Freitag, 9.10. 2015, 13.11 Uhr: Es ist ein Zeitpunkt, den ich mir sicher rot, dick und fett im Kalender angestrichen hätte. Vorausgesetzt, ich hätte einen dabei gehabt. Das Datum wird mir aber auch kalendarische Markierung im Gedächtnis bleiben. Es ist der Tag, an dem einer meiner längsten Reise-Träume zumindest ein Stück weit in Erfüllung ging.

Dass das ausgerechnet dann passierte, als ich nicht damit gerechnet hatte und ich dafür keine zehn Flugstunden, frühmorgendlichen Weckattaken auf mich nehmen oder sonstigen Gewaltakte hinter mich bringen musste, mögen Lebenskenner mit einem: „Eh klar“, quittieren. Sollen sie ruhig.

Seitdem ich denken kann, üben Delphine eine Faszination auf mich aus. Warum weiß ich nicht. Ich bin ja sonst nicht sonderlich tierlieb, bekomme beim Anblick von Hund oder Katz keine feuchten Augen – aber Delphine haben es mir angetan. Vielleicht habe ich irgendwann eine Überdosis „Flipper” abbekommen?

Seit meinen ersten Reisen begleiten sie mich, oder vielmehr der Gedanke, Delphine einmal hautnah zu erleben und am besten noch mit ihnen im Meer zu schwimmen. Mit den Geschichten darüber, was ich dafür in Kauf genommen habe, ließen sich Bücher füllen:

"Ich wecke Euch gegen 4:00 Uhr auf”, hatte uns zum Beispiel unser CouchSurfing-Host Jonathon vor vier Jahren auf Big Island, Hawaii nicht nur angekündigt, sondern diese Drohung auch wahr gemacht. Schließlich war es ja für den „guten Zweck”: Er wollte uns den besten Spot zeigen, um mit Delphinen zu schwimmen – den Two-Step-Beach nahe der Kealakekua Bucht. Und er musste es wissen, war der Regisseur und Filmschaffende doch noch besessener von Delphinen als ich. Eine ganze Dokumentation, „Na Nai’a. Legend of the Dolpins“, widmete er den schönen Meeressäugern – und als er mir damals die Leute aufzählte, die den Delphinen ihre Synchronstimmen geliehen hatten, blieb mir fast die Suppe im Hals stecken: Kate Winslet, Ellen Page, Gerard Butler, Megan Fox, Whoopie Goldberg, Julian Lennon, Isabella Rosselini, James Franko, Darryl Hannah ‒ wer machte denn da bitte nicht mit? Leider waren die Stars das Aufregendste an dem Film, den wir damals in einer Art Preview in seinem Wohnzimmer sehen durften und an dessen Einzelheiten ich mich kaum noch erinnern kann. Dass unsere Mission damals aber leider nicht von Erfolg gekrönt war, das weiß ich heute noch all zu gut. Wir warteten, warteten, warteten – nur die Delphine wollten sich nicht zeigen. Mir nicht. Denn dass ausgerechnet einen Tag später Bekannte von mir sehr wohl das Glück hatten und mit den Meeres-Säugern ihre Runden schwimmen durften, war ihnen zwar vergönnt, lässt mich aber noch immer ein paar Tränen verdrücken.

Es war nicht das einzige Mal, dass aus einem solchen Tête-à-Tête zwischen Delphinen und mir nichts geworden ist. Sie hatten sich mir weder vor zehn Jahren bei der Fahrt nach Kangaroo Island in Australien gezeigt, noch auf Teneriffa. Auch nicht am Strand Mirante dos Golphinos im brasilianischen Praia de Pipa, einem Ort, wo „man garantiert mit Delphinen schwimmen kann” - behauptet zumindest der Lonely Planet. Noch nicht mal bei der Fahrt über den Ganges. Alles Spots mit „100%iger Delphin-Garantie”. Tja, ich müsste wohl mal irgendwo reklamieren gehen …

Mit dem Jammern ist´s aber jetzt vorbei. Seit eben jenem Schicksalsträchtigen Freitag, 9.10. um 13.11 Uhr eben: „Delphine, da drüben sind Delphine!“, rief da meine Mitreisende Irene, als wir auf der „Saphoria“ über das Mittelmeer zwischen der marokkanischen Küste und Gibraltar segelten. Tatsächlich. Delphine – nicht nur „da drüben“ am Horizont, sondern links, rechts, vorne, hinten, überall.

14 Minuten lang.14 Minuten, in denen es an ein Wunder grenzt, dass keiner von uns vier Reisenden über Bord gegangen ist. So sehr haben wir uns überschlagen vor Freude, sind – Kamera gezückt – von einem Schiffsende zum anderen geeilt, haben uns über die Reling gebeugt und mit Fingern, Händen und Füßen auf die Delphine gezeigt.14 Minuten, die in Bildern vielleicht besser zur Geltung kommen als mit jedem zusätzlichen Wort.

"Sind hier immer Delphine zu sehen“, fragt einer von uns einige Stunden nach diesem Spektakel unseren „Sailorama“-Skipper Hans-Jörg, der uns in Kooperation mit dem Reiseveranstalter„Weltweitwandern“ die letzten Tagezwischen Spanien und Marokkosicher über die See gebracht und die Delphin-Invasion denkbar gleichmütig, fast schon mit einer Selbstverständlichkeit beobachtet hatte. Seine Antwort überrascht dann wohl niemanden so sehr wie mich: Nein, so viele Delphine hätte auch er in den 14 Jahren, die er die Strecke fährt, selten gesehen.

Es ist eben ein denkwürdiges Datum, dieser Freitag, 9.10. um 13.11 Uhr.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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