Es wirkt mittlerweile wie ein Volkssport: Deutschland verliert wieder einmal den Anschluss – egal ob bei den großen Zukunftsthemen oder im feinen kulinarischen Detail. Während anderswo Solarzellen von Dächern glänzen und Windräder die Stromnetze pulsieren lassen, herrscht hierzulande erstaunliche Einfallsarmut. Die Wärmepumpe bedeckt das Land höchstens als Schlagzeile im Amtsblatt, nicht als brummende Realität im Heizungskeller. Die Pioniere von morgen – Forscher, Start-ups, Mittelständler – packen ihre Innovationen und Koffer und wandern aus; Tech made in Germany verschwindet wie die berühmten weißen Flecken im deutschen Handynetz.
Das Auto – einst das nationale Heiligtum – rollt elektrisch längst am deutschen Selbstverständnis vorbei. Während der Rest Europas nach vorne fährt, quälen sich Politik und Industrie durch Fragen nach Ladesäulen, Arbeitsplätzen und dem richtigen Strommix. E-Autos aus China und den USA feiern Markterfolge, während Deutschland grübelt, fördert und zweifelt.
Im Getränkeregal erleben wir paradoxerweise eine bemerkenswerte Dynamik: **Alkoholfreies Bier hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, sein Marktanteil liegt inzwischen bei etwa neun Prozent** Moderne Brauverfahren, Geschmack und Lebensstil der Konsumenten befeuern diesen Boom. Wer heute ein Bier ohne Alkohol bestellt, erntet längst keine mitleidigen Blicke mehr – das alkoholfreie Bier ist auf dem Weg zur dritten Kraft im Biermarkt, gleich hinter Pils und Hellbier.
Beim **alkoholfreien Wein** schaut Deutschland jedoch wieder in die Röhre. Internationale Märkte florieren, doch deutsche Winzer zögern, Qualitätswein konsequent auch ohne Alkohol zu produzieren. Während Start-ups aus Spanien und Frankreich den Nerv moderner, gesundheitsbewusster Konsumenten treffen, beschränkt sich das Angebot hier meist auf belanglose Entalkoholisierungs-Experimente mit Geschmack von Traubensaft und Trauer. Die Verbraucher trinken lieber exportierten 0,0-Wein aus dem Ausland als fade deutsche Varianten – wieder einmal verliert Deutschland den Anschluss bei einer Zukunftskategorie, weil man nicht rechtzeitig auf Trends, Technik und Lebensstil reagiert.
Ob Energie, Mobilität oder Wein: **Deutschland verschläft die Zeitenwende**. Die Bremse ist fester Bestandteil der kollektiven DNA, Chancen erkennt man hierzulande oft erst, wenn der Rest der Welt sie längst genutzt hat. Und so bleibt Deutschland am Ende mit Warmwasser im Heizungskeller, altem Diesel vor der Tür – und einem Glas halbsüßem alkoholfreien Wein, den keiner will. Prost und Gute Nacht, Zukunft.