Eine kleine Wasserstoff-Geschichte (Part 1)

In letzter Zeit wurde ich immer wieder in Diskussionen über Wasserstoff als Energieträger oder Energiespeicher verwickelt. Da ich auf diesem Gebiet nicht sonderlich belesen bin, möchte ich das mal nachholen und Sie daran teilhaben lassen. Zuerst werde ich mich mit den Grundlagen auseinandersetzen, um dann einen, auf den Wirkungsgrad bezogenen, direkten Vergleich von wasserstoffbetriebenen Autos und Elektroautos herzustellen. Im zweiten Teil werde ich auf einige vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten eingehen. Zum besseren Verständnis habe ich im unteren Bereich ein paar Abbildungen eingefügt. (Toyota Mirai)

Was ist Wasserstoff eigentlich?

Laut Wikipedia ist Wasserstoff ein chemisches Element mit dem lateinischen Namen Hydrogenium und der Ordnungszahl 1 im Periodensystem. Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum, jedoch nicht in reiner Form in der Erdrinde vorkommend. Er ist Bestandteil des Wassers und beinahe aller organischen Verbindungen. Somit kommt gebundener Wasserstoff in sämtlichen auf der Erde lebenden Organismen vor. Wasserstoff ist das chemische Element mit der geringsten Atommasse. Sein häufigstes Isotop, das auch als Protium bezeichnet wird, enthält kein Neutron, sondern besteht aus nur einem Proton und einem Elektron. Unter Normalbedingungen kommt auf der Erde molekularer Wasserstoff, H2, als farb- und geruchloses Gas vor.

Probleme mit Wasserstoff

Wasserstoff ist ein sehr kleines Atom, er ist ständig bestrebt sich zu binden oder einzulagern, was unter anderem gravierende Materialversprödung zur Folge hat. Wasserstoff ist ein sich stark verflüchtigendes Element. Durch die sehr kleine Atomgröße ist er in der Lage durch Lager- und Transportmaterialien zu diffundieren.

Die Einfahrt in Tiefgaragen und ähnlichem ist, genauso wie bei mit Erdgas oder Autogas betriebenen Fahrzeugen, als eher problematisch anzusehen. Die hohe Reaktionsfreudigkeit von Wasserstoff macht ihn sehr explosions- und feuergefährlich. Bekannt ist zum Beispiel die Knallgasreaktion, bei der Wasserstoff in einem bestimmten Verhältnis mit Sauerstoff vermischt ein detonationsfähiges Gemisch ergibt. Die Gewinnung, die Lagerung und der Transport von Wasserstoff ist sehr energieintensiv. Wasserstoff muss aus wirtschaftlichen und platztechnischen Gründen unter sehr hohem Druck gelagert werden. Dafür werden starke Pumpen benötigt, die einen Gasdruck von 800 bar ermöglichen. Eine andere Variante stellt die Verflüssigung von Wasserstoff dar. Zur Lagerung von flüssigem Wasserstoff wird dieser konstant bei einer Temperatur von unter -252 °C gehalten.

