Der Kreuzworträtselmörder

Im Osten gab es ja keine Kriminalität.

Wir waren alle ja alle so brav, gut sozialistisch konditioniert und voll der Moral.

Wir wussten, was man tut und was nicht.

Wirklich?

Wäre Kriminalität nur Gier, könnte man es beinahe verstehen.

Wer wollte nicht mehr haben als er hat?

Wie diese Buchhalterin, die ich kannte. Eine Meisterin der nicht nur doppelten (was ja noch normal wäre), sondern dreifachen Buchhaltung. Die im Übrigen keiner fragte, wie sie es sich von ihrem mäßigen Gehalt leisten konnte, regelmäßig mit dem Taxi zur Arbeit zu fahren oder eine Weihnachtsfeier für die ganze Abteilung auszurichten. Sie schlugen sich alle die Bäuche voll und glaubten die alberne Geschichte von der Erbschaft.

Hernach natürlich fanden sie es alle merkwürdig. Aber keiner kam auf die Idee, nachträglich seine gestohlene Zeche selbst zu bezahlen.

Die Buchhalterin, sehr jung, Anfang Zwanzig, die es mit ihrer Knete (schön war sie nicht) geschafft hatte, einen Schönling in ihre Bettstatt zu zerren, sah ihr Kind, das sie im Knast kriegte (8 Jahre), nie mehr. Man befand sie nicht für würdig ...

Obwohl es nur um Geld gegangen war. Und darum, dass man es ihr eigentlich viel zu leicht gemacht hatte.

Anders der Kreuzworträtselmörder.

Man fand den kleinen, lange vermissten, Siebenjährigen in einem Koffer, tot.

Umhüllt von Zeitungspapier mit gelösten Kreuzworträtseln.

Vielleicht war das die größte Kriminalgeschichte der DDR.

Irgendwas um eine halbe Millionen Papiermüllstücke wurden untersucht und ausgewertet bis man den Mörder fand.

Der dumm genug war, seinen Rätseleifer nicht als Indiz zu begreifen.

Mit 50 starb er an Krebs.

Und seine Ex-Freundin schrieb ein Buch.

Inzwischen war Deutschland wieder eins.

Und irgendwer stellte fest, aus dem Buch heraus, dass sie nicht unschuldig war, auch wenn sie sagte, er hätte sie getötet, hätte sie etwas gesagt.

Mord verjährt nie. Und Mitwisserschaft (Mittäterschaft) auch nicht.

Wie dumm.

Ein Buch schreiben, um ... ja, was? Geld zu verdienen? Sich groß darzustellen (Ich bin dabei gewesen!)? Den Fuß in welche Tür auch immer zu setzen. Und damit die eigene moralische Verkommenheit zu entblößen.

Immer wieder die Gier ...

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thurnhoferCC

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Iris123

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