Die Auswirkung des hohen Fleischkonsums auf die Umwelt

Spätestens nachdem das Klimaabkommen von Paris im Dezember 2015 von Österreich unterzeichnet wurde, ist die Herausforderung, die globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst 1,5 °C, im Vergleich zu vorindustriellen Level zu halten, in den Mittelpunkt öffentlicher und politischer Debatten geraten.

Öffentliche Diskussionen haben dazu beigetragen dass die Energieversorgung und Mobilität als Hauptemittenten wahrgenommen werden und fordern einen ambitionierten Wandel, der mit der Erforschung, Erprobung und Implementierung von alternativen Technologien einhergehen müsste. Diese Wahrnehmung ist aufgrund der medialen Verbreitung und der tatsächlichen Auswirkung auf das Klima völlig legitim und notwendig, jedoch verursachen diese Maßnahmen einerseits hohe Kosten und andererseits nimmt die Umsetzung etlicher Klima- und Energiestrategien viel Zeit in Anspruch. Zusätzlich muss darauf hingewiesen werden, dass eine Energiewende mit dem angestrebten Wechsel von fossilen auf eine erneuerbare Energieerzeugung und Mobilität neue Technologien braucht, die zumindest bei ihrer Herstellung Energie- und Treibhausgasintensiv sein dürften – Denn auch wenn (oder gerade weil) die Produktion nicht in Österreich stattfindet heißt nicht das sie im Ausland nicht bzw. sogar im geringeren Maße Treibhausgase emittiert werden.

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass technologische Maßnahmen zur Zielerreichung des Pariser Abkommens notwendig sind, die zum Großteil mit hohen Kosten, Energie- und Treibhausgasemissionen bei ihrer Produktion, und mit einem gewissen Zeitfenster bis zu ihrer Umstellung und den erwünschten ökologischen Auswirkung, verbunden sind.

Erfreulich wird in großen Teilen Europas festgestellt, dass die Akzeptanz von erneuerbaren Technologien kontinuierlich steigt. Dies kann beispielsweise durch die steigende Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos und Photovoltaikanlagen beobachtet werden. Ein Faktum ist, dass jene Gerätschaften (noch) erhebliche Investitionssummen erfordern, was nicht von jedem bzw. jeder BürgerIn getätigt werden kann. Ein wirksamerer Klima- und Umweltschutz wird aber von allen BürgerInnen getragen und sollte daher nicht jenen vorenthalten werden, die über genügend finanzielle Möglichkeiten verfügen.

Angesichts dieses Sachverhalts stellt sich die Frage wie man ohne hohe Investitionen tätigen zu müssen, wie z.B. der Ankauf eines Elektroautos oder Photovoltaikanlage, einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten kann, ohne eine allzu große Umständlichkeit in Kauf nehmen zu müssen.

Dass unser Konsum eine maßgebliche Auswirkung auf die Umwelt hat, ist allseits bekannt. Doch auch hier muss unterschieden werden, welche Güter welche Auswirkungen haben und worauf wir angewiesen sind. In diesem Zusammenhang ist klar, dass jeder Mensch, ob reich oder arm, im Schnitt drei Mal am Tag das Bedürfnis verspürt seinen Hunger zu stillen. Wie wir unseren Hunger stillen ist von Traditionen und Gewohnheiten abhängig. Österreich zählt jedoch zu den Ländern mit dem höchsten Fleischkonsum. Betrachtet man den gesamten Fleischverbrauch, so belegt Österreich international den 16. Platz und innerhalb der EU sogar den dritten Platz in 2013, hinter Luxemburg und Spanien.

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Die ökologische Bedenklichkeit des hohen Fleischverzehrs rührt von der Herstellung & Herkunft der Futtermittel, deren Umwandlungseffizienz in tierische Kalorien und dem Ausscheidungsmanagement:

• Herkunft der Futtermittel

Ein wesentliches Problem bei der Fütterung der Tiere ist die Beimischung von importierten Futtermitteln damit die Tiere schneller Fleisch ansetzen um billig der Nachfrage nachkommen zu können. Dazu gehört die Sojabohne, die seit jeher in Europa mit einem negativen Ruf behaftet ist. Dieser beruht zum Großteil auf den Soja-Anbau auf gerodeten Regenwaldflächen und den weiten Export in Industrieländern um zu 90% in Futtertrögen von Tieren zu landen.

