Arschlöcher bleiben auch welche, wenn sie gebildet sind

Ich bin in einem sozialen Brennpunkt von Wien aufgewachsen. Schon früh musste ich lernen mich mit körperlicher Gewalt zu verteidigen und in den Kreisen der Rocker und Wiener Strizzis (bzw. auch in Deutschland) waren non verbale Auseinandersetzungen etwas fast "Normales". Das war kein Honiglecken, aber so waren damals nun mal die Gesetze meines Lebens.

Trotzdem gab es gewisse Regeln und einen Ehrenkodex. Leute die Andere - Schwächere fertig machten waren nicht gerne gesehen und (was vielleicht seltsam anmuten lässt) man grüßte sich oder sagte "bitte" und "danke", wenn man etwas wollte oder etwas bekommen hatte. Alles hatte seine Form.

Eine der Unterweltgrößen von damals, der in "Notwehrüberschreitung" seinerzeit drei Leute erschossen hatte, trug gar einer alten Dame die Tasche in den zweiten Stock und ähnliches....

Diese Leute waren bei Gott keine Waisenknaben, aber man kannte (wie man in Wien sagt) alle "Schlechtigkeiten" und das Elend und die Härte des täglichen Lebens. Daraus resultierte ein "wissender" Umgang miteinander.

Die Möglichkeiten von Bildung und Kultur usw. waren für diese Menschen ein, bestenfalls fiktiver, Begriff, doch trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen!?) waren Ehre, Charakter, Hilfsbereitschaft, ... keine leeren Floskeln, sondern wurden real gelebt.

Nun, warum schreibe ich das jetzt?

Mit den Jahren habe ich diese soziale Schicht verlassen und mit dem klassischen Gesang begonnen und im Laufe der Zeit unzählige, meist auch gebildete, Menschen kennen gelernt.

Viele davon zählten zur sogenannten besseren Gesellschaft, oder hielten sich wenigstens dafür. Es herrschte eine Art Elite Denken.

Was mich allerdings erstaunte, war die Tatsache, dass bei einer Mehrzahl dieser Leute etliche ethische Werte absolut keine Bedeutung hatten.

Ich habe Veranstalter erlebt, die mir in einer ungehörigen und frechen Art entgegen getreten sind, für die ich ihnen, noch ein paar Jahre zuvor, die Zähne eingeschlagen hätte.

Irgendwann ist mir dann auch im Internet aufgefallen, dass die Respekt - und - Niveaulosigkeit heutzutage vielerorts quasi Programm ist. Da schreiben (oft auch junge) Leute die einfach das Glück hatten, dass ihnen von Vati und Mutti ihr ganzes Leben lang der Hintern abgewischt wurde selbstgerecht, selbstherrlich an andere, machen sie herab oder weisen in einer Diskussion auf "ein fehlendes Komma" hin.

Noch schlimmer Leute, die jeden rücksichtslos brandmarken, der ihre Meinung nicht teilt und vielleicht noch einen Shitstorm lostreten. Sich selbst aber sehen/bezeichnen diese Typen als "tolerant" und intellektuell (und als die Einzigen, die wüssten was "richtig" ist und was nicht). Sie ziehen nicht einmal in Erwägung, dass ihre Meinung bedeutungslos, falsch, dumm usw. sein könnte. Diese bornierte Blödheit ist regelrecht maßlos!

Eines nämlich haben sie NICHT gelernt, nämlich vor dem Spiegel stehen und sich selbst und ihr ganzes Sein und Tun zu hinterfragen.

Ich frage: Woher kommen diese lächerlichen Figuren, die in einer körperlichen Auseinandersetzung nicht mal 10 Sekunden bestehen könn(t)en, aber sich das Recht heraus nehmen andere Menschen runter zu machen und zu beleidigen?

Ist es nicht so, dass heute keiner mit einer Konsequenz mehr zu rechnen hat und deswegen seine angebliche persönliche Freiheit dermaßen ausweitet, dass er ganz bewusst andere Menschen verletzt?

Eine soziale demokratische und menschliche Gesellschaft kann es nur geben, wenn sich all` jene, die darin leben, an gewisse unausgesprochene Regeln halten.

Einmal mehr weise ich auch in diesem Artikel wieder auf den kategorischen Imperativ hin.

Hätte ich jedes Mal meinem Impuls nachgegeben, einem dieser frechen unfähigen und vom Leben keine Ahnung Habenden, die Tracht Prügel zu verpassen, die ihm aufgrund seines indiskutablen Verhaltens vermutlich zugestanden wäre, dann hätte ich viel zu tun gehabt (Wobei mir natürlich wieder klar ist, dass ich...oh Gott.... ein simpler Charakter bin und dass Gewalt nie eine Lösung ist - na so was aber auch).

Bei aller unterschiedlicher Ansicht oder Lebensart, bevorzuge ich letztlich doch einen Umgang in gegenseitigem Respekt Höflichkeit usw. auch wenn das heute bei etlichen selbstherrlichen Narren aus der Mode gekommen ist.

Schlussendlich bleibt zu sagen, dass sie sich selbst eines Wert`s berauben, welchen sie dereinst in ihrem Leben bitter notwendig haben werden.

Ich wünsche ihnen, dass sie irgendwann genau die Selbstherrlichkeit anderer am eigenen Leib erfahren, wenn sie Respekt und Zuwendung am notwendigsten haben.

Dann werden sie vielleicht endlich begreifen, dass die Prägung der Gesellschaft etwas ist, wofür jeder in seinem Handeln und Tun die Verantwortung trägt.

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Hansjuergen Gaugl

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