Was sich derzeit in Sachen Abschiebungspolitik und Afghanistan vollzieht, ist eine empörende Farce sondergleichen: Politische Opportunität wird skrupellos über Menschenleben gestellt. Die Tatsache, dass afghanische Konsulate unter Kontrolle der Taliban gestellt werden – und damit ein gigantischer Datenschatz mit sensiblen Informationen zu Oppositionellen, Menschenrechtsaktivist*innen und Geflüchteten quasi auf dem Silbertablett den neuen Machthabern überlassen wird – ist nicht nur ein bürokratisches Versagen, sondern ein moralischer Bankrott.
Es geht hier nicht um organisatorische Details, sondern um den Schutz derjenigen, die vor den Taliban flohen, deren Familien in Afghanistan jetzt zum Verfolgungsobjekt werden. Durch den Zugriff auf konsularische Daten können die Taliban systematisch Oppositionelle weltweit ausfindig machen, einschüchtern und direkt bedrohen. Dies betrifft insbesondere Frauen, engagierte Journalist*innen und Angehörige staatlicher Institutionen, die bereits für ihren Einsatz für Freiheit und Menschenrechte in Lebensgefahr schweben.
Wer so handelt, nimmt das Leid und die Angst Tausender Afghan*innen in Kauf – nur um irgendeinem zynischen Abschiebe- und Zahlenfetisch zu dienen. Die deutschen Behörden wurden früh und klar vor den Gefahren gewarnt, doch die Entscheidungsträger ignorierten alle Hinweise und protestierende Konsulatsmitarbeiter, um einen diplomatischen „Deal“ mit den Taliban durchzusetzen. Das ist nicht Realpolitik, sondern die Preisgabe fundamentaler Grundwerte – und ein tiefer Verrat an denen, denen Deutschland Schutz zugesichert hatte.
Die politikgetriebene Kollaboration mit einem Regime, das systematisch Frauen und Minderheiten unterdrückt und Andersdenkende terrorisiert, entlarvt die zynische Prioritätensetzung in Berlin: Abschiebungen um jeden Preis und die offene Missachtung des Rechts auf Sicherheit. Wer heute noch glaubt, damit den gesellschaftlichen Frieden zu wahren, hat endgültig jede moralische Kompassnadel verloren. Den Preis zahlen die Schwächsten und politisch Verfolgten nicht nur mit Angst und Unsicherheit, sondern oft auch mit ihrem Leben.