Die lange Tradition des Islam in Österreich und die türkischen Vorfahren des Herrn Goethe

Der Islam genießt in Österreich den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, was auf eine lange islamische Tradition zurückgeht und einmalig in Europa ist. 1912 wurde der Islam als Religionsgemeinschaft anerkannt und der Schutz der Gläubigen auf Ausübung ihrer Religion verfassungsrechtlich verankert. Es ist ein Grundrecht des gläubigen Muslim, seine Religion in Österreich frei ausüben zu dürfen. Dies gilt auch für alle anderen anerkannten Religionen wie zum Beispiel die Zeugen Jehovas, die in Österreich 2009 anerkannt wurden. (Gekämpft haben sie seit 1978 dafür.)

die.presse

https://diepresse.com/home/panorama/religion/477092/Zeugen-Jehovas_Anerkannte-Religionsgemeinschaft

Bereits im 10. Jahrhundert, viel früher als in Deutschland die ersten 'Beutetürken' eintrafen, siedelten sich die ersten Muslime, Kaufleute, im Burgenland und im benachbarten, osmanisch besetzten Ungarn an. Es war dies die erste historisch belegte Kontaktaufnahme zwischen Österreich und der islamischen Welt. Im 11. Jahrhundert wurden Gruppen des nomadischen Turkvolkes der Petschenegen (Pazinaken) vom Schwarzen Meer um den Neusiedlersee herum als Soldaten zum Schutz der ungarischen Grenze angesiedelt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Petschenegen

Die Petschenegen hatten mehrheitlich den Islam angenommen. Der Name des Ortes Pöttsching im Burgenland ist von den Petschenegen abgeleitet. Während der beiden Türkenbelagerungen hat Burgenland im Grenzschutz eine wichtige Rolle gespielt. Viele Denkmäler zeugen noch von dieser Zeit. Der kulturelle Austausch florierte in jeder Hinsicht. Als Ungarn an die Habsburger fiel, unterstützten die Osmanen in Ungarn den ungarischen Aufstand gegen die Habsburger. Protestanten aus Österreich flüchteten in das Osmanische Reich, weil sie dort ihren Glauben ausleben konnten.

Die burgenländische Führung war dem Islam gegenüber sehr offen eingestellt, was sich unter anderem in der Bauweise von Schloss Rotenturm zeigte, das in Anlehnung an den Baustil von Moscheen und Schlössern in Andalusien erbaut wurde.

schlossrotenturm.at

1718 sicherte dann der Passarowitzer Friede allen türkischen Untertanen in den habsburgischen Ländern die volle Handelsfreiheit, verbunden mit dem Recht der Gründung von Niederlassungen und Manufakturen. Allerdings fügte der Habsburgerkaiser Karl VI. 1737 hinzu, dass bosnische Muslime im Fall der Eroberung des Landes nur dann Schutz auf ihren Besitz genießen würden, wenn sie zum Christentum übertreten.

Die Entwicklung des 'Islam-Gesetzes' ist einzigartig in Europa! 1908 wurden Bosnien und die Herzegowina staatsrechtlich in die Donaumonarchie eingegliedert und somit wurden rund 600.000 Muslime Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Es lag im außenpolitischen Interesse, den Status des Islam zu verbessern. Das Anerkennungsgesetz von 1874, das für eine christlich-kirchliche Organisationsstruktur geschaffen worden war, ließ sich nicht auf den Islam umlegen und so wurde ein eigenes Spezialgesetz geschaffen, welches die umfassende Art des Islam berücksichtigte. Am 15. Juli 1912 wurde schließlich das Gesetz zur Anerkennung des Islam und seiner Anhänger verabschiedet. Es verbesserte nicht nur das Leben der Muslime in Bosnien grundlegend, sondern auch das Leben vieler Frauen in Österreich, die erstmals zum Medizinstudium zugelassen wurden, um der medizinischen Behandlung von muslimischen Frauen gerecht zu werden. Die ersten österreichischen Ärztinnen profitierten entscheidend vom Islam-Gesetz beziehungsweise gingen aus ihm hervor, denn die Tätigkeit als Amtsärztin war zu dieser Zeit die einzige Chance, als Ärztin zu wirken.

Schon 1878, ab der Okkupation von Bosnien und der Herzegowina, dienten viele Muslime in der kaiserlich-königlichen Armee. Imame dienten als Seelsorger. Bemerkenswert ist auch, dass bosnische Muslime die höchsten Auszeichnungen für Tapferkeit und Loyalität bekamen und sogar die Leibgarde des Kaisers stellten!