In der Tat stammen die größten Sojaernten 2012 aus den USA (35%), Brasilien (25%) und Argentinien (25%) wobei die größten Importeure China und die EU sind. In Österreich werden circa 120.000 Tonnen gentechnikfreier Soja produziert, das sich für den menschlichen Verzehr eignet, wohingegen der Großteil der importieren 650.000 Tonnen Sojaschrots und Sojabohnen genmanipuliert sind und daher nur für die Tierfütterung verwendet werden dürfen. Der dadurch riesige Flächenbedarf wird vor allem in Südamerika mit dem Abholzen der Regenwäldern gedeckt, was bedeutende Verluste von CO2-Senken bedeutet und die reiche lokale Biodiversität massiv bedroht.

transgen.de http://www.transgen.de

Der Grund für den massigen Import liegt einerseits am Flächenmangel Österreichs das benötigte Futter selbst herzustellen und andererseits bei den deutlich billigeren Importen. Doch auch in Österreich wird 68% des Flächenverbrauchs durch Fleisch verursacht, wohingegen Obst und Gemüse nur 2% ausmachen. Das kann auf den Flächenbedarf der durchschnittlichen Ernährung der ÖsterreicherInnen zurückgeführt werden, der im Mittel bei 3.321 m² liegt und somit nicht auf nationaler Ebene abzudecken ist. Demgegenüber benötigen die vegetarischen und veganen Ernährungsformen mit jeweils 603 und 455 m² weit weniger Anbaufläche.

global2000 https://www.youtube.com/watch?v=P39ooXUTCuc&t=27s

Fairerweise muss gesagt werden, dass es Flächen gibt die nicht für den Ackerbau nutzbar sind und daher eine Tierhaltung die einzige Art der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit darstellt. Auch hier ergibt sich die Konkurrenz zur Ökologie, denn bewaldete Flächen speichern wesentlich mehr Kohlenstoff als von Menschen und Tieren erstellte und erhaltene Weiden oder Almen. Daher stellt sich die Frage ob jede Fläche "genutzt" werden muss, oder doch Flächen wieder der Natur zur Eindämmung des Klimawandels überlassen werden könnten.

• Der Umwandlungsprozess

Betrachtet man die Umwandlung von pflanzlichen in tierische Kalorien, so ist die Veredelung von Futter zu Fleisch als ineffizient einzustufen, da circa 3-13 Kalorien Futter für 1 Kalorie Fleisch notwendig ist. Zudem benötigt Fleisch, das von einem Tier aus biologischer Landwirtschaft stammt, mehr Futter, da das Auslaufangebot zu mehr Bewegung animiert und somit weitere Kalorien benötigt. Somit lassen sich die höheren Kosten von Bio-Fleisch mit den größeren und nicht gentechnisch veränderten Futtermengen begründen. Durch den Direktverzehr von pflanzlichen Nahrungsmitteln könnten nicht nur die Umwandlungsverluste umgangen werden, es würde auch Einsparungen der Anbauflächen, der Kohlenstoffsenken und des Transport- und Landwirtschaftsaufwands erwirken.

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• Anrechnung von Treibhausgasen

Dadurch, dass Österreich eine produktionsbasiertes Treibhausgasinventur anwendet, werden nur die Treibhausgase Österreich zugerechnet die durch Produktion innerhalb der Landesgrenzen entstehen. Ausführliche Erklärung dieses Systems: https://en.wikipedia.org/wiki/Greenhouse_gas_emissions_accounting

Daraus ergibt sich, dass die Treibhausgase sämtlicher Importe nicht berücksichtigt werden. Prominente Beispiele sind z.B. unsere Kleidung die zum Großteil unter den europäischen Standards im Ausland produziert und vom Westen importiert wird, jedoch ihre hohen Treibhausgase nicht den Importländern zugerechnet werden. Ähnlich verhält es sich für das Fleisch: Die Treibhausgase der Abholzung von Anbauflächen, des Anbaus, des Transports der Futtermittel bzw. eine Gegenrechnung der verlorenen Kohlenstoffsenken werden nicht den Importländern zugewiesen. Die Exportland weisen meist keine ambitionierten Klimaziele auf. Daraus ergibt sich, dass immense Mengen an Treibhausgasen nicht bilanziert werden und in den Importländern nicht als Einsparpotential ausgewiesen werden.

