Es sind die Fehler, die uns zu lernenden Menschen machen

Für immer unvergessen ist mir der Einstieg in das Kleine, mehr noch in das Große Einmaleins. Monatelang schien die Welt aus nichts anderem zu bestehen als aus Abfragen der Lehrer und – darauf abgestimmt – der Eltern, wieviel denn 7×6 wäre, 9×8 oder eben 11×13. Vermochte ich nicht wie aus der Pistole geschossen die richtige Antwort liefern, fand ich mich vor einem Blatt wieder, um die 6er, 8er oder 13er Reihe aufs Papier zu bringen, wenn der Vater schlecht aufgelegt war, dann gleich 10 Mal. Also kann ich bis heute ganz gut Kopfrechnen und wundere mich über Jüngere, die 2×5 in den Computer tippen, der ihnen mitteilt, dass das Ergebnis 10 ist.

Als ich in den 1960er Jahren in die Rosensteingasse, eine Lehranstalt für chemische Industrie überwechselte, lernte ich den Umgang mit dem Rechenschieber. Multiplizieren und Dividieren, das war seitdem ein einfacher Handgriff. Spannender wurde es beim Umgang mit Logarithmen; aber endlich konnten wir die gefürchteten Logarithmentafeln in der Schultasche lassen, auch wenn die Maschine wesentlich ungenauere Ergebnisse lieferte. Diese mussten in der Regel nur mehr bei den Mathematik-Schularbeiten noch einmal hervorgeholt und verwendet werden. Für die Lehrkräfte blieb entscheidend, dass wir prinzipiell – trotz technischer Hilfe im Alltag – weiterhin in der Lage waren, Ergebnisse ohne externe Hilfsmittel zu liefern. Ein paar „gestopfte“ Mitschüler*innen, deren Eltern es sich leisten konnten, prahlten in den Pausen mit ersten Versionen von Taschenrechnern; eine Nutzung im Unterricht war jedoch untersagt.

Im Labor des Ferialpraktikums konnte ich erste Erfahrungen mit Rechenmaschinen sammeln, die mit Hilfe mechanischer Eingaben entlang einer Skala, einer Kurbel und wiederkehrenden Klingelzeichen zum richtigen Ergebnis führten. Dem Laborleiter, der fallweise aufkreuzte blieb es vorbehalten, diese mit einem Rechenschieber zu überprüfen.

Im Unterricht meiner 10 Jahre jüngeren Schwester war der Taschenrechner bereits wesentlich weiter vorgedrungen. Als externer Unterrichtsbehelf machte er die unterschiedlichen Lebensverhältnisse der Schüler*innen deutlich und trennte diejenigen, deren Eltern es sich leisten konnten oder wollten“ und diejenigen, die selbst schauen mussten, wie sie weiterkommen. Als noch entscheidender erwies sich die nahezu geschlossene Angst der Erwachsenen, mit der schulischen Anwendung des Taschenrechners käme die Fähigkeit der Schüler*innen, eigenständig Rechenoperationen auszuführen, an ihr argumentatives Ende: Warum sollten die jungen Menschen noch rechnen lernen, wenn sie diese Kenntnisse ansatzlos an eine Maschine delegieren konnten, zumal diese die anstehenden rechnerischen Aufgaben allzeit bereit schneller, verlässlicher und exakter zu lösen vermochten?

Und wie soll ich jetzt die Schüler*innen bewerten?

Am schlimmsten traf es freilich die „Rechen-Lehrer*innen“, die bislang den Nachweis, ohne technische Hilfe rechnen zu können, zur Grundlage ihrer Schüler*innen-Bewertungen gemacht hatten. Als einziger Ausweg blieb ihnen, die Nutzung der neuen Technologie zur Schummelei zu erklären und negativ zu sanktionieren. Nur so sahen sie eine Chance, der Aufgabe einer halbwegs nachvollziehbaren Notengebung noch nachkommen zu können.

Sie mutierten damit ungewollt zur Speerspitze eines technologie-aversen Kulturpessimismus, hinter dem sich nur all zu leicht bis heute ein Generationenhass der Alten gegen die Jungen verbirgt. Ihnen, den heute Alten hätte es ja auch nicht geschadet, sich mit den Basics der Kulturtechniken herumschlagen zu müssen. Warum soll es den Jungen heute besser gehen.

