Vor 358 Tagen habe ich im Kreissaal völlig erschöpft meinen Sohn in die Arme geschlossen und erst einmal gestaunt. Dieser winzige, perfekte Mensch ist da also in meinem Bauch gewachsen, quasi von selbst. Keiner musste sich um irgendetwas kümmern. Nahrung, Wärme und Nähe waren ohne Unterbrechung ständig vorhanden. Full Service rund um die Uhr, Hotel Mama all inclusive. Wow!
Ich glaube, als mir dann bewusst wurde, dass das nun nicht mehr so einfach läuft, dass diesen perfekten Service nun ich erbringen muss, hat mein Kreislauf kurz versagt. Jedenfalls war ich sehr erleichtert, dass in diesem Moment mein Mann ein wachsames Auge auf unseren Sohn hatte.
In den darauf folgenden Wochen und Monate habe ich mich wie eine Praktikantin in einem neuen Unternehmen gefühlt. Prinzipiell macht die Arbeit Spaß, aber es ist sehr anstrengend, weil alles neu ist. Erschwerend kommt dazu, dass kein Tag wie der andere ist und sich so etwas wie Routine oder ein Rhythmus einfach nicht einstellen will. Und was man als Mama plötzlich alles bedenken muss? Mal eben schnell das Haus verlassen, nur mit der Bankomatkarte und dem Schlüssel in der Hosentasche ist grob fahrlässig. Und mit einem Kinderwagen einkaufen gehen ist auch alles andere als praktisch. Ich habe meine Heimatstadt neu entdeckt und habe nun völlig neue Geschäfte des Vertrauens. Barrierefrei müssen sie sein, ein WC in dem ich notfalls auch mal wickeln kann und neuerdings kommt noch der Faktor Lärmresistenz dazu.
Schenk uns bitte ein Like auf Facebook! #meinungsfreiheit #pressefreiheit
Danke!
Und dabei habe ich noch Glück. Keine Schreikrämpfe, weder tagsüber noch in der Nacht, und auch sonst keine Allergien oder erste Krankheiten. Lästig war eigentlich nur das ständige Speien der Milch. Im besten Fall musste ich nur ihn neu anziehen, häufig hat es aber auch mich erwischt. Kein schöner Moment, wenn du eigentlich schon in der Türschwelle stehst und dann doch wieder umdrehen musst, weil dir die warme, erbrochene Milch am BH vorbei Richtung Bauchnabel rinnt. Kein schöner Moment.
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich in den erstenacht Monaten weder Zeitungen noch Nachrichten verfolgt habe. Denn immer wenn mein Sohn geschlafen hat, habe ich schnell das Chaos im Haushalt reduziert oder mich um meine eigenen Grundbedürfnisse gekümmert. Also waschen, schlafen oder essen. Manchmal habe ich eine Tafel Marzipanschokolade in weniger als einer Minute verpuzt. Es grenzt an ein Wunder, dass ich trotzdem relativ schnell wieder in meine alten Hosen gepasst habe.
Er hat sich prächtig entwickelt und krabbelt seit einigen Wochen wissbegierig durch die Wohnung. Das Spielzeug schaut er nur an, wenn es sein muss. Wirklich interessant sind andere Gegenstände: z.B. der Geschirrspüler, die Waschmaschine oder der Staubsauger. Nicht zu vergessen das Handy. Du meine Güte, was hat Kinder eigentlich vor der Erfindung der Handys derart begeistert?
Meinen Tagesablauf, was ich denke und wie ich mich fühle bestimmt mein Sohn. Und trotz dieser Fremdbestimmtheit bin ich glücklich, verspüre einen tiefen Sinn in meiner Arbeit. Ob ich mein altes Leben, also vor ihm, wiederhaben will? Nein, keinefalls. Gott bewahre!!!Was ich aber ein wenig vermisse ist ein Teil meiner Persönlichkeit. Jener Teil, der sich für Politik und die Gesellschaft interessiert.
Es bleibt also dabei. Immer wenn mein Sohn schläft, kümmere ich mich um den Haushalt oder um meine Grundbedürfnisse. Eines davon ist nun auch wieder Anteil haben an der Welt da draußen, abseits von Windeln und Babyspielzeug.
Wenn ich schreibe sortiere ich meine Gedanken, was sich beruhigend anfühlt. Und da dies ein öffentlicher Blog ist, muss ich mich um einen halbwegs vernünftigen Schreibstil bemühen, was meinem Intellekt durchaus gut tut.
Das ist er also, mein neuer Plan. Immer mal wieder auftauchen in der realen Welt. Immer dann, wenn mein Sohn endlich schläft.