„Refugees welcome!” Kürzlich besuchte ich im englischen Norwich ein von engagierten Bürgern organisiertes Treffen zum Thema der Stunde. Einige waren gekommen um zu helfen, etwa um Medikamente und wärmespendende Kleidung für Flüchtlinge zu sammeln. Andere kamen als neugierige Zaungäste und verfolgen auf wenigen Quadratmetern, zwischen mit Jacken und Decken gefüllten Säcken hockend, eine Debatte, in der vor allem über Sprache gesprochen wurde.
Eine NGO plane eine Demonstration, die im Windschatten der „Tour of Britain“, ein dieser Tage durch die Stadt rollendes Radrennen, Lokalpolitiker zum Handeln zwingen soll. “Cyclists and refugees welcome,” würde man gerne auf einige Banner drucken. Wer könne mit Material aushelfen?
„Radfahrer und Flüchtlinge willkommen“. Eine gute Idee, waren wir uns einig. Aber warum nicht auch Migranten willkommen heißen? Diese Frage beschäftigte nicht nur mich.
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Das sei doch offensichtlich, isn't it!? fragte eine leise Stimme. Die meisten Migranten seien piggybackers, Opportunisten. Ein besorgtes Nuscheln erfüllte den Raum. Im Gegenteil, konterte mein Sitznachbar, Migration sei oft das Nachwehen von Kriegen, die geführt wurden um die Interessen derjenigen Länder durchzusetzen, die sich jetzt sträuben Migranten und Flüchtlinge aufzunehmen. Der Irakkrieg. Tony Blair. Migranten werden als Wirtschaftsflüchtlinge denunziert, während die waren Gründe für die politisch und wirtschaftlich desolate Lage der Herkunftsstaaten ausgespart werden. Der kapitalistische Norden. Die Ausbeutung der Ressourcen des globalen Südens. Sie führe unweigerlich zu Migration, von der wir uns mit bei den Vereinten Nationen eingebrachten Gesetzen und Konventionen abschotten.
Wenn alle Flüchtlinge auch Migranten sind, warum schreibt man dann nicht einfach „Cyclists and migrants welcome“ auf die Banner? Oder würde das den wiedererstarkten nationalistischen Bewegungen in die Hände spielen? Der UK Independence Party. Den rechten Konservativen. Sie alle verbreiten das Gerücht, dass Migranten nur am englischen Sozialsystem interessiert wären. Um sich die Zähne richten zu lassen.
Wird als Kompromiss nun „refugees and migrants welcome“ auf den Plakaten zu lesen sein, oder vielleicht doch der skurril und postmodern anmutende Vorschlag „migrantees and refugrants welcome“?
Was auch immer morgen auf den Bannern steht, ich hatte das Gefühl, dass die Debatte um die passenden Begriffe aus der Sorge um ihren negativen Beiklang heraus zu erklären ist. Erst kürzlich bezeichnete der englische Premier David Cameron die durch Europa ziehenden Migranten als einen „Schwarm“, der nach England einbrechen wolle.
Es geht also nicht unbedingt um Klarheit in der Sprache, auch wenn ohne sie der Mensch nur eine Heuschrecke ist. Wir brauchen auch keine neuen Wörter zu kreieren. Wir müssen uns bloß der Sorge und der Angst, mit der wir diese Begriffe benutzen, stellen!