Wir sprachen über halberwachsene Kinder und was mal aus ihnen werden soll.
Wobei, das liegt in der Natur der Sache, Eltern und Kinder zuweilen verschiedene Auffassungen haben.
Wir, dermaleinst, hatten Wünsche wie Lokomotivführer und Lehrerin im Grundschulalter, später wollten wir dann allerhand sehr viel hochfliegendere Sachen machen oder eben nur das, was wir mochten. Ich wäre gern Buchhändlerin oder, besser noch, Bibliothekarin geworden. Aber am Ende bestimmte Mutter, dass ich lieber nicht in die fremde Stadt sollte und diese Bürosache ja sowieso viel besser sei. "Da sitzt du warm und trocken!", hieß es und es fehlte nur das "Basta!" hintendran. Ungesagt war es jedenfalls da.
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Ich bin zwar heute noch im Büro, aber inzwischen wo ganz anders und habe zwischendurch ein Studium gemacht, das ich am Anfang nicht gewollt habe. Ein Bekannter von mir wurde auf seine älteren Tage tatsächlich noch Lokführer und ist damit so glücklich wie der Grundschüler, der er mal war.
Das Leben schiebt einen schon manchmal ganz schön hin und her.
Neulich abends sah ich im Fernsehen einen von diesen Berichten über die Erde, ihr Entstehen und so fort. Da ging es auch um Steine. Was in denen alles drin steckt und dass sie, lange genug bearbeitet, irgendwann Mutterboden werden.
Und da fiel mir W. ein, mit dem ich zehn Jahre lang zusammen in einer Klasse war. Ein sehr stiller Junge mit uns damals merkwürdig scheinenden Interessen. Ich glaube, der hatte schon im Grundschulalter einen Geologenhammer. Und von Wandertagen kam er stets mit einem Sack voll Steinen wieder. Für ihn hatten die eine ganze andere Bedeutung als für uns. Weil ... ICH brauchte ein paar Jahrzehnte, um zu begreifen, dass grün schimmernde Steine vermutlich kupferhaltig sind. Und Kupfer in der Menschheitsgeschichte eine ziemlich wichtige Entdeckung war. Der W. hat das womöglich damals schon gewusst.
W. hat übrigens Geologie studiert, ist seit allerhand Jahren Direktor eines Naturkundemuseums und hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Nach ihm sind, wenn ich das richtig gelesen habe, etliche Urzeitviecher benannt, die er als Erster in seinen Steinen fand und beschrieb. Und die Bilder, die man vom ihm im Netz findet, zeigen einen zufriedenen, großen Jungen mit roten Backen, die wohl vom Eifer kommen.
Ich denke: So sieht das Glück aus.
Oder: Es lohnt sich, richtige Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie einem ein paar unverstandene Kindheitsjahre einbringen.
Und ich frage mich, um auf den Beginn zurück zu kommen, wo bei vielen Heutigen die Visionen sind.
Man verstehe mich nicht falsch: Vernünftige Entscheidungen sind zuweilen eine feine Sache. Sie erleichtern das Leben.
Aber wenn ein Leben vor lauter vernünftigen Entscheidungen gar zu leicht ist, ist es ja auch irgendwie langweilig und nichtssagend.
Die halberwachsenen Kinder vom Beginn jedenfalls hatten, genauso wie wir, zwar keine Ahnung vom Leben. Aber auch keine Visionen, sondern nur die Vorstellung, dass sie einmal gut verdienen wollen. Oder berühmt sein, was ja irgendwie auch darauf hinaus läuft.
Aber da war nichts zu sehen, was sie tief innerlich wollen, für ihr Glück zu brauchen meinen, auf jeden Fall erreichen müssen usf.
Sie machen gute Schulabschlüsse, suchen sich einen Erfolg versprechenden Studienplatz, stellen irgendwann fest, dass die Arbeit keinen Spaß macht, kriegen ein Burn-out weit vor der Zeit.
Vielleicht, weil Geld nicht das ist, was die Seele nährt.
Zu viel Vernunft, denke ich mir. Zu viel.
Und so wenig Visionen.
So schade.
Sie sollten Bücher schreiben wollen, Bilder malen oder Skulpturen aus dem Stein befreien.
Sie sollten die Chinesische Mauer ablaufen, die Stadt der Mayas besteigen und Ankhor Wat besuchen.
Nicht, um ein paar Ziele auf einer Liste abzuhaken, sondern um zu verstehen, was die Menschen damals umtrieb.
Und um erzählen zu können, ihren Kindern, was sie einst erlebten und warum.
PS: Ich habe W., entgegen meinem ursprünglichen Antrieb, keine Mail geschrieben. Es hätte sich für mich angefühlt, als wollte ich nun, da er Wikipedia-tauglich ist, mit ihm bekannt sein. Dass ich ihn jetzt, so spät, verstehe, reicht für eine Widmung dieses Blogs an ihn. Und für die Feststellung, dass er etwas sehr richtig gemacht hat.