Die Geschichte der Technologieskepsis nicht nur des österreichischen Schulsystems ist mit meinem Schulabschluss nicht ans Ende gekommen. In immer neuen Wellen sind es in den letzten Jahren vor allem die digitalen Medien mit ihren schier unerschöpflichen Möglichkeiten, die auf einen schulischen Einsatz drängen.

Diese fanden freilich nicht im luftleeren Raum statt, sondern waren begleitet, ja befördert von einer Neoliberalisierung der westlichen Gesellschaften und einem damit verbundenen Bedeutungszuwachs unmittelbarer wirtschaftlicher Interessen. Als Resultat sah sich Schule unter dem wachsenden Druck, die jungen Menschen auf die Erfordernisse eines dynamisch sich weiter entwickelten Arbeitsmarktes vorzubereiten, der unerbittlich den Nachweis im Umgang mit digitalen Medien zur Eintrittskarte erklärte. Mit der, wenn auch zaghaften Implementierung medialer- und kommunikationsspezifischer Inhalte reagierte die Bildungspolitik auf diesbezügliche Forderungen der Wirtschaft, die von der Schule erwartete, aus einem möglichst gut ausgebildeten Reservoir junger Menschen mit digitalen Kompetenzen auswählen zu können.

Hand in Hand mit einer wachsenden Ökonomisierung des öffentlichen Gutes Schule setzte sich in fortschrittlichen Kreisen der Erziehungswissenschaft die Hoffnung durch, mit der offensiven Nutzung digitaler Medien wäre es möglich, den Unterricht, wenn schon nicht zu revolutionieren, so doch – endlich auf eine moderne Basis zu stellen. Neugründungen im Nahbereich der Lehrer*innenausbildung wie das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Universität Klagenfurt in den 1970er Jahren, deren Erstausstattung einem futuristischen technologischen Labor glich zeugen davon.

Schule als humanistische Enklave oder als Teil der Gesellschaft

Am entscheidensten aber war wohl die Allgegenwärtigkeit der sogenannten Neuen Medien im Leben der Schüler*innen selbst. Als „Digital Natives“ hat sich bei ihnen die kategoriale Differenz zwischen real und digital weitgehend verflüssigt; sie verfügen mittlerweile in der Regel über ausdifferenziertere digitale Kompetenzen als ihre Lehrer*innen, die sich diese erst im Zuge eines „zweiten Bildungsweges“ aneignen müssen. Kein Wunder also, wenn neue pädagogische Konzepte, die auf eine umfassende Einbeziehung der Lebenswelten der jungen Menschen drängen, nahelegen, die neuen technologischen Möglichkeiten nicht krampfhaft weiter außen vor zu halten, sondern sie zu befähigen, auch mit digitalen Medien selbstbestimmt umzugehen. Und das auch den Lehrkräften abverlangen.

Die Umsetzung solcher, auf zeitgemäße technologiegestützte Kommunikation setzte freilich einen beträchtlichen, überdies rasch wechselnden Ressourceneinsatz sowohl an Hard-als auch an Software voraus. Eine Herausforderung, an der die meisten Schulstandorte angesichts einer sukzessive ins Hintertreffen geratende Bildungspolitik scheitern. Daran haben auch die technologiegetriebenen Reaktionen auf die Schulschließungen während der Pandemie nichts grundsätzlich geändert. Viele diesbezügliche Initiativen erschöpfen sich in vergleichsweise bescheidenen Beiträgen wie die Zurverfügungstellung von Notebooks und Tablets an sozial benachteiligte Schüler*innen oder die Auslobung von Spezialprogrammen.

Bildung versus Ausbildung

Konterkariert werden diese Bestrebungen der fast bedingungslosen Öffnung von Schule gegenüber den neuen technologischen Möglichkeiten durch Bezugnahmen auf humanistische Bildungstraditionen. Diese beanspruchen ungebrochen, sich auf den Menschen mit seiner Fähigkeit zur Selbstentfaltung zu konzentrieren, um ihn aus seiner lebensweltlichen und damit auch technologischen Abhängigkeit zu befreien. Ihre Vertreter*innen wenden sich gegen eine wachsende Instrumentalisierung menschlicher Existenz, die einer umfassenden Persönlichkeitsbildung entgegenstehen würde. Im Sinne eines Humboldtschen Bildungsbegriffs gälte es, die jungen Menschen beim Zu-sich-Kommen zu begleiten, um so ihre je besonderen Potentiale zu entwickeln und sich nicht auf technologiebasierte Ausbildungsfragen zu beschränken.

