Wo wäre Kadi jetzt ohne Schlepper?

Ich habe vor einem Jahr mit einem 18-jährigem Mann aus Afghanistan gesprochen. Er hat mir seine Geschichte erzählt. Seine Eltern haben als angesehene Familie mit ihm und seinen Bruder in einem Haus gewohnt. Aber als der Vater starb, waren die Mutter und die beiden Söhne nicht mehr sicher. Ohne "Mann" im Haus war es auf einmal so, als gehöre ihnen das Haus gar nicht mehr. Die Mutter wusste, sie musste ihre Söhne (9 und 13 Jahre) schnell wo anders hinbringen (er erklärte mir, da gab es Familienfehden, so eine Art Vendetta). Mit irgend einem weitschichtigen Onkel bemühte sich die Mutter nun, ihre Söhne außer Land zu bringen (am besten nach Amerika). Also wurde (nennen wir meinen Gesprächspartner einfach Kadi) der 9-jährige Kadi gemeinsam mit seinem Bruder und noch viele anderen Menschen in einen LKW gesetzt und Richtung Iran gebracht.

An der Grenze zur Türkei wurde der LKW aufgehalten und einige Leute verhaftet, andere konnten davon laufen. Der kleine Kadi wurde auch festgenommen, seinen Bruder trennt man von ihm. Nach zwei Tagen im Gefängnis, stellte man Kadi einfach vor die Tür. Doch ein Mann aus Afghanistan (auch aus dem LKW)  nahm sich seiner an  und organisierte eine Weiterreise in das Land mit den unbegrenzten Möglichkeiten. Kadi steckte man in  den Radkasten des Fahrzeuges. "ich passte da genau hinein, bekam aber den ganzen Dreck der Straße ins Gesicht. Meine ganze Haut juckte und nach einiger Zeit spürte ich mich kaum mehr".

Mit kleinen Bewegungs-Pausen schaffte Kadi diese Höllenfahrt bis nach Österreich. Dort wurde es dem Fahrer zu brenzlig (So genau weiß Kadi aber nicht, was da gelaufen ist) und er ließ alle Leute, mitten in der Pampas, irgendwo in der Nähe der A2 aussteigen. Kadi aber nahm er bis zu einer Polizeistation mit und ließ ihn dort aussteigen. Einen halben Tag sei er dort vor dem Gebäude herumgesessen – bis ihn jemand ansprach und ihn auf die Station mitnahm. Die Polizisten organisierten einen Dolmetscher und brachten den Jungen in ein Jugendheim in der Hinterbrühl. Kadi kam zwar niemals nach Amerika, hat aber eine Lehre als Mechaniker abgeschlossen und es sogar geschafft, Kontakt zu seine Mutter zu bekommen. Er plant, diese zu sich nach Österreich zu holen.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:00

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