Das erste Semester meiner beiden Studien an der Uni Wien ist also geschafft. Ursprünglich lautete der Plan, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zu studieren, um mir eine Grundlage für journalistisches Arbeiten zu schaffen. Im Nebenfach wollte ich Politikwissenschaft studieren, weil ich darüber schreiben möchte und Politik meine Leidenschaft ist. Ich dachte, Kommunikationswissenschaft (im weiteren Artikel als KoWi bezeichnet) würde Politikwissenschaft (in diesem Sinne PoWi) in Sachen Arbeitsaufwand klar übertrumpfen. Ich habe mich noch nie so geirrt.

Nach dem ersten Semester kann ich jedem nur raten, PoWi zu studieren, sofern das Interesse da ist. Es ist ein hartes Literaturstudium, das gerade am Anfang einen recht hohen Niveauunterschied zur Schule aufweist - zumindest zu meiner. Bei KoWi sieht es genau andersrum aus - studiert das besser nicht. Vor allem nicht, wenn ihr euch eigentlich dafür interessiert.

Denn das KoWi-Studium wird vor allem von denen besucht, die sich eher wenig dafür interessieren. Julia Wippersberg von der APA Mediawatch, die eine Vorlesung bei uns hielt, war erschüttert vom mangelnden Medienwissen im Audimax. Die meisten wussten über das Baby von Charlene von Monaco Bescheid. Kannten sich mit Sportergebnissen aus. Aber erstaunlich wenige angehende Medienmenschen wussten, was der IS ist, welches Land die EU-Ratspräsidentschaft innehat oder wo in Österreich gewählt wird. Es ist erschreckend und beschämend zugleich, mit wem ich mir mein Fach teile - doch "Irgendwas mit Medien" ist scheinbar immer attraktiv.

Aber die Studenten sollen ja nicht das Problem sein, dachte ich mir. Eine STEOP - Studieneingangsphase - ist immerhin dazu da, diejenigen, die fürs Studium ungeeignet sind, auszusortieren. Sollte man meinen. Im Endeffekt durften wir am Ende des Semesters sogar unsere Hausaufgaben (ja, es gibt Hausaufgaben an der Uni Wien) nochmal verbessert abgeben, um uns doch noch eine bessere Note zu sichern. Denn in einem alten Semesterplan stand etwas von einer zusätzlichen Übungsaufgabe - und viele Studenten sind einfach nicht in der Lage, sich zu organisieren und Aufgaben pünktlich abzugeben. Es ist wie in der Schule - nur noch zuvorkommender und noch einfacher.

Im Endeffekt hatte ich trotzdem keine Zeit für das Fach. PoWi nahm mir dann doch eher 80 bis 90 % meiner Zeit weg - mehrere hundert Seiten Stoff bei fünf Prüfungen im Semester und teilweise sehr komplizierter Literatur. Ich konnte also erst nach den PoWi-Prüfungen lernen - zwei Tage für drei Prüfungen. Und trotzdem konnte ich die Prüfungen jeweils mit einem "Gut" beenden - alleine durch das Besuchen der Vorlesung und zwei Tage Power-Lernen. Ich bin glücklich, aber auch maßlos unterfordert.

Gelernt habe ich nämlich wenig. Vor allem habe ich viel Wissenschaftstheorie gelernt - in zwei von drei Vorlesungen. In der dritten geht es vor allem darum, dass das Internet sehr viel verändert hat und dass es einige schlaue Köpfe mit guten Zitaten gab. Ich habe nichts über Marktforschung oder PR gelernt - und über Journalismus auch nur sehr oberflächliches Wissen. Eine FH scheint mir in jedem Fall die bessere Wahl zu sein, sollte man wissen, was man will.

Nun ist der erste Teil der einjährigen STEOP (sagt ja schon alles, oder?) vorbei. Es wurden sicher einige aussortiert, dennoch glaube ich nicht, dass sich der schulhafte Charakter des Studiums nicht so schnell ändern wird. Dennoch glaube ich daran, dass ich KoWi ab dem nächsten Wintersemester vielleicht sogar als Fach ernstnehmen kann. Bislang bin ich aber maßlos enttäuscht. Die KoWi-STEOP ist ein verlorenes Jahr, das ohne Aufwand, Qualifikation oder Interesse bewältigt werden kann - die Beweise sehe ich nächstes Semester im Audimax.

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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