Würden Katzen wirklich Dosenfutter oder Trockenfutter kaufen?

Bela Ferenz Wolf

Beginnen wir doch am besten mit einer Frage, deren Antwort so kurz wie einfach ist.

Was ist das richtige Katzenfutter?

Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Das ist bei der Katze nicht anders als beim Menschen. In der Natur fängt die Katze Mäuse, Ratten oder Vögelchen und verspeist sie genüsslich. Trotzdem wird allgemein verbreitet, dass Katzen heutzutage lieber Fertigfutter konsumieren würden; denn eigentlich – wird diese krude These fortgesponnen – bringen Katzen die erlegte Beute lieber nach Hause um sie dort ihrem Menschen stolz als Geschenk vor die Füße fallen zu lassen, anstatt sie gierig mit Haut, Haaren oder Federn sofort zu verschlingen. Wollen Katzen also nur Beute machen und sie gar nicht fressen? Haben sie sich dieses Verhalten seit Jahrtausenden antrainiert, weil sie schon immer auf Dosenfutter gewartet haben?

Oder sich bei den Menschen einschmeicheln wollen?

Die Antwort, warum sie die Beute lieber nach Hause bringen liegt auf der Hand: Sie bekommen ohnehin genug Futter zu Hause. Sie sind einfach nicht hungrig! Abgesehen davon sind Katzen klug. Die meisten Nagetiere sind mit Pestiziden und Umweltgiften belastet. Mäuse und ihre Mausfreunde sind mittlerweile meilenweit davon entfernt, eine Leckerei für Katzen darzustellen. Sie übertragen Bandwürmer, Spulwürmer, Flöhe und höchst wahrscheinlich schmecken sie auch einfach nicht mehr so gut wie früher. Warum sollte eine ebenso schlaue wie wohlgenährte Katze, die täglich eine übervolle Schüssel mit Gourmetfutter hingestellt bekommt, zusätzlich voll Appetit eine übelriechende tote Maus verschlingen wollen? Sie fängt sie, hat ihren Spaß dabei und bringt sie voller Eifer nach Hause. Das heißt aber nicht, dass sie deswegen lieber Fertigfutter frisst.

Was ist also das richtige Katzenfutter?

Die Antwort auf die Frage nach dem passenden Futter ist so einfach wie naheliegend. Katzen sind ein reine Fleischfresser. Was auch gleich die Frage beantwortet. Fleischfresser fressen Fleisch. Und sonst nichts. Weder Getreide, noch Zusatzstoffe, noch Lockstoffe, noch Konservierungsstoffe, noch Kartoffelbrei oder Gelee und Saft.

Sie fressen auch kein Gemüse. Und kein Öl. Oder andersrum betrachtet: Würden Sie, wenn Sie jemand fragt womit man eine Kuh füttert in Frage stellen, dass ein Wiederkäuer wie die Kuh besser Wiese statt Fleisch fressen sollte?*

Warum also macht man das bei der Katze?

Ich kenne die Antwort. Sie wird Ihnen nicht gefallen.

Weil die interessierte Industrie damit Geld wie Heu scheffeln kann.

Weil es einfach ist.

Weil es keine Arbeit macht, eine Dose mit stinkendem Inhalt zu öffnen, diesen in ein kleines Schälchen zu leeren und den Rest bis zum nächsten Tag aufzubewahren.

Noch einfacher ist es, ein paar Trockenfutterkügelchen in einen Napf zu füllen. Und natürlich frisst die Katze dieses Futter – irgendwann doch. Weshalb? Weil sie, wenn sie eine Wohnungskatze ist, gar keine andere Wahl hat. Sie kann sich entscheiden zwischen hungern oder fressen. Also frisst sie. Außerdem ist das Futter mit synthetischen Lockstoffen angereichert, die der Katze Lust aufs Essen machen sollen. Ganz deutlich können Sie das erkennen, wenn Sie versuchen eine Katze mit Schnupfen zum Fressen zu überreden. Weil sie nun nichts riecht, will die Katze nicht mehr fressen. Erwärmen Sie aber die Pampe aus der Dose frisst sie womöglich doch, eben weil die erwärmten Lockstoffe stärker riechen als die im kalten Futter.

