Morgen ist es also so weit: der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer (ÖVP) will laut seinen eigenen Worten auf einer Pressekonferenz verkünden, ob es vorgezogene Neuwahlen in der Steiermark geben wird, also eine Landtagswahl im diesem November statt im Mai nächsten Jahres, wie das regulär eigentlich sein müsste.

Die FPÖ hatte im Vorfeld einen Neuwahlantrag gestellt, vielleicht um dem Gerücht zu entgegenzutreten, sie würde wegen der Ibiza-Geschichte Neuwahlen scheuen. Und die ÖVP ist mandatsstark genug, um diesem Antrag zur Mehrheit zu verhelfen (28 von 48 Mandaten).

Erstaunlich, dass zahlreiche Medien in Österreich, egal, ob rechts oder links oder Zentrum, bereits "berichteten", vorgezogene Neuwahlen in der Steiermark seien bereits fix.

Aus Sicht der ÖVP würde es in mancherlei Hinsicht Sinn machen, die Wahlen vorzuziehen, zum Beispiel vom Kurz-Bonus profitieren und breitere Wählerschichten anzusprechen, solange die Wählerinnen und Wähler noch nicht wissen können, mit welcher Partei Ex-Kanzler Sebastian Kurz (auch ÖVP) nach der auch vorgezogenen Nationalratswahl koalieren will bzw. wird.

Auf der anderen Seite gibt es auch Argumente, die dagegen sprechen, dass es vorgezogene Neuwahlen geben wird. Zum Beispiel, dass es Koalitionspartner (wie die SPÖ) oder potenzielle Koalitionspartner wie ein etwaiges Wahlbündnis der NEOS mit einer anderen Partei verärgern könnte.

Auf jeden Fall halte ich die Medienberichte, die von bereits fixen vorgezogenen Neuwahlen sprechen, für verfrüht. Nicht, dass sie nicht rechthaben könnten mit ihrer Vermutung, es werde vorgezogene Neuwahlen geben, aber es könnte auch ganz anders kommen.

CC / Gregor Tatschl https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Sch%C3%BCtzenh%C3%B6fer#/media/Datei:2017_Landeshauptmann_Hermann_Schützenhöfer_(32538716725).jpg

Steirischer Landeshauptmann (die deutsche Entsprechung wäre der Ministerpräsident eines Bundeslandes) Schützenhöfer: nach seiner sehr kryptischen Pressekonferenz vorige Woche überschlugen sich die Medien mit "Vorgezogene Neuwahlen in der Steiermark fix"-Artikeln.

Wird er diese Artikel bestätigen oder nicht ?

Das Absurde an der Geschichte ist: Politiker sind auf gute Beziehungen mit dem Medien angewiesen. Und wenn Schützenhöfer sich gegen vorgezogene Neuwahlen entscheidet, die von fast allen Medien bereits als fix berichtet werden, dann könnte er dadurch den Zorn der Medien auf sich ziehen.

So gesehen besteht für ihn fast ein Zwang, die vorgezogenen Neuwahlen zu bestätigen, die die Medien voreilig bereits berichtet hatten.

Auf jeden Fall ist das ein Fall, wo man den Eindruck haben kann, dass Spitzenpolitiker Sklaven einer Medienlandschaft seien und die Medien die eigentlich Mächtigen im Land.

Die Verkündung der Vorgezogenen Neuwahlen, die die meisten Medien bereits als fix dargestellt haben, könnte für Schützenhöfer das sein, was die Deutsche Kanzlerin Merkel "alternativlos" nannte: die "Neuwahlen fix"-Medien durch Verkündung von Nicht-Vorziehung als unseriöse FakeNews aussehen zu lassen, könnte ihn die Unterstützung der Medien und damit den Wahlsieg kosten. Ähnliches könnte auch für die Grünen gelten.

Zum internationalen Vergleich: in den US sind vorgezogene Neuwahlen auf Bundesebene bei Präsidentschaftswahlen und Kongresswahlen unmöglich. Und auf Ebene des einzelnen Bundesstaates sind sie oft nur durch vorherige Volksabstimmungen möglich, wie das kalifornische Recall-Referendum, das dem aus Thal in der Steiermark gebürtigen Arnold Schwarzenegger (ehemaliger Bodybuilder und Schauspieler) ermöglichte, durch vorgezogene Neuwahlen Gouverneur von Kalifornien zu werden.

In Deutschland sind vorgezogene Neuwahlen bei Bundestagswahlen zwar möglich, aber juristisch viel komplizierter und daher viel seltener als in Österreich, wo die Politiker soviel Möglichkeiten zur Machtausübung und Machtmissbrauch in Zusammenhang mit vorgezogenen Neuwahken haben wie praktisch nirgendwo sonst auf der Welt.

Die ÖVP selbst, der sowohl Kurz als auch Schützenhöfer angehören, bezeichnete in den 1970er Jahren die vorgezogenen Neuwahlen, die der damalige Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) oft ansetzte und durchzog, als "Überrumpelungswahlen", und in der Tat kann sich derjenige, der sich heimlich, still und leise auf einen Wahlkampf vorbereiten kann, einen Startvorteil verschaffen, wenn er die anderen Parteien "überrumpelt", sodass sie schlechtere Chancen haben, weil sie weniger oder gar keine Vorbereitungszeit hatten.

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