„Kompetenzorientierter Unterricht“ – Goethe am Opfertisch!

„Durch Bildung verschönert der Mensch sein eigenes ICH“ – dieser Konfuzius-Spruch gilt heute nicht mehr im kompetenzorientierten Unterricht. Der neue schweizer Lehrplan 21 weist zB.für Grundschulen 4500 Kompetenzen auf, die im Einzelnen erreicht und gecheckt werden müssen. Auch in Österreich gibt es die Kompetenzcodierer – Namen wie BiFi, etc…fallen darunter und eine exzessive Schulbürokratie.

Kompetenzorientierung bedeutet frustrierte Schüler, frustrierte Lehrer, ein Ende der Neugierde. Humanistisches Wissen ist in unserer Welt nicht mehr gefragt und darf auch nicht mehr abgefragt werden, weil nicht kompetenzorientiert. Nur mehr wirtschaftsgefügige Kompetenzen sind gefragt und messbar müssen sie sein.

Beklemmende Leere und Ratlosigkeit herrschen künftig im geistigen Leben. Humanistisches Wissen,Bildungsbürgertum und Intellektuelle werden marginalisiert und landen am Opfertisch des Neoliberalismus, wo das nichts mehr zählt. Der permanente Reformeifer durch Profilierungsneurotiker in der Bildungspolitik hat zu einem Bildungsirrgarten geführt. Man höre in die Lehrerschaft hinein, wie zunehmend frustriert die Älteren sind und viele Jüngere haben sich deswegen von jeglichem Engagement bereits abgemeldet.

Gegen unsere Bildungsbürokratie anzukämpfen hat schon Androsch versucht, ein aussichtsloser Kampf.

Lesekompetenz, sinnerfassendes Lesen kann zB. nur dadurch erreicht werden, dass es dem Lehrer oder den Eltern gelingt, dem Kind Freude am Lesen zu vermitteln, sie darauf neugierig zu machen und nicht durch kompetenzorientierte Test und wissensleeren und damit fad werdenden Inhalten.

Wenn Kinder nach Hause kommen und erzählen, wie langweilig es wieder einmal in der Schule war. Wie man einen Lebenslauf schreibt, wie man ein Kompetenzportfolio anlegt, eine "Mind Map" darf auch nicht fehlen, wie man Vorträge hält, wie man Quellen korrekt angibt, Lesen ohne kontextuales Leseverständnis, Hören, Rechnen, Schreiben üben, korrekte Worte verwenden, etc...Von der Wirtschaft hört man, dass Schulabgänger diese Grundfertikeiten nicht mehr ausreichend beherrschen. Das höchste der Gefühle dabei, eine Power Point Folie (PPP) erstellen und die Handouts austeilen, damit die Schüler nicht mitschreiben müssen, dann besitzt man Medienkompetenz. Bei Teamarbeiten ist der Fleißige der Trottel und beschwert er sich, war er eben nicht teamfähig.

Von Wissensinhalten, vom „Was“ spricht man nicht mehr, nur mehr das „Wie“ (Kompetenzen) ist maßgeblich. Die Form ersetzt die Wissensinhalte. Häppchenkultur, höchstens ein kleiner Auszug aus einem Buch jedoch niemals ein ganzes Buch lesen. Wissen wird abgeschafft. Tausende Konzepte und Reformen profilierungsneurotische Pädagogen machen aus unserer Bildungslandschaft einen Irrgarten und ein Labyrinth. Auch geht der Trend weg von der Schrift und hin zum Bild. Theaterstücke ansehen, einen Nietzsche in Philosophie zu lesen, Sprachvideos aus dem Internet anhören und darüber diskutieren, das passt alles nicht ins Konzept.

Formale Kompetenzen werden eingeübt, politische Korrektheit und Gendern exerziert, aber es darf kein Wissen mehr abgefragt werden und muss damit auch nicht mehr vermittelt werden. Keiner ist gut oder schlecht, ein Dummer kann höchstens "verhaltensoriginell" sein. Dazu gibt’s ja Google zum nachschauen. Nur wenn ich kein Wissen habe, weiß ich auch nicht, was ich nachschauen soll. Wenn ich in einem Meeting, bei einem Talk, etc. bin, kann ich auch nicht im Google nachsehen, da ist Wissen gefragt. Weil das gendergerechte „Schüler und Schülerinnen“ zu lang ist, kürzt man zB. in Deutschland ab und sagt : Liebe „SuS“!.

Der Lehrer wird zum Coach auf gleicher Augenhöhe, er darf nicht mehr Wissen als der Schüler zeigen, ansonsten entsteht ein unerwünschtes Hierarchiegefälle. Der Coach darf niemals einem/einer „SuS“ seinen Blickwinkel oder sein Wissen aufdrängen, er darf die Schüler nicht überwältigen. Vieles soll abgeschafft werden, wie Noten, Sitzenbleiben, Jahrgänge (dafür "modularer Aufbau"), etc…. Früher gabs den Frontalunterricht, wo vorne einer stand und etwas wusste und die Schüler hatten das zu lernen. Heute wiederum das andere Extrem. Ein goldener Mittelweg wäre gefragt.

Weltwissen, Allgemeinbildung, zu wissen wie der Ort hieß, wo man im Urlaub war oder die Hauptstädte wenigstens einiger Staaten zu kennen, alles verpöntes Wissen. Dafür gibt’s ja Google. Aus dem früheren „nicht dürfen“ (Verbote) wird heute von „gemeinsamem Nichtwollen, Commitments, wir wollen in der Pause am Gang nicht laufen", etc… gesprochen, kollektive Gehirnwäsche.

Die Neugierde eine Schülers wird völlig abgetötet, jedoch "nur dem Neugierigen öffnet sich die Welt". Bücher lesen, Theater/Opernbesuche, Museumsbesuche, Malen, Musizieren, etc… alles nicht mehr gefragt für Kompetenzorientierung. Auch Musik und Kunstunterricht sind out, die Stunden werden dafür zusammengekürzt.

Gibt es Lehrer, die mir als Nicht-Lehrer erklären können, dass das alles nicht so ist und ich das nur falsch sehe?

Langfassung: Kleine Zeitung 26.2.2016 - Essay Katja Oskamp:

KleineZeitung 26.2.16 .

KleineZeitung 26.2.16 .

KleineZeitung 26.2.16 .

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Joachim Eberhard

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MarieRedelsteiner

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