Von Kai Rebmann
„Das afghanische Generalkonsulat der Stadt Bonn, Deutschland, nimmt seine Tätigkeit wieder auf.“ So steht es in einer Mitteilung des Bundesaußenministeriums, die nüchterner kaum formuliert sein könnte – dafür aber umso mehr Sprengkraft birgt. Denn quasi im Kleingedruckten erfährt der Leser, dass die erst vor wenigen Wochen geschlossene und jetzt wieder eröffnete Einrichtung von einem Gesandten der Taliban geführt wird.
Mit dem offiziellen Titel eines Generalkonsuls darf sich dieser Vertreter Afghanistans zwar nicht schmücken, zumindest noch nicht, wie ein Sprecher des Außenministeriums betont. Dennoch darf dieser Akt als ein weiterer Schritt in Richtung Anerkennung der Steinzeit-Islamisten als rechtmäßige Regierung am Hindukusch gewertet werden.
Die Debatte, ob und wenn ja, wie mit den Taliban umzugehen ist, wird seit Monaten geführt. Letztlich führt kein Weg an wie auch immer gearteten diplomatischen Beziehungen nach Kabul vorbei, wenn Abschiebungen nach Afghanistan – insbesondere von Straftätern – über kurz oder lang wieder möglich gemacht werden sollen. Eine zufriedenstellende Lösung ist bislang jedoch nicht in Sicht, zumal ganz aktuell immer noch Afghanen in Richtung Deutschland strömen und tausende sogenannte „Ortskräfte“ aufgrund von Altlasten aus Ampel-Zeiten sogar noch eingeflogen werden müssen.
Hochsensible Daten fallen Taliban in die Hände
Erst im Oktober hatte Hamid Nangialay Kabiri, der seitherige afghanische Generalkonsul in Bonn, die Brocken hingeworfen – ironischerweise aus ausdrücklichem Protest gegen das Taliban-Regime in seiner Heimat. Die Folge war die Schließung der Auslandsvertretung. Dass die Institution jetzt nur wenige Wochen später unter neuer Führung ihre Pforten wieder öffnet, ist nicht nur ein Affront gegen den Ex-Diplomaten, sondern könnte auch weitreichende Folgen für die Migrationspolitik der schwarz-roten Koalition haben.
Durch die Wiedereröffnung und gleichzeitige Installation eines linientreuen Gefolgsmannes in Bonn erhalten die Taliban automatisch auch Zugriff auf hochsensible Daten von Landsleuten, die vor eben diesem Regime ins Ausland geflohen sind. Und davon sind nicht nur in Deutschland lebende Afghanen betroffen, sondern auch solche in anderen europäischen Ländern, ja sogar in Australien, Kanada oder weiteren Drittländern. In einem ARD-Bericht wird das Generalkonsulat in Bonn als „Knotenpunkt für die IT-Systeme“ afghanischer Botschaften und Konsulate in eben den genannten Ländern und Regionen bezeichnet.
Bei den einschlägig bekannten NGOs dürfte das Scharren mit den Hufen nicht nur, aber vor allem deshalb längst begonnen haben. Die erwartbare Argumentation wird lauten, dass insbesondere noch in Afghanistan lebende Angehörige von Flüchtlingen nicht mehr sicher seien und diesen deshalb ebenfalls Asyl gewährt werden müsse. Kabiri bezeichnete die Übernahme des Generalkonsulats in Bonn durch die Taliban bereits als „inakzeptabel“ und „ernsthafte Bedrohung“ für seine Landsleute.
Und tatsächlich geht der Ex-Generalkonsul mit dem entsprechenden Beispiel voran. Fast postwendend auf den Einzug des Taliban-Vertreters in Bonn stellte der als offener Kritiker des Regimes geltende Kabiri einen Antrag auf Asyl in Deutschland – dem Vernehmen nach mit sehr guten Aussichten auf Erfolg.
Wer verkauft da wohl Deutschland an die Taliban?