Paradigmatisch dafür stehen die Überlegungen des Philosophen Günter Anders „Die Antiquiertheit des Menschen“, wonach die Menschheit spätestens mit der Zweiten Industriellen Revolution ihre Souveränität gegenüber den Ansprüchen seines technologischen Gegenübers verloren hätte, um fortan in einseitiger Abhängigkeit die Vorgaben von Maschinen zu erfüllen.

Der Kulturbetrieb und der Hang zum Kulturpessimismus

Seine Entsprechung findet dieser Skeptizismus gegenüber dem technologischen Fortschritt in weiten Teilen des Kulturbetriebs, der mit dem Verlust von Publikum über den Zeittraum der Pandemie nicht kleiner geworden ist: „Wir wollen zurück zum einzig wahrhaftigen, weil authentischen Kulturerleben, das tunlichst nicht durch technologische Vermittlung werden soll“, tönt es hilferufend aus allen medialen Kanälen. Und läuft doch auf den Wunsch hinaus, zumindest an den Grundstrukturen nichts ändern zu müssen, um sich stattdessen einmal mehr als gesellschaftliche Rückversicherungsanstalt zu empfehlen. Da mögen avancierte Einrichtungen wie die Ars Electronica seit mittlerweile Jahrzehnten vorführen, welche neue Möglichkeiten der Kunstproduktion, -vermittung und -rezeption mit Hilfe neuer technologiegestützter Verfahren ergeben, der kulturpessimistische Tenor vor allem in den traditionellen Szenen nach wie vor unüberhörbar ist.

Eine solch technologiefeindliche Grundtendenz des Kulturbetriebs, dem kulturpolitisch immer nur halbherzig begegnet worden ist, verweist auf eine besondere Selektivität der Geschichtsbetrachtung des Kulturbetriebs. Eine solche kann sich zwar auf einen höchst elaborierten Diskurs über künstlerische Traditionslinien beziehen; zugleich verweigert sie sich immer wieder aufs Neue der Erkenntnis, dass es im historischen Verlauf zuallererst „kulturferne“ technologische Entwicklungen waren, die den Kulturbetrieb in seiner Weiterentwicklung nachhaltig angestoßen haben: Angefangen vom Eisenbahnbau samt damit verbundener Steigerung von Mobilität, die Nutzung von Elektrizität und künstlichem Licht, die Entwicklung neuer Vermittlungsmedien wie Radio, Schallplatte, Film, Fernsehen bis zu den digitalen Medien – sie alle haben die Stellung der vielfältigen Ausdrucksformen von Kultur in der Gesellschaft nachhaltiger beeinflusst als die Hervorbringungen des einen oder anderen künstlerischen Genies.

Wenn der Kulturbetrieb sich heute vor allem als Rückzugsort in eine vermeintlich bessere Vergangenheit empfiehlt, dann nehmen seine Vertreter*innen in Kauf, dass sich seine Hauptantriebskräfte Kreativität und Innovation zunehmend in die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Technologiekonzernen verlagern. Diese verstehen sich längst als die eigentlich gestalterischen Kräfte der Gesellschaft und agieren auch so. Mit Hilfe eines Ressourceneinsatzes, von dem der Kulturbetrieb nur träumen kann, werden immer neue Experimentierräume eröffnet; die dort verhandelten Szenarios – etwa im Rahmen der Erstellung neuer Programme der sogenannten Künstlichen Intelligenz – erzählen mittlerweile mehr über realisierbare Zukunftsentwürfe als dies noch so mächtige (kultur-)politische Programme vermögen.

Und jetzt auch das noch: Maschinen übernehmen das Schreiben

Eine überraschende Volte hat in diesem Zusammenhang jüngst ein Programm im Bereich der Artificial Intelligence Forschung hervorgerufen. Mit Chat-GPT ist es nicht nur einigen wenigen Spezialist*innen, sondern jedem*jeder Anwender*in mit ein paar Klicks möglich, anhand einiger weniger Eingaben von einem Programm Texte erstellen zu lassen, die von selbstverfertigten Ergebnissen nicht zu unterscheiden sind, ja diese zu übertreffen vermögen.

