Ich verstehe die Aufregung um den Wiener Bürgermeister nicht, die sein jüngster Sager hinsichtlich längerer Anwesenhet der Lehrer in den Klassen verursacht hat.  Michael Häupl ist eben ein Mann der direkten Worte, was allerdings innerhalb der Politikerkaste eher die Ausnahme ist.

Man muss nicht unbedingt die politische Anschauung Häupls teilen. Über seine 20-jährige Amtszeit als Bürgermeister und was er damit bewirkt hat, kann man geteilter Meinung sein. Als Michael Häupl ist er ein Wiener Original und als solches für uns Journalisten ein dankbarer Spender origineller Worte, nach denen wir naturgemäß gieren.

Häupl ist mehr als ein flotter Spücheklopfer und grantelnder Machtmensch. Er zeigt durchaus Bereitschaft zur Selbstreflexion. "Ich bin ein lockerer Bursche" wusste er schon 2008 von sich. "Ich bin Bürgermeister, und nicht Gott" erkannte er ein Jahr später und wies damit jene in die Schranken, die ihn auf diese Metaebene heben wollten.

Häupl war sich schon Ende der Neunzigerjahre sicher, dass seine Partei, die SPÖ, die lustigere Partei sei, "wenn ich mir die mieselsüchtigen Koffer anschaue, die so rum Rennen" meinte in Richtung des politischen Gegners. Unvergesslich sein Sager vor zehn Jahren, Wahlkampf bedeute eine Zeit fokussierter Unintelligenz.

Also was soll's, Häupl war Häupl, authentisch, einfach er selbst, als er diese Woche zum Besten gab, dass er nach 22 Stunden Arbeitszeit schon Dienstag Mittag nach Hause gehen könnte. Womit er wohl selbst nicht an seine Arbeit am Schreibtisch gedacht hat, sondern seine ausufernde Tätigkeiten beim Durchschneiden roter Bänder und abendliche Lokalaugenscheine in diversen Schanigärten und Beiseln samt Verkostung unzähliger Fluchtachterln in seine Betrachtung mit einbezogen hat.

Häupl vergrub bei dem Pressetermin gewohnt gekonnt seine beiden Hände in die Hosentaschen, was ihm eine gewisse Lässigkeit verlieh, allerdings auch gehörig am Sakkoknopf über der mächtigen Wampe zerrte, und knurrte eben besagten 22-Stundensager Richtung Journalisten.

Wie philosophierte Häupl 2012 schon so goldrichtig? "Die Politiker von morgen werden immer mehr trockene Managertypen. Wir Entertainer sterben aus." Welch wahre Worte.

Fotocredit: news.at

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Bernhard Juranek

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