Beispielsweise liegt der Österreichische Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Treibhausgasen bei 10%, wobei hier nur Aktivitäten im Inland berücksichtigt wurden. Würden die gesamten Treibhausgase des Futtermittelimports berücksichtigt werden, so wäre der Anteil weit höher. Beim Anblick der Treibhausgasbilanz Österreichs und deren sektoralen Zuweisung könnte man meinen, dass im Bereich der Landwirtschaft wenig Potential zusteht – Denkt man nicht über die Landesgrenzen hinaus, so ist dies korrekt, jedoch kommt über exakt jene ein großer Teil des Futtermittels hinein. Gleichzeitig ist der Klimawandel als globales Phänomen wahrzunehmen, weshalb eine Emission in einem fremden Land nicht minder zu bewerten ist als jene im Inland. Aus diesem Grund geben grenzüberschreitende Berechnungen die weder Transporte, noch andere anthropogenen THG-relevante Aktivitäten hinsichtlich der Tierhaltung ausschließen, einen ganzheitlichen Überblick auf den Beitrag des weltweiten Fleischkonsums am Klimawandel.

Zwei Studien sind in diesem Zusammenhang besonders renommiert: Die Studie “Livestock‘s long shadow“ der FAO – Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und die darauf aufbauende Studie „Livestock and Climate Change“ des Worldwatch institute. Die Erstere weist der Tierhaltung einen Anteil von 18% der weltweiten vom Menschen verursachten Treibhausgase zu, was die globalen Emissionen aller Transportmittel übersteigt.

Den Berechnungen des World Watch Institute zufolge, müsste dieser Anteil sogar bei 51% liegen, da insgesamt 25.048 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente von der FAO-Studie entweder unterbewertet, falsch zugewiesen (Antibiotika-, Kühl- und Lager und Managemetaufwand) oder übersehen wurden. Damit sind die u.a. konservativen Annahmen des Viehbestands, der nicht gegengerechnete Verlust an CO2-Senken, der mit der Futtermittelerzeugung und dessen Rodungen einhergeht und nicht zuletzt die Nichtbeachtung der tierischen Atmung gemeint. Der Aussage, dass die Atmung normalerweise als CO2-neutral gilt, begegnet die Studie mit dem Faktum, dass im Vergleich zum vorindustriellen Alter heutzutage mehrere Dutzend Milliarden Tiere von und für den Menschen gezüchtet werden, während die photosynthetische Kapazität der Erde (ihre Fähigkeit, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden), mitunter durch die Rodung der Wälder für den Anbau für Futtermittel, stark zurückgegangen ist. Wenn wie bisher fossil-betriebene Autos vollständig dem anthropogenen THG-Emissionen zugerechnet werden obwohl Millionen Menschen keine PKW fahren, so sollte dies auch der Fall für die Tierhaltung sein wo ebenfalls Millionen Menschen wenig oder gar keine Produkte aus tierischen Erzeugnissen konsumieren. Prinzipiell, sei die Atmung der Tiere aus der Tierhaltung nicht für das menschliche Überleben notwendig, so der Studienautor des Worldwatch Institutes. Die zwei beschriebenen Studien weisen folgende Werte und Begründungen auf:

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Zusammengefasst kann gesagt werden, dass unabhängig davon ob nun der Studie mit den konservativeren oder jener mit den großzügigeren Annahmen Glauben geschenkt wird, die Tierhaltung einen wesentlichen Anteil (mindestens so groß wie der Transportsektor) an den weltweit emittierten Treibhausgasen hat.

• Güllemanagement & Feinstaub

Das hohe örtliche Aufkommen von Gülle in Großbetrieben führt oftmals zu einem Überschuss, der nicht auf den zur Verfügung stehenden Ackerflächen in den Nährstoffkreislauf untergebracht werden kann. Eine übermäßige Ausbringung von Gülle kann durch ihren Gehalt von Nitrat und Phosphat das Grundwasser belasten, weshalb Nitrat-Grenzwerte eingehalten werden müssen. Um diese nicht zu überschreiten muss ein effizientes und oftmals auch aufwendiges Güllemanagement umgesetzt werden.

