Ausstellung Wissen & Schaffen: Dualismus der Kreativität

Als Kurator organisiere ich in diesem Jahr fünf virtuelle Ausstellungen mit dem Ziel, Kunst als politisches Statement zu positionieren. Jede Ausstellung ist einem Thema gewidmet, zu dem der Kurator einen Essay vorgibt. Die aktuelle Ausstellung – online auf kunstsammler.at und im Print in der Kunstzeitschrift VERNISSAGE 352 – ist dem Thema „Wissen und Schaffen“ gewidmet. Es geht um die Frage, ob Wissenschaft und Kunst in Zeiten wie diesen noch frei schaffen können. Drei Künstlerinnen haben beleuchtet, wie der Dualismus oder das Phänomen der Dualität auf Kreativitäts- und Erkenntnisprozesse einwirken.

Amora Jouja Helenna: Information und Inspiration sind gleichermaßen notwendig für Kreativität – ob in der Wissenschaft oder in der Kunst. Das gute alte Buch ist immer noch das wichtigste Medium zur Vermittlung von Informationen. Das Volumen der Informationen, gemessen in Bits and Bytes, verdoppelt sich angeblich jedes Jahr. Doch diese Zahlen geben keine Auskunft über die Qualität von Informationen, die in der Cloud gespeichert und über Smartphone immer und überall abrufbar sind. Qualität findet man zuverlässig in Büchern. Bücher verwendet man anders als Smartphones. Man muss sich Zeit nehmen um eine Bibliothek oder Buchhandlung aufzusuchen. Es braucht auch Zeit, sich in ein Buch zu vertiefen. Die Tiefe und Qualität der Information gehen durch die Schnelllebigkeit im Internetzeitalter verloren. Was wird infolge dessen aus der Inspiration? Inspiration kann nur aus der Tiefe kommen. Nicht nur Kreation, auch Interpretation braucht Tiefe Kenntnisse, Übung und Erfahrung. Sonst besteht die Gefahr, dass in 100 Jahren Theater-, Konzert- und Opernhäuser zu Karaoke-Bühnen umfunktioniert werden. Bild zur Ausstellung: Information & Inspiration, Diptychon, Acryl auf Leinwand, 100 x 160 cm

Helenna Amora Jouja, Information & Inspiration, Diptychon, www.kunstsammler.at

Antonia Fartushna: Vor rund 100.000 Jahren wurden die ersten Wölfe domestiziert. Zunächst begannen sich die Wölfe in Ernährung, Körpergröße und Fellfarbe anzupassen. Doch bald nahmen die Menschen Einfluss auf die Selektion. Man kann die Hundezucht als ältestes Experiment des Menschen an der Natur bezeichnen. Die Natur hat mit dem Wolf eine These aufgestellt und jede Hunderasse kann als Antithese dazu betrachtet werden. Aber auch viele Hunderassen – Schäferhund und Dackel, Pudel und Bernhardiner – verhalten sich zueinander wie These und Antithese. Zuchttiere – insbesondere Kühe, Schweine und Hühner – sind heute nur noch Antithesen der Natur, anders gesagt Kunstprodukte der Gentechnik. Wie lange wird es noch dauern, bis Menschen aus der Retorte kommen? Die heute übliche These von Wissenschaft und Ethik verbietet Designerbabys. Doch wie lange kann diese These noch verteidigt werden, wann wird die Antithese stärker und die bestehenden Maßstäbe verdrängen? Bild zur Ausstellung: These und Antithese, Diptychon, Acryl auf Leinwand, 100 x 160 cm

Antonia Fartushna, These und Antithese, Diptychon www.kunstsammler.at

Heidrun Karlic: Ich war beruflich gute 40 Jahre in der so genannten Wissenschaft verankert. Den Gedanken, dass da "Wissen" geschafft wird, kann ich nur sehr bedingt nachvollziehen. Als Forscher(in) sammelt man zumindest in der Naturwissenschaft mit mehr oder weniger kreativen Ansätzen einfach immer nur ERKENNTNISSE, von denen man sich erhofft, dass sie ein klareres Verständnis von chaotischen Systemen erleichtern. Mir gefällt aber auch der Spruch des philosophischen Dampfplauderers Konrad Liessmann: „Das abstrakte Bild fungiert wie das Wasser des Narziss - es spiegelt immer seinen Betrachter in vollkommener Stille, es selbst schweigt, sagt nichts.“ Bild zur Ausstellung: ChaosErkenntnis, Acryl auf Leinwand, 40 x 40 cm

Heidrun Karlic, ChaosErkenntnis, Acryl auf Leinwand, 40 x 40 cm www.kunstsammler.at

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