Das Phänomen Gusenbauer - Wenn der Hass auf die eigenen Genossen zur Belastung wird

Wenn heute darüber spekuliert wird, ob Alfred Gusenbauer eine Belastung für die SPÖ geworden ist, dann reichen die Bruchlinien weiter zurück, als es viele wahrhaben wollen. Immerhin wabert hinter dieser Frage eine langjährige Geschichte der Entfremdung, die jetzt am Anlassfall Silberstein und Co auf den Punkt gebracht wird. Begonnen hat alles, als der SPÖ-Parteivorsitzende von 2000 - 2008 in seiner Eigenschaft als - jedenfalls seiner eigenen Einschätzung nach - überragender politischer Kopf - ausgerechnet von einer politischen Durchschnittsfigur wie Werner Faymann samt seiner Entourage nicht mehr die Anerkennung gefunden hat, die er für sich völlig selbstverständlich in Anspruch genommen hat.

Das ausgerechnet ihm, der die SPÖ durch die finsteren schwarz-blau-orangen Zeiten der Opposition geführt und ihr - mit Unterstützung von Thal Silberstein - das Bundskanzleramt zurückerobert hat. Nach dieser demütigenden Niederlage hat sich da einer voller Ingrimm von seiner Partei abgewandt und für sich beschlossen, fortan allen mühsam erworbenen ideologischen Müll abzuwerfen, um sich künftig nur mehr um sich selbst und seine Geschäfte zu kümmern.

Ein Blick auf sein heutiges Äußeres beantwortet die Frage, ob ihm das gut getan hat, all die Geschäfte mit Nasarbajev, Silberstein, Steinmetz und wie die neuen Geschäftspartner sonst noch heißen. In seinem öffentlichen Auftreten erscheint mir Gusenbauer heute als eine tragische Figur, die körpersprachlich mehr recht als schlecht all seinen Zorn auf all diejenigen notdürftig in Form zu bringen versucht, die ihm seine eigentliche Bestimmung als einzig würdiger Kreisky-Nachfolger verunmöglich haben. Und so irrlichtert er seither in Gestalt seines ursprünglichen Hauptgegners herum, als international tätiger Möchte-Gern-Tycoon, der damit seinen ehemaligen GenossInnen beweisen will, dass Erfolg auch anders geht und es ihre Ignoranz war, die ihn zu dem haben werden lassen, was er er heute ist.

Ja, Gusenbauer - ursprünglich Kompromisskandiat für den SPÖ-Vorsitz, der "Partei" von der Pike an gelernt hat und für eine kurze Zeit auch Bundeskanzler - war eine politische Hoffnung ("Solidarische Hochleistungsgesellschschaft", "Sozialunion Europa",...) und ist heute eine Belastung; eine mindest ebenso große Belastung aber stellen all diejenigen in der SPÖ dar, die mit seinem Ausscheiden gemeint haben, der von Gusenbauer repräsentierte Konflikt würde sich mit wachsendem ökonomischen Erfolg ihres ehemaligen Frontmanns in seiner neuen Position als Privatmann irgendwie in Luft auflösen (und damit auch gleich das mittlerweile ebenso zu Fall gebrachte Faymann-Lager mundtod machen).

Sie waren im Irrtum; keine einfache Sache, mit solchen Altlasten Wahlen gewinnen müssen (Aber naturlich geht das, oder haben Sie in letzter Zeit etwas über einen anderen ehemaligen jugendlichen Hoffnungsträger der ÖVP Karl-Heinz Grasser gehört? Stimmt, der war ja überhaupt nicht ÖVP-Mitglied sondern nur Anwärter auf deren Vorsitz. Und darüber hinaus ist die ÖVP (gibt es die eigentlich noch?) eindeutig besser, wenn es um Geschichtsverweiterung geht. Aber das ist eine andere Geschichte)....

Manfred Werner - Tsui - Eigenes Werk

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