Ein solcher Durchbruch in der Antizipation menschlicher Denkleistungen ist fürs Erste erstaunlich und in seinen nachhaltigen Konsequenzen für die menschliche Kommunikation noch in keiner Weise abschätzbar. Als sicher kann man annehmen, dass diese technologische Innovation eine große Frustration für all diejenigen darstellt, die vom Schreiben und Lesen leben; allen voran Künstler*innen und Intellektuelle. Ihnen allen wird vermittelt, dass das, was sie auszeichnet, von Maschinen genau so gut, allenfalls sogar wesentlich besser produziert werden kann.

Die Fraktion der Kulturpessimist*innen warnt in so manchen Schreckschüssen vor einem unüberblickbaren Ausmaß an unüberprüfbarer Fake-Produktion: Schließlich können von Maschinen hergestellte Texte „alles“ erzählen und damit auch „allem“ Bedeutung verleihen (als ob das nicht immer schon auch eine menschliche Fähigkeit dargestellt hätte). Ihnen würde ein (kulturell verfasster) Einordnungsrahmen fehlen, zumal sie keinerlei moralischen Einschränkungen unterliegen, sofern ihnen solche nicht programmatisch vorgegeben worden sind. Damit aber würde ihnen eine entscheidende Vertrauens- (bzw. Misstrauens-)grundlage fehlen, die in der Produktion und Rezeption von, von Menschen gemachten Texten immer mitschwingt.

Und hinter all dem wabert die Angst, mit Programmen wie Chat-GPT würde einer Übernahme der zentralen menschlichen Kommunikationsform, nämlich der Sprache durch die Maschine Tür und Tor geöffnet; der Mensch würde in seiner genuinen Artikulationskraft im wahrsten Sinne „entmündigt“.

Gesellschaftskritiker*innen wiederum verweisen auf eine neue Qualität der Ausbeutbarkeit des Menschen, wenn das darunter liegende AI-gelenkte Schreib-Programm mit seiner massenhaften Verwendung zu einer „riesigen Datenbank voller Wünsche, Bedürfnisse und Verlieben der Nutzer*innen mutieren würde, die beliebig aufgespürt, vorgeladen, archiviert, nachverfolgt und zu allen möglichen Zwecken ausgebeutet werden kann.“

Was aber bedeutet dieses neue technologische Phänomen herunter gebrochen auf das System Schule? Immerhin sind junge Menschen ab sofort in der Lage, nahezu jede, auch nur halbwegs standardisierbare textbezogene Aufgabe an die Maschine zu delegieren. Wie im Fall der Rechenmaschine ist die Lehrkraft in der Folge nicht mehr in der Lage, eine individuelle Bewertung abzugeben. Damit wird auch die Frage einer individuellen Förderung obsolet, jedenfalls solange als die Schüler*innen in der Lage sind, die Maschine mit den richtigen Vorgaben zu versehen.

Im Raum steht also wieder einmal des Zusammenbruchs traditioneller Abhängigkeitsstrukturen zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen. Kein Wunder, wenn eine Reihe von Schulen die Nutzung der Programme verboten hat. Und also erleben wir eine Neuauflage des Kampfes um die (schulische)m Akzeptanz von Unterstützungsinstrumenten, diesmal nicht anhand der Kulturtechnik des Rechnens, sondern der des Schreibens. In beiden Fällen haben wir es mit der Möglichkeit einer technologischen Auslagerung von ursprünglich genuin menschlichen Fähigkeiten zu tun, die von der Maschine schneller und besser bewerkstelligt werden können. Geht es nach den Erfahrungen mit Rechenhilfen, dann spricht wenig dafür, dass sich die ausgesprochenen Verbote zur Aufrechterhaltung einer Idealisierung menschlichen Denkens und Artikulierens lange halten werden lassen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich auf im Fall von Chat GPT die Schulen auf die neuen technologischen Möglichkeiten werden einstellen müssen, auch wenn sie einmal mehr in ihren Grundfesten erschüttert zu werden drohen. Die Pro- und Contra-Argumente können – nahe zu 1 : 2 – aus der Zeit der Einführung von Rechenhilfen übernommen werden: Ökonomisierung, Arbeitsmarktzurichtung, Entpersonalisierung, Rettung eines nicht auf unmittelbaren Nutzen bezogenen Bildungsbegriff, ….

