"Esoterisches Geschwurbel" oder "Wissenschaft" - der Versuch einer Annäherung aus Sicht des Konfliktmanagements

In regelmäßigen Abständen krachen zwei Welten aufeinander, zu denen es auf den ersten Blick den Eindruck macht, als könnten sie unterschiedlicher nicht sein: während die Anhängerinnen und Anhänger der einen Seite darauf bestehen, dass nur mit traditionellen wissenschaftlichen Methoden entwickelte Praktiken als richtig qualifiziert werden können, wird auf der anderen Seite ein scheinbar einzig aus übersinnlichen Phänomenen abgeleiteter Weg als alternativenlos dargestellt. Da wird rasch von "esoterischem Geschwurbel, welches als Expertenwissen angepriesen wird", gesprochen, während von der anderen Seite mit dem Vorwurf der ignoraten Präpotenz gekontert wird, derer es benötige um zu behaupten, die Naturgesetze durchschaut zu haben und alles auf wissenschaftliche Begründungen reduzieren zu können.

In den letzten Tagen hat sich dieser Kampf der Weltanschauungen wieder zugespitzt am Beispiel der Frage, ob Impfstoffe der Gesundheit der Menschen dienlich sind. Da wurde von der einen Seite ins Treffen geführt, dass zahlreiche Krankheiten, die einst gefürchtet wurden wegen der epidemischen Ausbreitung und der gravierenden Beeinträchtigungen der Erkrankten bis hin zum Tod, durch Impfprogramme weitestgehend zurückgedrängt wurden. Das andere Lager wusste währenddessen von Impfschäden zu berichten, welche irreparable Schädigungen nach sich gezogen haben. Was ist nun richtig, was ist falsch? Eine Frage der Perspektive natürlich. Was dabei abstrakt nach einem interessanten Schlagabtausch aussieht, kann in einer Familie, in welcher es darum geht, zu entscheiden, ob das eigene Kind geimpft wird, einen dramatischen Verlauf nehmen. Spätestens vor diesem Hintergrund ist es daher interessant, sich der Auseinandersetzung von Seiten des Konfliktmanagements zu nähern. Hilfreich ist es in solchen Fällen, den Bedürfnissen, welche den in solchen hitzigen Diskussionen den Emotionen Nahrung geben, auf den Zahn zu fühlen.

Unbestritten ist beiden Seiten wichtig, dass die Gesundheit des Menschen bestmöglich bewahrt wird. Denn: wer sieht sich oder seine Familie schon gern dem Risiko ausgesetzt, gesundheitlichen Schaden zu nehmen oder gar zu sterben. Vor allem dann, wenn man mit der Gewissheit leben muss, dass eine eigene Entscheidung das Leid hätte vermeiden können. Es geht also um die körperliche Integrität, es geht aber auch um Sicherheit: die Gewissheit, vor eine eigenverantwortliche Entscheidung gestellt zu sein, lässt neben dem Umstand, dass es hier um fundamentale Grundbedürfnisse geht, einen hohen Anspruch auf Informationen aufkommen, derer es bedarf, um Zweifel an der Richtigkeit der eigenen Festlegung weitestgehend ausräumen zu können. Von entscheidender Bedeutung darüber, ob ruhigen Gewissens entschieden werden kann, ist es daher, neutrale Parameter in Form von außer Streit stellbaren Informationen zu bekommen.

Welche Informationen bieten sich hier an:

Zum einen werden es historische und statistische Daten sein, welche eine Grundlage bilden können. Zwar kann man nun Verschwörungstheorien Glauben schenken, wonach etwa alle Berichte über die dramatischen Auswirkungen der Diphterie vor der Aufnahme des Kampfes gegen die Krankheit mit Maßnahmen zur Erreichung einer möglichst hohen Impfquote Werbegags der Pharmaindustrie seien. Doch, Hand aufs Herz: wer glaubt das wirklich? Sehr wahrscheinlich wird man also außer Streit stellen können, dass es Impfstoffe waren, welche die Menschheit auf unserem Kontinent von der Geissel so mancher Krankheit bereits befreien konnten.

Weiters wird es hilfreich sein, möglichst umfassend informiert zu werden über Inhaltsstoffe und Wirkweise von Impfseren. Je mehr man weiß über die Entwicklung, je mehr man erfährt über Testergebnisse und Verfahren, um bereits im Labor festgestellte potenzielle Risiken auszuschließen, desto mehr wird man Vertrauen aufbauen können.

Natürlich ist eine Brücke zwischen den abstrakten Informationen und dem betroffenen konkreten Körper, welcher imunisiert werden soll, ebenfalls hilfreich. Titerkontrollen können dies bieten: hier kann im Vorfeld getestet werden, ob allenfalls ausreichend Antikörper gebildet sind, welche eine (Auffrischung der) Impfung (noch) nicht notwendig machen und diese daher tatsächlich nur unnötiges Risiko ohne erwartbaren Mehrwert darstellen würde.

Der Brückenschluss zwischen Alternativansätzen und der schulmedizinisch gesehen Notwendigkeit selbst kann schließlich erfolgen, indem darüber hinaus eine wertschätzende Kombination gefunden wird: wieso soll es nicht helfen, unterstützend zur schulmedizinischen Haltung alternative Methoden einzusetzen, wenn diese als wohltuend empfunden werden? Umgekehrt wird "Du machst mich krank" schließlich ja auch oftmals von Hardcoreanhängerinnen und -anhängern der auf traditionellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauenden Anwendungen gesagt und sogar empfunden; obwohl man weiß, dass das Gegenüber kein Bakterium darstellt nur weil es einen anderen Standpunkt mit Beharrlichkeit vertritt, bekommt man an Krankheitssymptome erinnernde Zustände, gegen die kein Medikament so recht hilft. Sehr wohl aber so manches "esoterische Geschwurbel", welches dabei hilft, über den bloßen Glauben daran die sich aufbauende Phantomkrankheit einfach wieder wegzuschieben. Diese Wirkung kann man daher durchaus auch zugestehen, wenn es darum geht, schulmedizinische Maßnahmen unterstützend zu begleiten. Wer weiß, vielleicht sinkt ja damit sogar die Wahrscheinlichkeit des Eintritts unerwünschter und niemals gänzlich auszuschließender Nebenwirkungen?

Zusammenfassend ist festzustellen, dass überhitzte und nur auf Glaubensfragen aufgestellte Diskussionen hier wenig helfen. Ganz im Gegenteil werden vermeintliche Kluften zwischen den Standpunkten damit nur noch tiefer geschlagen und bekommen einen Stellenwert eingeräumt, welcher lediglich eines bewirkt: beide Seiten noch weiter vom eigentlichen Ziel zu entfernen. Wie auch in so vielen anderen Bereichen ist hier eine von Wertschätzung getragene Auseinandersetzung mit den bestehenden Bedürfnissen wesentlich hilfreicher, Lösungen zu finden, welche einem auf Selbstbestimmung aufbauenden friedlichen Miteinander gerecht werden.

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