Bosnischer Infanterist im k.u.k.-Heer:

wikipedia

Der Zerfall der Monarchie nach dem ersten Weltkrieg hat dann überall seine Spuren hinterlassen, auch in der islamischen Gemeinschaft. Erst in den 1960er-Jahren bemühte man sich wieder um eine Aktualisierung des alten Islam-Gesetzes. 1979 wurde die Islamische Glaubensgemeinschaft gegründet und als Körperschaft öffentlichen Rechts konstituiert, der „alle Anhänger des Islams angehören, welche in der Republik Österreich ihren Aufenthalt haben.“

2012 feierte die IGGiÖ das 100-Jahr-Jubiläum des Islam-Gesetzes mit einem pompösen Festakt im Wiener Rathaus. 2015 wurde das Islam-Gesetz dahin geändert, dass nicht mehr dauerhaft Finanzierungen aus dem Ausland erfolgen dürfen. Damit will man politische Einflussnahme verhindern.

https://www.jusline.at/gesetz/ig_2015

Gänzlich anders verlief die Entwicklung hingegen in Deutschland. Deutschland hatte nie ein Islam-Gesetz, welches das friedliche Miteinander von Christen und Muslimen regelte und es kann auch historisch nicht auf die wohlwollende Integration von Muslimen zurückblicken. Deutschland ist deshalb im Umgang mit Muslimen nicht unbedingt ein Vorbild, trotzdem sich Frau Angela Merkel als gläubige Christin unermüdlich bemüht, zuwandernde Muslime zu intergrieren. Was dem Österreicher historisch mitgegeben wurde, was seine Geschichte prägte, ist dem Deutschen fremd. Vielleicht könnte die EU diesbezüglich ein Machtwort sprechen und ein EU-weites Islam-Gesetz nach österreichischem Muster schaffen? Wäre das nicht hilfreich bei der Integration der Muslime in unsere Gesellschaft?

Legendär sind die deutschen 'Beutetürken' - ein historisch scheinbar legitimer, obwohl menschenverachtender Begriff, der davon erzählt, wie Türken aus dem osmanischen Heer von deutschen Offizieren gefangengenommen und zwangsassimiliert wurden.

"Während der so genannten Türkenkriege wurden "Beutetürken" und "Beutetürkinnen" als Kriegsgefangene in die einzelnen Residenzen in Deutschland, vor allem in Süddeutschland verschleppt. Es war üblich, die Gefangenen als lebendige Beute und Trophäe zu versklaven. Sie wurden teilweise verkauft und verschenkt. In den Kreisen der Fürsten und des Adels war es ein wichtiges Prestigemerkmal, den eigenen Hofstaat mit exotisch gekleideten jungen muslimischen Sklavinnen zu schmücken.

Bei gebildeten Sklaven erfolgte die Lehre der deutschen Sprache und die zwangsweise Erlernung des Christentums bis hin zu einer Art Zwangstaufe, als einzige Option, dem Sklavenleben entkommen zu können. Die Türkentaufen hatten einen Volksfestcharakter. Der zur öffentlichen Taufe ausgebildete Sklave hatte sich öffentlich zu bezichtigen, „ein Türck und verdammter Mensch“ zu sein, bevor er Erlösung aus diesem jämmerlichen Zustand in Form der christlichen Taufe fand und dann auch einen christlichen Namen bekam. Nach der Taufe blieben die nunmehr "freien" Bürger als Personal beim ehemaligen Besitzer. Die Gebildeten heirateten in den deutschen Mittelstand.

In wenigen Fällen ist auch ein Aufstieg in hohe gesellschaftliche Stufen bekannt. Die 1686 aus Budapest verschleppte Fatma Kariman war zunächst Dienerin am Hof von August dem Starken, welcher die Beutetürkin später mit seinem Oberkommandierenden Hermann von Baden verheiratete und damit zur späteren Gräfin Castell erhob. Der Kurfürst von Hannover Georg I. bewegte den Kaiser dazu, seinen Beutetürken und Kammerdiener als Ludwig Maximilian Mehmet von Königstreu in den Adelsstand zu erheben und somit mit einen vererbbaren Adelstitel auszustatten.

Teilweise bewirkten Beutetürken auch einen kulturellen Austausch. Ehemalige Militärmusikanten wurden in Militärkapellen aufgenommen und bereicherten die abendländische Musik. Davon beeinflusst komponierte Wolfgang Amadeus Mozart 1781 n.Chr. die "Türkenoper" mit der "Entführung aus dem Serail"."

Quelle: http://www.eslam.de/begriffe/b/beutetuerken.htm

Liste der kirchlich registrierten 'Beutetürken':

http://www.eslam.de/begriffe/b/beutetuerken_liste.htm

Saduk Selim Sultan soll ein Vorfahre von Johann Wolfgang von Goethe gewesen sein. Er war türkischer Offizier und geriet im 13. Jahrhundert in deutsche Gefangenschaft.

http://www.eslam.de/begriffe/s/saduk_selim_sultan.htm

"Bereits Engelmann (1984) zählte Johann Soldan zur Ahnenreihe Johann Wolfgang von Goethes, von dem man seit dem 19. Jahrhundert weiß, dass er mütterlicherseits einen orientalischen Vorfahren hat. Wohl gibt es keinen sicheren Nachweis für die Abstammung Goethes von Soldan, doch Hinweise aus einer Familienchronik des 16. Jahrhunderts deuten für diesen orientalischen Vorfahren auf die Gegend um Brackenheim. Die These wurde zuletzt von Werner Ulrich Deetjen anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der Soldan-Taufe 2005 vertreten. Die mögliche Verwandtschaft mit Soldan bestätigt jedoch nicht das anderweitig vor allem in arabischen Ländern kursierende Gerücht, Goethe sei Muslim gewesen."

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sadok_Seli_Soltan

Die Übereinkunft von Orient und Okzident in Goethes Denken erklärt wohl das Genie dieses Dichters und seinen unwiderstehlichen Hang zur Spiritualität?

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Islams_in_Deutschland

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