Keine Angst, das Konzept „Mensch“ bleibt erhalten, wenn….

Wenn nun aber nach dem Rechnen nun auch das Schreiben (und damit ein Gutteil standardisierte Denken) zunehmend an Maschinen delegiert werden kann, was bleibt dann noch an genuin Menschlichem? In einem ersten Anlauf fällt mir die Idee der „Gebürtigkeit“ von Hannah Arendt ein. Ihr zufolge vermag jede neue Generation unvorhersehbare Aspekte des Menschlichen hervor zu bringen, von denen wir uns heute genauso wenig Vorstellungen machen können wie von den nächsten technologischen Errungenschaften.

Das aber bedeutet, dass das Verhältnis von Menschen und Maschine nicht ein für alle Mal festgelegt wird, sondern immer neu ausverhandelt werden muss. Deshalb war es wohl noch nie so wichtig, sich mit „Technologiefolgenabschätzung“ als einer zentralen politischen Aufgabe zu beschäftigen. Die aktuelle Naivität im Umgang mit immer neuen technologischen Möglichkeiten zeugt vor allem vom Unwillen der politischen Repräsentant*innen, in der – zunehmend technologischen – Gestaltung des Gemeinwesen zur zentralen Kategorie ihres Handels zu erkennen.

Dies gilt nicht erst seit der Einführung von „Social Crediting“ in China, die Zeugnis davon ablegt, dass avancierte Technologie immer schon politisch zur Herrschaftsabsicherung genutzt wurde (diesbezügliche Lehren können sowohl aus den technologisch gestützten Modernitätsansprüchen des Nationalsozialismus wie des Beginn der kommunistischen Herrschaft in der Sowjetunion gezogen werden). Dazu gehört aber auch, dass der technologische Fortschritt ungeahnte Fortschritte im Bereich der menschlichen Emanzipation, etwa in der Überwindung seiner natürlichen Begrenztheit ermöglicht hat.

Vieles spricht dafür, dass die massenhafte Einführung von Programmen wie Chat-GPT vor allem auf einen neuen Umgang mit Fehlern verweisen. Vielleicht es ja der Fehler, der künftig die zentrale Unterscheidungskategorie zwischen Mensch und Maschine markiert.

Es sind die Fehler, die Menschen in seiner Begrenztheit überhaupt erst zu Menschen machen. Vieles spricht dafür, dass Menschen vor allem anhand von Fehlern lernen und sich so weiterentwickeln. Das aber bedeutet, dass sie einander auch anhand von Fehlern erkennen. Und sie produktiv im Rahmen von Vereinbarungen zu nutzen verstehen.

Nicht Chat-GPT, sondern der Umgang mit Fehlern entscheidet über die Zukunft der Schule

Damit könnte der Umgang mit Fehlern ein zentrales Motiv bei der weiteren Transformation sowohl des Bildungs- als auch des Kulturbetriebs darstellen. Es ist der Umgang von Fehlern, der darüber entscheidet, wie wir künftig miteinander umgehen wollen. Repräsentieren, bestätigen, bewerten, das können künftig Maschinen allemal besser als auf Widersprüchlichkeit angelegte Menschen. Im Menschen wiederum ist das gemeinsame Bemühen eingeschrieben, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, sich damit zu beschäftigen, was noch nicht ist, was möglich, was wünschens- und erstrebenswert ist. Und welche Fehler wir auf dem Weg zu möglichen Realisierungsformen machen. Nicht nur Technologie-Hubs, sondern auch Kultur- und Bildungseinrichtungen könnten dafür herausragende Experimentierräume sein.

Wer also darauf aus ist, dass alles richtig sein soll, der spielt früher oder später einer Zukunft in die Hände, in der die Maschine die Herrschaft über den Menschen übernimmt. Weil die Maschine das, was sie machen kann, immer besser macht als der Mensch. Dazu wurde sie konstruiert.

Wer aber auf die Fehlerhaftigkeit des Menschen setzt, und damit seiner Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen und sich weiter zu entwickeln, der muss sich vor einer künftigen Dominanz der Maschine nicht fürchten.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

4 Kommentare

Mehr von Michael Wimmer