Gewinnung und Speicherung von Wasserstoff

Neben einigen anderen Methoden zur Gewinnung von Wasserstoff ist die Wasserelektrolyse mit einem Wirkungsgrad zwischen 62,5 – 80% eines der wichtigeren Verfahren. Eine weitere im Moment sehr gängige Methode ist die partielle Oxidation von Kohlenwasserstoffen. Hierbei reagiert meistens Erdgas mit Sauerstoff unter Bildung von Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Die Speicherung von Wasserstoff im automotiven Bereich geschieht größtenteils in Druckspeichern bei ca. 700 – 800 bar. Druckspeicher sind mehrlagig ausgeführt: Die innerste Schicht besteht aus einem Hochdruckwasserstoff resistenten Kunststoff. Danach kommt eine Lage Carbon für die Steifigkeit und Festigkeit, um dem enormen Druck standzuhalten. Als äußerste Schicht wird Glasfasergewebe verwendet, dass den Druckspeicher vor äußerlichen Verletzungen schützt. Zusätzlich ist im Druckspeicher noch ein Überdruckventil angebracht. Es hat die Aufgabe im Notfall den Überdruck stoßweise abzugeben. Dabei kann es im Normalfall zu keinen Explosionen oder Bränden kommen. Durch das stoßweise Abgeben des Wasserstoffes wird kein gefährliches Wasserstoff – Sauerstoff Gemisch erreicht. Für Wasserstofftankstellen wird Wasserstoff verflüssigt, dazu muss dieser auf -252,8 °C, seinem Siedepunkt, abgekühlt werden. Da die Temperatur gehalten werden muss, erfolgt die Lagerung in vakuumisolierten Behältern. Diese so genannten Dewargefäße sind vom Prinzip mit herkömmlichen Thermoskannen vergleichbar. Auch Hochtemperaturakkus (Zebrabatterie) werden nach diesem Prinzip auf Temperatur gehalten (siehe James Dewar Wikipedia).

In der unteren Abbildung, gefunden auf Electrek.co (Toyota Mirai), ist ein prinzipieller Aufbau eines Brennstoffzellenfahrzeuges schematisch dargestellt. Im hinteren und mittleren Bereich des Fahrzeuges sind die beiden Hochdruckwasserstofftanks angebracht, welche meist aus Faserverbundwerkstoffen gefertigt sind. In die Tanks wird der Wasserstoff mit ca. 700 bar gepresst. Dazwischen sitzt ein Antriebsakku, wie er auch in einem üblichen Elektro- oder Hybridfahrzeug zum Einsatz kommt, meist Li-Ion- oder Ni-Mh Akku. Der Akku wird benötigt, da ein Brennstoffzellenpack nur für ein gewisses Leistungsspektrum ausgelegt ist. Sollte der Antrieb mehr Energie brauchen als die Brennstoffzelle leistet, wird die zusätzliche Energie aus dem Antriebsakku entnommen. Benötigt der Vortrieb weniger Energie, wird die überschüssige Energie im Akku zwischengespeichert. Wird der Fuß vom Gaspedal genommen stellt der Antriebsmotor um auf Generatorbetrieb und gibt die so gewonnene Leistung zurück in den Pufferakku. Dies wird, wie auch beim batteriebetriebenen Elektroauto, rekuperieren genannt. Als nächstes kommt das Herzstück dieses Antriebes: die Brennstoffzelle. Eigentlich ist es ein Brennstoffzellenpack, da eine einzelne Zelle eine Spannung von etwas weniger als 1 Volt generiert. Eine etwas detailliertere Erklärung einer Brennstoffzelle finden Sie in der zweiten Abbildung. Vor der Brennstoffzelle sitzt ein so genannter „boost converter“, dieser hat die Aufgabe die vom Controler kommende Wechselstromspannung (AC) auf das vom Motor benötigte Niveau umzuwandeln z.B. von 370 V auf 650 V. Als nächstes ist ein Wechselstrommotor verbaut. Meist wird dazu auf den technisch ausgereiften, von seiner Gesamtperformance überzeugenden, Asynchronmotor zurückgegriffen. Ein deutscher Hersteller setzt auf einen Hybrid – Synchronmotor mit eher temperaturempfindlichen und sehr teuren Permanentmagneten. Direkt über dem Motor sitzt der Controler, der mehrere Aufgaben übernimmt:

1. wandelt die Gleichspannung von Akku und Brennstoffzelle kommend, mithilfe eines DC – DC Wandlers auf ca. 13 – 14 V um, damit wird der Ladezustand eines herkömmlichen Boardspannungs Bleiakkus aufrecht erhalten

2. wandelt die Gleichspannung mithilfe eines Inverters von Gleichspannung zu Wechselspannung für den Antrieb um

3. regelt alle für den Antriebsmotor relvanten Ereignisse und passt sie den jeweiligen Fahrverhältnisse an. Die Daten bekommt er von verschiedenen Sensoren, wie z.B. dem Gaspedalpotentiometer. Auch der Akkufüllstand spielt eine besondere Rolle bei einem brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeug: sollte der Ladezustand zu niedrig sein und die Brennstoffzelle die benötigte Leistung nicht erbringen wird die Leistung des Fahrzeuges gedrosselt.

