Das maximierte Leben - Entscheiden heißt optimieren

Wer sagt, er optimiere sein Leben nicht, lügt sich selber an. Jeder optimiert, ständig und in jedem Bereich des Lebens – Vom Job über die Alltagsgestaltung, bis hin zur Liebe. Wir arbeiten fast jeden Tag daran unsere Zufriedenheit zu steigern: Wer einen besseren Job sucht, optimiert. Wer Sport treibt um fit zu werden, statt es sich auf der Couch gemütlich zu machen, optimiert. Wer lieber gemütlich die neueste Staffel der Lieblingsserie guckt, statt draußen bei schlechtem Wetter zu schwitzen, optimiert auch, aber nach anderen Vorlieben. Wer sich entschließt seinen Partner zu verlassen oder zu heiraten, optimiert. Selbst wer rundum glücklich ist, will diesen Status erhalten und optimiert entsprechend. Denn Entscheidungen treffen heißt optimieren, dafür benutzen wir jeden Tag unseren Verstand. Die Frage ist also, wie wir es tun.

Man kann sich den Verstand als eine Entscheidungsfabrik vorstellen: Tausende Gedanken arbeiten Tag und Nacht in unserem Kopf daran Antworten und Lösungen zu produzieren. Überall stehen halbfertige Projekte herum und das Büro des Managements im Verstand quillt über von halbverblassten und in Kauderwelsch verfassten Plänen. In unregelmäßigen Abständen kommt der Kunden aus der Gefühlsabteilung herein und schreit lauthals eine Frage oder ein Problem in die Fabrikhalle. Das Management verzweifelt oft an dem Kunden aus der Gefühlsabteilung, da dieser ständig seine Meinung wechselt und genauso verzweifelt der Kunde an dem Management, weil man ihm dort immerzu sagen will, was Sinn macht und was nicht. Manchmal versucht er selber Kontrolle über die Fabrik zu nehmen, aber das geht meist komplett schief.

Optimieren bedeutet in diesem Kontext nicht, die Gefühlsabteilung auszusperren oder die Fabrik bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit zu bringen. Der Verstand als Entscheidungsfabrik braucht Aufträge, damit etwas passiert: Kurzfristig sind das unsere Gefühle. Geht es uns schlecht, wollen wir das ändern. Geht es uns gut, wollen wir den Zustand erhalten. Langfristig verdichten sich die Gefühle in dem Kontext ihres Auftretens zu Werten nach denen wir leben wollen. Ob Broker, Handwerker, Student, Dschihadist oder Arzt – Jeder Mensch hat Werte nach denen er lebt, egal wie unterschiedlich diese auch sein mögen. Optimieren heißt dann zum einen die Entscheidungsfabrik nach rationalen Methoden zu leiten und zum anderen ein Qualitätsmanagement einzuführen, um unsere Werte möglichst gut zu verwirklichen.

Erkenne dich selbst

Wenn der Manager der Entscheidungsfabrik anfängt rational zu denken, das heißt Wunsch und Wirklichkeit miteinander in Verbindung zu bringen und zu analysieren, fängt er an seine ganze Fabrik viel bewusster wahrzunehmen. Er erkennt die vielen Inkonsequenzen, das Chaos und die Planlosigkeit in der Entwicklung persönlicher Projekte zum ersten Mal im vollen Ausmaß und bemerkt auch wie launisch der Kunde aus der Gefühlsabteilung sein kann. Das zu sehen ist nicht leicht, weil es ihm vor Augen führt was alles schief läuft, aber es macht ihm auch Mut. Er fühlt, dass er etwas Wichtiges gelernt hat.

Wie oft glauben Menschen, dass sie etwas schaffen werden, nur weil sie es doch so sehr wollen? Wie oft werden ernst gemeinte Vorsätze gemacht, aber nach kurzer Zeit schleifen gelassen? Wie oft wollen wir an uns selber arbeiten, kommen aber selbst über Jahre nicht von der Stelle? Es liegt fast nie am mangelnden Willen (und wenn doch, wissen wir das meist und machen uns etwas vor), sondern an der Methode um das Ziel zu erreichen. Persönlichkeitsentwicklung unterscheidet sich diesbezüglich nicht groß von Projektplanung: Ohne realistische Ziele und einem Plan wie diese nachhaltig erreicht werden können, verpufft die ganze Anfangsenergie in einigen symbolischen Aktionen.