Ein weiteres Problem ist die Bildung des Ammoniaks innerhalb der Tierhaltung, das bei der Zersetzung von Harnstoff oder Eiweiß in den Exkrementen entsteht. Die ökologischen Auswirkungen reichen von der Versauerung der Böden und Gewässer über der Belastung von nährstoffarmen Flächen mit Stickstoff bis hin zur Bildung von sekundärem Feinstaub. Letzteres wird verursacht durch die Reaktion von Ammoniak mit anderen Gasen zu gesundheitswirksamen Partikeln. Das EU-Projekt SEFIRA befragte rund 16.000 EU-Bürger zu ihrer Einschätzung der Feinstaubentstehung nach Sektor und stellte diese den tatsächlichen Messwerten gegenüber. Dabei kam heraus, dass die Großlandwirtschaft, deren Ammoniakemissionen vor allem der Tierhaltung zuzuschreiben sind, völlig unterschätzt wurden.

Ergebnisse der Gegeüberstellung von Meinung (links) und Messung (rechts) zur Feinstaubenstehung nach Bereich:

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Fazit

Insgesamt kann behauptet werden, dass jeder einen aktiven und bedeutsamen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz bei der täglichen Wahl seiner Nahrungsmittel leisten kann. Aus ökologischer Sicht ist Fleisch nicht immer bedenklich – Der Aufwand, den Auswirkungen und letztlich dem Lebewesen hinter dem Fleisch sollte zumindest mit der Wertschätzung begegnet werden das es verdient, indem die Banalität und die niedrigen Kosten des alltägliche Fleischkonsums durch einen reflektiertes Konsumverhalten ersetzt werden. Dieses räumt fleischlosen Mahlzeiten Priorität ein und wenn Fleisch doch aufgetischt wird, dann mit entsprechender Qualität und Wertschätzung.

Würden wir uns etwa nur von Fleisch von Österreichs Alm- und Weidentierhaltung konsumieren, so müssten wir unseren Verbrauch auf 6,4 kg/Kopf reduzieren, was im Vergleich zu derzeitigen Verbrauch (65,1 kg pro Kopf in 2013) eine Reduktion um 90% darstellt.

Durch eine starke Abnahme des Fleischkonsums wäre sogar ein kompletter Verzicht von importierten Futter- und Nahrungsmittel möglich, wodurch Österreich praktisch ernährungssouverän wäre.

Die Besonderheit dieser Maßnahme liegt darin, dass eine Reduktion des Fleischkonsums vielen Bereichen (Biodiversität, Klimaschutz, Gesundheit, Importunabhängigkeit, Ethik, Wertschätzung) zugutekommt und eine hohe Auswirkung auf den globalen Umweltschutz hat, obwohl die Kosten gering oder sogar zu Ersparnissen werden, denn Fleisch ist nicht immer billig. Dem einen oder anderen sollte es sogar freuen mit neuen Rezepten, neue Geschmäcker kennenzulernen.

Quellen:

Studie des Worldwatch Institutes:

http://www.worldwatch.org/node/6294

Studie FAO:

http://www.un.org/apps/news/story.asp

Feinstaub durch Tierhaltung:

https://medienportal.univie.ac.at/uniview/forschung/detailansicht/artikel/die-luft-die-wir-atmen/

?NewsID=20772#.WeClSGi0M2w

Umweltbundesamt - Feinstaubenstehung & Maßnahmen

Infografik zum Feinstaub

Sojaimport:

Österreich: http://science.orf.at/stories/2782756/

Weltweit: http://www.sojatoaster.com/hintergrundinfos/sojaanbau-globale-mengenverteilung-und-mengenstroeme/

Diskussion zum Beitrag der Tierhaltung am Klimawandel:

https://www.global2000.at/news/tierproduktion-hat-gro%C3%9Fen-einfluss-auf-klimawandel

http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/luft/treibhausgase/

Güllemangement:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-05/guelle-massentierhaltung

http://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/internationale-agrarpolitik/bodenpolitik/

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