Aber kommen wir ganz kurz zurück zur Kuh.

Sie erinnern sich?

Warum Kühe statt Fleisch besser Wiese fressen sollte?

Das ist keine rein akademische Frage. Die falsche Antwort hat hunderten – womöglich tausenden – Menschen und Millionen Kühen weltweit das Leben gekostet.

*Den Versuch Kühe mit zu Mehl zermahlenen Fleischabfällen zu füttern hat es gegeben. Tatsächlich waren in diesem Fleischmehl auch Kuh-Kadaver. Mithin wurden reine Pflanzenfresser vom Menschen nicht nur zwangsweise zu Fleischfressern sondern sogar zu Kannibalen gemacht. Dieses Fleischmehl war viel billiger als das herkömmliche Tierfutter aus Getreide und Pflanzen. Um 1984 herum erkrankten – nach ein paar Jahren Fleischmehl-Futter– die ersten Kühe an BSE. In Kürze waren es weltweit abertausende – und die Krankheit war durch Verzehr auf Menschen übertragbar.

Sie könnten sagen, nun, aber das kann man doch nicht vergleichen. Eine Kuh ist ein Wiederkäuer und sie braucht das Grünzeug unter anderem dazu in ihrem Pansen Säure zu neutralisieren damit dadurch die explosive Vermehrung der Bakterien verhindert wird. Denn so eine Kuh ist in erster Linie Fleisch- und Milchlieferant für den Menschen. Damit hat sie zumindest ein gewisses Anrecht auf Futter, das ihr hilft diesen Zweck zu erfüllen.

So ein nutz-gebundenes Recht hat die Katze nicht.

Glück für die Katze, denn natürlich gibt eine Kuh nicht serienmäßig Milch wie ein Getränkeautomat, sondern sie gibt nur Milch um ihr Kalb zu ernähren. Gab, sollte man sagen, denn heute sind Kühe Menschen gemachte Milch-Wunder-Maschinen; Milchautomaten mit kurzem Verfallsdatum und anschließender Schlachtung unter grauenvollen Bedingungen. Heute sind Kühe nichts weiter mehr als angebundene, enthornte und mit Ohrmarken versehene gequälte Objekte. Zwangsbesamte Gebärmaschinen, deren Nachkommen meist kurz nach der Geburt jammernd auf LKW-Ladeflächen übereinander geladen, mit gebrochenen Knochen zum oft weit entfernten Schlachthof transportiert werden – als Essen geboren, ohne Recht auf einen Tag Leben. Nichts weiter als Kalbsleberwurst, Kalbslederschuhe, Kalbsbraten. Lebend an Haken hängend, schreiend vor Angst und Schmerz auf ihre Schlachter zu schaukelnd; Menschen, die lachend und schwatzend mit gezückten Messern eher gelangweilt ihr Werk tun.

Darum müssen Katzen Kühe sicher nicht beneiden.

Und Menschen? Die sehen lieber Reklame mit Almenglück und Heidi-Idylle. Schaut man heutzutage in Wikipedia nach Tiermehl, liest der wenig interessierte Laie, dass Tiermehl (auch Tierkörpermehl oder Kadavermehl) ein Produkt der Tierkörperverwertung ist, dessen Verwendung als Futtermittel für Nutztiere seit 2001 EU-weit verboten ist. Mit Ausnahmen. Wer hätte das gedacht. So darf in teilweiser Aufhebung dieses Verbotes seit Juni 2013 aus Kadavern nicht wiederkäuender Tiere gewonnenes Tiermehl (etwa von Schweinen oder Hühnern) wieder an Speisefische und andere auf Aquafarmen gezüchtete Tiere verfüttert werden. Tiermehl wird ferner in energetischer Nutzung verbrannt, als Futtermittel für Heimtiere sowie Pelz- und Zootiere verwandt und darf unter Auflagen als Dünger in der Landwirtschaft genutzt werden.

Und da wäre ich wieder bei unserem Thema.

Dosenfutter, Veganer, Barfer und andere Gefahren für Ihre Katze!