4. stellt den Motor beim Rekuperieren auf Generatorbetrieb um und lädt damit den Antriebsakku auf

Toyota

So funktioniert eine Wasserstoff Brennstoffzelle (Grafik von Toyota)

1. Wasserstoff wird zur Anodenseite der Brennstoffzelle geliefert.

2. Die vom Katalysator (Platin) der Anodenseite aktivierten Wasserstoffmoleküle geben ihre Elektronen ab.

3. Die Elektronen wandern von der Anodenseite ( - ) zur Kathodenseite ( + ) und erzeugen eine elektrische Spannung.

4. Sobald Wasserstoffmoleküle ihre Elektronen abgegeben haben, werden sie zu Wasserstoffionen und können durch die Polymer-Electrolyt-Membran zur Kathodenseite wandern.

5. Dort angekommen, verbinden sie sich am Kathoden-Katalysator mit dem aus der Umgebungsluft zugeführten Sauerstoff und es entsteht Wasser als Abfallprodukt.

Toyota

Die folgende Abbildung, gefunden bei Physorg.com, stellt einen direkten, auf den Wirkungsgrad bezogenen, Vergleich zwischen Wasserstoff und Elektritzität als Energieträger in Fahrzeugen dar.

Ausgegangen wird dabei von einer erneuerbaren Wechselspannungsquelle mit einer Kapazität von 100 kWh.

physorg

Von der Wechselspannungsquelle geht es zum einen in Richtung Wasserstoffproduktion und Verwendung in Brennstoffzellenfahrzeugen. Je nachdem ob der Wasserstoff verdichtet oder verflüssigt wird ergibt das Wirkungsgrade von 23% oder 19%, dies liegt schon mal deutlich über den besten derzeit am Markt erhältlichen dieselbetriebenen Fahrzeugen mit einem Wirkungsgrad von ca. 14% (siehe Horst Lüning https://www.youtube.com/watch?v=5V7DvFFBLJg ). Auf der rechten Seite gibt es eine Aufschlüsselung der Wikungsgrade eines Batterieelektrischen Fahrzeuges von der Spannungsquelle über die Versorgungsnetze bis zum Fahrzeug, dabei ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von 69%.

Werden die Wirkungsgrade verglichen gibt es eine sehr ernüchternde Bilanz. Ein reines Elektroauto ist ca. drei Mal so effizient wie ein Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebenes Fahrzeug.

Darin nicht berücksichtigt ist der relativ simple und wartungsfreie Aufbau eines Elektroautos. Im Vergleich dazu ist der Wasserstoffantrieb sehr wartungsintensiv sowie in Aufbau und Funktion als eher komplex einzustufen. Zudem ist ein weitreichendes Wasserstofftankstellen Netz auch in ferner Zukunft schwer zu realisieren. Ob sich das von den europäischen (sowie zwei japanischen und einem koreanischen) Fahrzeugherstellen suggerierte Warten auf das Wasserstoffauto lohnt muss jeder für sich entscheiden. Aus Sicht der technischen Machbarkeit und des Wirkungsgrades spricht das meiste eher gegen die Verwendung von Wasserstoff als Energiequelle von Personenkraftwagen.

Dennoch bin ich in hohem Maße von der sinnvollen Nutzung dieses doch sehr faszinierenden Elements überzeugt. Es tun sich mehrere industrielle und transporttechnische Bereiche auf, in welchen Wasserstoff in absehbarer Zeit nicht mehr wegzudenken sein wird. Im Moment übernimmt im industriellen Bereich ein international agierender österreichischer Konzern gerade die Vorreiterrolle beim Übergang von fossilen Energiequellen auf Wasserstoff.

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MartinMartin

MartinMartin bewertete diesen Eintrag 13.02.2017 07:01:16

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