Die Ablehnung des Migrationspakts im Dezember haben die Identitären und die FPö gemeinsam gefeiert. Jetzt ist die Liebe etwas abgekühlt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan,die FPÖ distanziert sich von den Identitären, man könnte auch sagen: Die Partei lässt die Identitären fallen wie eine heiße Kartoffel. Das hat mehrere Gründe:

1. Der Name des identitären Posterboys Martin Sellner ist ab sofort untrennbar mit dem Attentäter von Neuseeland verknüpft - völlig unabhängig davon, ob Sellner und den Identitären strafrechtlich irgendetwas nachzuweisen ist. Und danach sieht es nicht aus.

2. Der Boulevard hat sich positioniert, und zwar gegen Sellner und die Identitären. Die Krone hat die Gruppe als "Ultrarechte" bezeichnet und gegen den Boulevard wird die FPÖ nicht agieren. Der Boulevard ist zwar bei der Thematisierung der Migration kaum seriöser als die Identitären, allerdings taugt auch ein journalistischer Reibebaum am rechtern Rand für tolle Stories. Wer einmal die Woche gegen die Identitären schreibt, hat eine schöne Ausrede dafür, an den rechtlichen sechs Tagen gegen Aslywerber zu schreiben.

3. Kurz hat den Wahlkampf eröffnet und wird sich für die Angshasen und Wutbürger des Landes als strenger aber gerechter Grenzwächter positionieren. Er ist der Stacheldrahtpolitiker ohne Extremismus und er steht für "Defend Europe" ohne das Hautgout der Identitären. Die FPÖ kann mit der Kindesweglegung jetzt Schadensbegrenzung betreiben.

4. Youtube ist keine Bierzeltgaudi. Die Identitären und ihre Anhänger und Sympathisanten bilden nur einen sehr kleinen Teil der Kleintel der FPÖ ab. Die Identitären locken junge wütende Männer an, die intellektuelle Attitüde und das rhetorische Talent von Sellner - das vor allem in dessen Youtube-Auftritten erkennbar ist -sind aber ein eklatanter Widerspruch zur Bierzeltatmosphäre, in der Starche und Co. und deren Wähler sich wohlfühlen. Sellner ist ein Kammerspiel, die FPÖ ist aber die Löwingerbühne. Und die FPÖ verzichtet lieber auf ein Kammerspiel als auf eine Schenkelklopfergaudi.

Ein sehr schönes Zeitdokument zu diesem Zerwürfnis ist das aktuelle Video von Sellner.