Deshalb lässt der Manager erst einmal die Gedankenarbeiter in Ruhe und stattet der Gefühlsabteilung einen Besuch ab. In einer langen und hitzigen Diskussion gleichen die beiden Abteilungen Wunsch und Wirklichkeit an. Es ist eine befreiende und gleichzeitig ernüchternde Debatte. Alles ist möglich, aber nichts so einfach wie man sich das vielleicht gedacht hat. Es müssen Ziele adjustiert und naive Romantiken aufgegeben werden. Aber nachher gehen Manager und Kunde mit einem ruhigen Gefühl in ihre Abteilungen zurück. Beide wissen jetzt was ihr Stellenwert ist und welche Aufgabe sie haben.

Schlau statt sexy

Der Verstand wird nun streng nach Rationalität umgebaut. Es ist ein höchst unromantischer Prozess, denn alles was keinen Sinn macht, keinen Grund zur Hoffnung gibt oder für das man die Mühe nicht auf sich nehmen will, wird rausgeworfen. Spaß macht das nicht, aber danach sind Verstand und Herz freier und reiner. Nur das, was wirklich zählt bleibt übrig. Das Herz gibt die Ziele an, der Verstand bestreitet den Weg dorthin, geleitet von Rationalität.

Mit dem Begriff „Rationalität“ werden oft negative Eigenschaften verbunden, zum Beispiel emotionale Kälte. Das ist entweder ein Missverständnis oder naiv. Rationalität heißt, das Vernünftige zu tun. Wie unsexy und wenig rebellisch das auch klingen mag – Es ist schlau. Denn das Gegenteil bedeutet etwas zu tun, das gegen die Vernunft geht und damit per Definition falsch ist. Damit ist jedoch nicht die Vernunft des Volksmundes gemeint und der daraus folgende Schluss, dass man sein Leben lang ein guter Staatsbürger, Arbeitnehmer und Durchschnittmensch sein soll. Zieht jemand beispielsweise viel Nutzen aus Freiheit, ist es rational diese Freiheit zu suchen, auch wenn dies Einschnitte in andere Bereiche bedeutet. Vernunft ist hier eine Entscheidungsmethode, kein konservativer Wert.

Vor diesem Hintergrund wird die Entscheidungsfabrik fortlaufend optimiert. Wird ein Ziel auf dem gewählten Weg nicht erreicht, wird darüber nachgedacht wieso dies der Fall ist und welche Lösung es geben kann. Das klingt so banal, dass man das Gegenteil aufzeigen muss um die Veränderung deutlich zu machen. Ein Mensch der nicht optimiert wird das Problem wohl wahrnehmen, aber die Ursache dafür auf oberflächlicher Ebene suchen. Statt die Ursache in Details zu suchen, sollte man lieber eine Ebene tiefer einsteigen, dort wo die Entscheidungen getroffen werden.

Ein Instrument für den Verstand

Diese Idee der Methodik und Rationalität im Verbund wird nun auf alle Bereiche angewandt. Mag man eine eigene Schwäche nicht, überlegt man ob sie ändern kann. Ist dies nicht der Fall, ist es klüger damit zurecht zu kommen, als sich wieder und wieder und wieder damit herumzuquälen. Mag man den eigenen Lebensstil nicht, dann ändert man ihn, so gut es eben geht. Will man raus in die Welt gehen, neue Länder erkundigen und Menschen kennenlernen, dann träumt man nicht jahrelang sehnsuchtsvoll davon, sondern man überlegt rational ob das sowohl umsetzbar ist, als auch ob die Mühe dafür sich lohnt. Dann hört man auf Wünschen hinterher zu träumen, die nicht die eigenen sind und in das Reich der Träume gehören.

In der Fabrik läuft es seit Einführung der Rationalität und Optimierungsstrategie ruhiger und konzentrierter als zuvor. Es treten noch immer Probleme bei der Projektarbeit auf, aber anstatt blind weiter daran zu arbeiten wie bisher, werden die sie registriert, analysiert und eine Lösung gefunden. Management und Kunde befinden sich im ständigen Austausch. Zum ersten Mal seit langer Zeit sind beide grundlegend zufrieden. Sie haben noch viel vor sich, aber es herrscht allgemeiner Optimismus. Egal was kommt, sie haben mit der Rationalität ein Instrument zur Verfügung, um auf jeden Wunsch und jedes Problem eine Antwort zu finden. So optimiert die Fabrik das eigene Leben und gestaltet es mit jeder Entscheidung ein bisschen besser.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 26.02.2016 21:17:40

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