The green army

Wenn der amerikanische Präsident plötzlich davon spricht, dass der Planet gerettet werden muss, fällt mir eine alte Geschichte ein:

Mein lieber Mentor, Prof. Frederick Mayer, animierte mich 1990 dazu, doch gemeinsam mit ein paar Beamten der UNIDO hier in Wien eine Umweltschutzorganisation ins Leben zu rufen. Wir gründeten also die IACT (ich handle, Abkürzung von International Association for Clean Technology). Was braucht es nach der Vereinsgründung? Klar, ein Logo. Meine gezeichneten Entwürfe zeigten ein Blatt, eine offenen Hand und einem Tropfen. Mein Marketing-Berater meinte, das sei ein Topfen und schlug seinerseits einen Schriftzug aus weißen Grossbuchstaben und Punkten in einem hellblauen Rechteck vor: I.A.C.T.

Das schaute echt stark und cool aus. Damit konnten wir die US EPA (Environmental Protection Agency) dafür gewinnen, mit uns gemeinsam einen Umweltkongress in Washington D.C. zu organisieren. Die Agency hatte mächtigen Respekt vor uns wegen dem Schriftzug, weil die hatten als Marke ein altbachenes blaues Blumerl, dem das Wasser bis zum Hals stand. Die Amerikaner mit ihrem Verein mit 30.000 Mitarbeitern hatten ja keine Ahnung, dass wir nur zu fünft waren plus einem Logo!

Ich wurde auch eingeladen, dort einen Vortrag zu halten und wusste überhaupt nicht, was ich als Psychologe da sagen sollte. Außedem war mein Englisch damals mehr als miserabel. In Konversationen rang ich ständig nach Worten und fand sie nicht...

Nach einigem Nachdenken kam mir die Idee der "green army". Die Sache ist höchst simpel erklärt: Man belässt die Verteidigungsbudgets in allen Ländern auf gleichem Niveau und ändert den Verteidigungsauftrag von Vater Staat auf Mutter Erde. Das Militär verfügt über jede Menge Infrastruktur, Transportkapazitäten, Logistik, Messgerät und die Bereitschaft in der Natur zu arbeiten - ideale Voraussetzungen also, um Umweltverteidigung-, Transport-, Versorgungs-, Prüf- und Mess-Tägigkeiten zu erfüllen. Nur die schweren Waffen müssten verschrottet werden. Wenn sich die Armeen zusammen schließen, was bei UN-Missionen in Mini-Form ohnehin schon passiert und ihre Funktion als Katastrophenschützer (wie in Österreich gang und gebe) ausweiten, dann kann doch Maximales bewirkt werden gegen den Klimawandel.

Die Idee fand Anklang bei meinem Verein und einigen Bekannten. Ich wollte vor dem USA-Aufenthalt noch etwas nationale "Rückendeckung" einholen und organisierte mir einen Termin mit dem österreichischen Verteidigungs-Minister. Der empfang mich zwar, blickte mich freundlich an und hörte mir mit einer gut gespielten, interessierten Miene zu. Ich konnte nur ahnen, dass er mich für völlig verrückt hielt. Der Brigardier, der mich ins Ministerzimmer geleitete war für Öffentlichkeitsarbeit zuständig und zeigte echtes Interesse. Bei einem längeren Gespräch gestand er mir, dass er das Bundesheer satt habe und lieber Unternehmensberater wie ich wäre. Ich bot ihm an, bei mir ins Consulting einzusteigen. Er quittierte den Dienst mit der Waffe und arbeitete als Partner jahrelang bei mir. Immerhin ein Teilerfolg.

Als ich bei meinem ersten Amerika-Besuch überhaupt in Washington eintraf, traute ich meinen Augen nicht: Bei der Konferenz waren über tausend Teilnehmer/innen aus mehr als 60 Ländern und jede Menge NGOs, NPOs wie Greenpeace etc. Die US EPA hatte hervorragende Arbeit geleistet für uns. Mir fielen ein paar schwarz gekleidete Männer mit verspiegelten Sonnenbrillen auf und ich erkundigte mich bei Sonja wer die denn seien. Sie flüsterte, dass man eben nicht verhindert könne, wenn die Mafia da auch dabei ist. Die lebten davon, dass sie sich für die Abnahme von Giftmüll ("hazardous waste";) von der Industrie bezahlen ließen, um das Zeug dann in unzugängliche Täler auf Karibik-Inseln abzuladen. Als Gegengewicht traf ich dort auch einen Professor aus Trinidad mit Super-Dread-Locks, der die ganze Zeit an Evakuierungsplänen für die Karibik arbeitete. Sympathischer Kerl.

Ich startete meinen Vortrag über die "green army" und hatte kaum dreißig Sekunden geredet, als vier Zweimeter-Kerle mit Bürstenhaarschnitt in der letzten Reihe aufsprangen und mich durch den Saal anbrüllten: "You will not get many friends in the United States if you try to promote such ideas!" Ich war so schockiert und versuchte noch einen zaghaften Versuch, dass man doch wenigstens darüber reden sollte. Die Typen gaben mir keine Chance und ich musste leider den Vortrag abbrechen und den Saal verlassen. Irgendwie hatte ich hinterher dennoch das Gefühl, in das Wespennest des militärischen Komplexes mit genug Brisanz gestochen zu haben.

Die Arbeit im Verein wurde hier in Wien echt schwierig, weil unsere Chefin sehr viel Rücksicht auf Befindlichkeiten in der UNIDO nehmen musste. Später stieg ich mit dem Gefühl aus, nichts bewegen zu können. Der Verein löste sich auf. Einzig Greenpeace übernahm den Teil ACT in ihr Programm. Den drucken sie auf alle Broschüren, aber ich weiss nicht, ob etwas dahinter steckt.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:14

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