Sie denken, Ihre Katze wird niemals das oft minderwertige, schädliche Tiermehl fressen? Tiermehl findet sich auch als Futtermittel in den hübschen Dosen und Schälchen unserer Haustiere wieder. Oder in den schicken Säcken mit Trockenfutter. Den Knuspertaschen, den Knabberstangen und der Fischpaste.

Tiermehl ist einfach überall.

In diesem tollen Futter, für das Katzen sogar durch Zimmerwände springen würden, sobald sie das leiseste Rascheln einer Futterverpackung hören. Wer’s glaubt. Niemand, da haben Sie Recht. Allerdings lächeln Sie vielleicht auch, wenn Sie so eine Reklame sehen? Ich sage Ihnen, das ist NICHT zum Lachen. Denn die Futtermittelindustrie ist mächtig. Und je öfter Tierbesitzer so eine hübsche, ansprechende Verpackung mit glücklichen Kätzchen sehen, umso eher ist ihr Gehirn geneigt genau das zu sehen, was Ihnen die Werbung suggerieren will.

Sie möchten das nicht glauben?

Sie sind ein kritischer Kunde?

Studien sagen da etwas anderes. Die meisten belegen eindeutig, dass Menschen einem gewissen Übungs-Effekt unterliegen. Sehen sie etwas oft genug, sehen sie – obgleich sie meinen das Gegenteil zu glauben – beinahe 1 zu 1 das, was ihnen die Werbung suggeriert.

In Falle der industriellen Tiernahrung sehen sie dann anstelle einer gräulichen Chemie-Pampe echte Fleischstücke, Soße, Gelee und Gemüse. Kommt noch hinzu, dass sich fast jeder einredet doch sowieso nur die teuren Dosen zu kaufen (alle Dosen sind – gemessen am Inhalt – überteuert) was zuverlässig bedeuten muss, dass dem Tier nur das Allerbeste serviert wird. Das weiß doch jeder. Das denkt jeder!

Falsch gedacht.

Zuerst einmal ist teuer noch lange kein Garant für gut. Ungezählte Test der Warentest Stiftungen haben das Gegenteil bewiesen; denn in welcher Sparte auch immer Billigmarken vom Diskonter gegen teure, gar Edel-Marken antraten (und -treten), umso schlechter schnitten in beinahe allen getesteten Kategorien die teuren ab. Kommt zweitens hinzu, dass auch in der mit gut benoteten Tiernahrung Lockstoffe, Asche, Tiermehl und diverse Zusätze gefunden wurden. Inhaltsstoffe, die nichts in einem guten Katzenfutter verloren hätten.

Es ist eine unbestrittene Tatsache: Das beste Katzenfutter war und ist frisches Fleisch. Nicht gefrorenes und auch nicht aufgetautes Fleisch. Frisches Fleisch! Bei Durchfall auch mal gekochtes Fleisch. Und selbstverständlich spricht nichts dagegen die Katze ab und zu mit Trockenfutter-Leckerlis zu verwöhnen.

Davon wird sie nicht sterben.

STERBEN WIRD SIE HINGEGEN, WENN SIE EINE BLASENENTZÜNDUNG HAT ODER - IN WEITERER FOLGE - PROBLEME MIT DEN NIEREN BEKOMMT UND DENNOCH NUR MIT TROCKENFUTTER GEFÜTTERT WIRD!

Katzen sind Wüstentiere, sie beziehen das Wasser, das sie zum Leben brauchen hauptsächlich aus der Nahrung. Dies geschieht über den Darm. Bekommt eine Katze ausschließlich Trockenfutter wird ihr Körper bald austrocknen. Logisch, dieser Nahrung kann eine Katze keinerlei Wasser entziehen, denn wie der Name schon sagt ist es Trockenfutter und in diesem Fall unabhängig von weiteren Inhaltsstoffen völlig trocken und ohne verwertbare Flüssigkeit.

Da Katzen von Natur aus wenig trinken und dank der Trockennahrung nun gar kein Wasser aus dem Futter entziehen können, wird bei einer Blasenentzündung die Möglichkeit der Ausschwemmung der Bakterien über den Harn verhindert, die Entzündung wird chronisch und letztendlich werden die Nieren geschädigt. Die Krankheit verschlimmert sich, irgendwann bedeutet das ihr Todesurteil.

