Die gegenwärtige Entwicklung in der nordamerikanischen Industrie ist geprägt von einer bemerkenswerten Abwanderung großer US-Konzerne nach Kanada. Unternehmen wie Tesla, General Motors, Ford, Coca-Cola und Campbell Soup verlagern milliardenschwere Investitionen zunehmend in den Norden, insbesondere nach Ontario und Quebec. Treibende Kraft hinter diesem Trend sind mehrere Faktoren, die das industrielle Umfeld in den USA zunehmend unattraktiv machen.
Ein wesentlicher Auslöser ist die massive Erhöhung der Zölle auf Stahl und Aluminium um 50 % durch die US-Regierung. Diese Maßnahme, offiziell mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet, führt in der Praxis zu drastisch steigenden Produktionskosten. So ist beispielsweise der Aluminiumimportpreis um 27 % gestiegen, was für Automobilhersteller wie GM Mehrkosten von fast 4.900 US-Dollar pro Fahrzeug bedeuten kann. In einem Markt, in dem die Verbraucherpreise kaum noch erhöht werden können, bleibt den Unternehmen oft nur die Verlagerung der Produktion ins Ausland.
Kanada bietet im Vergleich zu den USA entscheidende Standortvorteile. Industriestrom ist dort deutlich günstiger: In Quebec zahlen Unternehmen nur etwa 5,7 Cent pro Kilowattstunde, während in Detroit über 10 Cent fällig werden. Diese Differenz führt zu jährlichen Einsparungen in Millionenhöhe für energieintensive Betriebe wie Tesla oder Alcoa. Hinzu kommt, dass kanadische Provinzen großzügige Subventionen, Steuervergünstigungen und Förderprogramme bereitstellen, die den Aufbau neuer Werke und Infrastruktur massiv unterstützen. Beispielsweise lockt Quebec mit Steuervergünstigungen, Lohnzuschüssen und sogar dem schnellen Ausbau von Bahnverbindungen für die Industrie.
Ein weiteres Argument für Kanada sind die schnellen und effizienten Genehmigungsverfahren. Während in den USA Umweltprüfungen für neue Fabriken bis zu zwei Jahre dauern können, garantiert das neue kanadische Gesetz, dass Genehmigungen für nationale Industrieprojekte binnen 90 Tagen erteilt werden. Diese Planbarkeit ist für Unternehmen im globalen Wettbewerb entscheidend.
Die Folgen für die USA sind gravierend: Arbeitsplätze gehen verloren, ganze Lieferketten verlagern sich, und das Rückgrat der amerikanischen Mittelschicht wird geschwächt. In Bundesstaaten wie Michigan und Ohio stehen Tausende Industriearbeitsplätze auf dem Spiel, während in Kanada neue, gut bezahlte Jobs entstehen. Analysten warnen, dass bis zu 30 % der Gewinnmargen großer US-Unternehmen durch die neuen Zölle aufgezehrt werden könnten. Gleichzeitig profitieren kanadische Regionen von einem Boom im Bereich grüner Technologien, Batteriefertigung und Metallverarbeitung.
Diese Entwicklung verdeutlicht, dass politische Symbolik wie „America First“ und protektionistische Maßnahmen in einer globalisierten Wirtschaft oft das Gegenteil des Beabsichtigten bewirken. Unternehmen entscheiden sich zunehmend für Standorte, die günstige Energie, effiziente Prozesse und verlässliche Rahmenbedingungen bieten – und das ist Kanada.