Unser erstes, durchaus prominentes Modell trägt zum scharfen Scheitel ein marineblaues Fred-Perry-T-Shirt mit abgesetzten Doppelstreifen an Ärmel und Kragen. Die großflächige Pilotensonnenbrille prägt das Gesicht, hinter dessen Stirn das Konzept der „Remigration“ genannten Deportationen ausgeheckt wurde. Ein stimmiges Outfit für kommende Geheimtreffen in Potsdam oder anderswo. Geht es hier noch eher salopp zu, hat unser nächstes Modell ein tiefdunkelblaues Sakko gewählt, dazu eine weiße Hose und ein dezent gestreiftes hellblaues Hemd mit offenem Kragen. Der graue Vollbart und die spitz zulaufenden grauen Haare geben der ganzen Erscheinung etwas dezent Seriöses. Wir können ihn uns als Kapitän eines „Defend-Europe“-Schiffes vorstellen, der kernig kulturfremden Invasoren den Zutritt in die von ihm geliebte Heimat verwehrt. Ahoi. Doch auch für‘s Handwerklich-Handfeste ist Platz auf unserem Laufsteg: Der Hausherr selbst schreitet im khakifarbenen T-Shirt und in schwarzer Jeans vor den Toren seines Rittergutes, im Mundwinkel klebt lässig der Zigarillo. Trotz des Bauchansatzes erkennt man: der Mann war mal Soldat. Und züchtet jetzt Ziegen, denn die machen allenfalls „Mäh mäh“, nicht „Krah Krah“.

Kommen wir nun zur Damenmode: Da ist in diesem Jahr die ärmellose weiße Bluse en vogue, dazu ein hellblau-gestreifter weiter Rock. Der dreht sich bestimmt malerisch, wenn man zu den alten Liedern tanzt. Die Frisur ist streng und endet in zwei geflochtenen Zöpfen; neckischer wirkt da doch die Umhängetasche, deren Riemen diagonal zwischen den nicht zu übersehenden Brüsten verläuft. Bereit für Nächte zum Heldenzeugen? Wir dürfen gespannt sein – denn da kommt er auch schon angestiefelt resp. angeturnschuht, der Heldenzeugerheld, mit graublauen New-Balance-Sneakers, schwarzen Söckchen und blauen Shorts. Der Scheitel sitzt straff, der Blick ist entschlossen, die Botschaft klar: „Reconquista“ steht auf dem T-Shirt, ein Retrohemd von 1492, als man in Spanien die Juden und Muslime vertrieb oder tötete. Wer‘s trotzdem überlebte, musste Christ werden. Hier bekennt sich jemand qua Style zu seinen Werten.

Aber auch an Mode für die silver generation ist gedacht: Bei diesem Modell symbolisiert die weiße Bluse zeitlosen Chic (pardon: Schick, wir wollen hier nicht ungefragt welschen), der Rock ist dezent dunkel geblümt, die nackten Füßen stecken in Sandalen. Hier schwingt die Aura der strengen Französischlehrerin mit – oder der evangelikalen Pastorin, die „Kirchenasyl? – nur über meine Leiche“ von der Kanzel predigt. Nicht so gut stehen die Sandalen unserem nächsten Modell – türkisfarbene Socken?! Hallo? Kann man sich auf solche Krieger im nach dem AfD-Verbot drohenden „Bürgerkrieg“ (Rödder) verlassen? Wohl kaum, daran ändert auch die Dockermütze wenig. Umso schnieker kommt unser für heute letztes Modell daher, auch er ein best ager, dem die Flip-Flops ein juveniles Erscheinungsbild verleihen, ebenso wie die dezent gestreifte weiße Stoffhose, die mit dem anthrazitfarbenen Jeanshemd perfekt harmoniert. Seattlebart und Sonnenbrille runden das Bild ebenso ab wie die Schiebermütze in Pfeffer-und-Salz-Optik. Und wer da sneaky feelings wegen peaky blinders bekommt, der sei getröstet: Das waren noch keine Messermänner oder anderes kulturfremdes Volk, das waren gute alte Gangster von daheim.

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Unangenehmer_Zeitgenosse

Unangenehmer_Zeitgenosse bewertete diesen Eintrag 18.07.2025 13:56:20

Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 18.07.2025 13:48:10

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