Wir sind keine Apparatschiks. Frauen, erhebt euch gegen das Schweigen!

Man hätte es fast übersehen können, so routiniert war die Abwicklung: Drei Frauen in verantwortlichen Positionen – sachlich, kompetent, durchsetzungsfähig – wurden in den vergangenen Wochen nicht etwa kritisiert, sondern gezielt beschädigt. Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand, die Sonderbeauftragte Margaretha Sudhof und die Juristin Brosius-Gersdorf – alle drei öffentlich desavouiert, abserviert oder verhindert. Was wie Einzelfälle behandelt wurde, folgt einem Muster: Frauen, die dem Bild der gefälligen Verwaltungskraft entwachsen, werden in Berlin zur Gefahr. Nicht, weil sie Fehler machen – sondern weil sie nicht bereit sind, sie zu decken.

Und während die Union diese Demontage mit kalter Selbstverständlichkeit betrieb, schien es, als würde niemand etwas sagen. Bis Britta Haßelmann, Fraktionschefin der Grünen, das Schweigen brach – und damit das politische Klima veränderte. Haßelmann sprach es aus: dass hier nicht zufällig gehandelt wurde, sondern mit Absicht. Dass das öffentliche Ansehen dieser Frauen systematisch untergraben wurde, weil sie nicht manipulierbar waren. Und dass diese Form der Machtpolitik nicht nur veraltet, sondern brandgefährlich ist.

Seither bebt die Fassade. Ihre Auftritte, etwa bei Markus Lanz, wirken nicht wie moralische Appelle, sondern wie chirurgische Eingriffe in ein System, das gelernt hat, sich gegen Wahrheit zu immunisieren. Haßelmann konfrontiert nicht mit Empörung, sondern mit Klarheit – und trifft damit die SPD ebenso wie die Union ins Mark. Plötzlich müssen sich Bärbel Bas und Lars Klingbeil fragen lassen, warum sie schweigen – oder ob sie schon Teil jener Kultur geworden sind, die Rückgrat für Störfaktor hält.

Denn was hier geschieht, ist mehr als ein parteitaktisches Gerangel. Es ist ein Vorgang, bei dem politische Kompetenz zur Hypothek wird, wenn sie nicht parteikompatibel ist. Es ist die stille Gewalt des Apparats, der nicht brüllt, sondern systematisch korrigiert, aussortiert, kaltstellt. Und es ist eine Form von strukturellem Machtmissbrauch, die längst gelernt hat, sich selbst als „Prozess“ zu tarnen.

Haßelmann hat diesen Prozess gestört. Nicht mit Phrasen, nicht mit Populismus, sondern mit dem präzisen Hinweis auf das, was viele längst sehen und keiner mehr benennt. Sie tut das nicht laut, nicht plakativ – und gerade deshalb wirkt es. Weil es eine Erinnerung ist: Dass Haltung in der Politik mehr ist als ein rhetorisches Kostüm. Dass sie manchmal etwas kostet. Und dass sie im besten Fall etwas verändert.

Die Union mag sich an all dem nicht stören. Für sie ist das Geschäft wie immer: Macht sichern, Kritik abtun, Verantwortung weglächeln. Doch für die SPD ist es längst zur Bewährungsprobe geworden. Wer jetzt noch mitspielt, verliert das Recht, sich später überrascht zu geben. Haßelmann hat den Finger auf die Wunde gelegt. Und damit eine politische Szene bloßgelegt, die lieber Karrieren opfert als Prinzipien wahrt.

Die Frage ist nicht mehr, was passiert ist. Die Frage ist, wer jetzt noch bereit ist, es hinzunehmen.

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