AN DIESER STELLE LÄUFT DIE FUTTERMITTELINDUSTRIE, VERURSACHER DER KRANKHEIT, ZUR HÖCHSTFORM AUF.

Denn es gibt kaum eine Krankheit, für die es nicht ein ganz spezielles Trockenfutter zu kaufen gibt. Es gibt kaum eine Katzenrasse und kaum eine Altersstufe, die nicht bedient wird. Vom Kätzchen zum Senior, vom Kastraten zum trächtigen oder laktierenden Muttertier ist alles erhältlich, was das Katzenherz (nicht) begehrt.

Es beginnt bei der Welpen-Aufzucht und endet beim Überwicht. Sämtliches Futter ist entweder direkt im Handel wie in Baumärkten oder Tierbedarfs-Handelsketten, aber auch online erhältlich, oft aber auch nur über den Tierarzt beziehbar. Der wiederum davon im Jahresumsatz profitiert. Geld stinkt bekanntlich nicht. Das wussten schon die alten Römer, die sich mit diesem Spruch einst die Klosett-Steuer schön redeten.

Ein weiteres Problem ist zum einen, dass ein angehender Tierarzt während des Studiums nicht besonders viel von Tierernährung zu hören bekommt, außer wie man mittels meist kryptischer Futtermittel-Berechnungstabellen Grundumsätze und Eiweißbedarf ermittelt. Im - Sie ahnen es schon - Trocken- und Feuchtfutter. In diesem Sinne ist es dann zum anderen kaum böse gemeint, wenn Tierärzte Trockenfutter empfehlen. Oft wissen sie es tatsächlich einfach nicht besser. Das ist zwar keine wirkliche Entschuldigung jedoch immer noch besser als das mindestens ebenso verbreitete Desinteresse an diesem Thema und seinen Folgen für das Tier bei jenen Tierärzten, die genauere Kenntnisse der Materie habe. Auch wenn es erheblich lukrativer ist und sehr viel weniger Mühe macht einen Futtersack zu verkaufen als stundenlang mit verängstigten oder im schlimmsten Fall gelangweilten Tier-Besitzern über gesunde Ernährung zu diskutieren. Das ist verlorene Zeit, die nicht bezahlt wird.

Auch für Tierärzte.

Und last but not least gibt es noch die besorgten, viel wissenden Katzenbesitzer in ihren Katzenforen, die es im besten Fall wirklich gut meinen. Leider aber die Sache mit der richtigen und vor allem gesunden Katzen-Ernährung nicht unbedingt besser machen.

WIE IN JEDEM LEBENSBEREICH GIBT ES AUCH UNTER DIESEN MENSCHEN FANATIKER, DIE ERST DURCH DAS INTERNET IHRE WAHRE BERUFUNG GEFUNDEN HABEN UND DORT IHREN –FÜR KATZEN OFT HOCH GEFÄHRLICHEN - HUMBUG EIFRIG UND IM GROßEN STIL WEITER VERBREITEN KÖNNEN.

Auf Anhieb fallen mir da die Extrem-Barfer mit ihren Ölen und Zusätzen ein, die keine Katze braucht. Oder die Veganer und Vegetarier. Alle Heiler, Gurus und Flüsterer, die (genau wie in der Hundewelt) auch im Katzenuniversum ihr zerstörerisches Unwesen treiben. Diese Leute sind oft Meister im Unsinn verbreiten.

Und dann gibt es natürlich noch jene, die in Katzenforen scheinbar harmlos solche Fragen stellen „Was fressen Katzen außer Katzenfutter?“ nur um sofort selbst zu antworten. Oft mit einer Lieblings-Wahnvorstellungen, die sich durch den meist messianischen Eifer bald als ‚Gerücht, an dem was dran sein muss‘ im Net verbreitet und seine zerstörerische Wirkung entfalten kann.

Und womit füttern Sie Ihre Katze?

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

https://tierarztwolfblog.wordpress.com

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