mehrheit übernimmt, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass Österreichische Eigentümer fairer mit Österreichern umgehen als Nicht-Österreichische Eigentümer.

Eine weitere Frage wäre die Konkurrenz durch das (oft internationale/globale) Internetglücksspiel.

Diese würde unter Umständen für eine Beteiligung des Staates an Glücksspielunternehmen/Spielsuchtunternehmen sprechen.

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corpusdelictum

corpusdelictum bewertete diesen Eintrag 19.11.2019 22:07:09

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