Diesen Text schrieb ich in meinem ersten Ehejahr mit einer Thai...

Heuer zum Ausklang des Jahres waren wir wieder bei Schwiegermutter und dem Rest der (Thai-) Familie, um das Neue Jahr zu begrüssen.

Sie leben in einem kleinen Dorf nördlich von Ubon Ratchathani, bei der Bezirkshauptstadt Si Muang Mai. Es ist für mich immer wieder ein Erlebnis, dorthin zu kommen. Die Menschen dort sind zwar arm – und zwar wirklich arm – aber sie haben das Lachen nicht verlernt, und ich werde jedesmal herzlichst empfangen (und nein, nicht weil ich „reich“ bin).

Diesmal hatte meine Frau die Idee, ein erweitertes Familienessen zu veranstalten.

Gesagt – getan! Ich habe mich einen Tag vorher damit beschäftigt, ca. 50 Stück Fleischlaibchen (Frikadellen, Buletten) nach Wiener Art zuzubereiten, und zwar nur 90% fertig gebraten. Zusätzlich wurden eine Gastropackung Wiener Würste, 3 Packungen Toastbrot und je ein Glas Erdbeer- und Orangenmarmelade eingekauft.

Am Tag der Feier besorgte meine Mia noch 2 kg Schweinefleisch für Laab Mu (Gehacktes mit deftig scharfer Würze) und 5 grosse Fische – und natürlich jede Menge Grünzeug und sonstige Zutaten und Gewürze.

Ich spendierte noch einen Karton Chang Bier (gross), einige Flaschen Antialkoholika und zwei Flaschen Lao Khao (40%iger süsslicher Reisschnaps), der hier Sisibiki genannt wird und auf keiner Feier fehlen darf. Schwiegermama steuerte Unmengen an Klebereis bei.

Jetzt konnte das Mahl beginnen.

Gegen Abend warf ich meinen grossen Fassgrill an, um die Fleischlaibchen („Hembögö“) fertig zu garen und auch die inzwischen geritzten und aufgespiessten Würstchen zu grillen.

Nach und nach traf die Verwandtschaft und Freunde des Hauses ein, jeder brachte eine grosse Portion guter Laune mit, sodass schlussendlich etwa vierzig Personen anwesend waren. Zuerst wurde das traditionelle Futter ausgeteilt, das zwar grossen Anklang fand (meine Frau hat einen guten Ruf als Köchin), aber meine bessere Hälfte machte mich auf auf eine gewisse Gespanntheit aufmerksam – jeder war neugierig auf das „Farang-Food“.

Endlich war es soweit – ich gebe zu, auch ich war gespannt auf die Reaktionen!

Während die Erwachsenen sich in Oohhs und Ahs ergingen und den ungewohnten Gaumenschmaus lobten, waren die Kinder mehr von den Würstchen begeistert – aber insgesamt fand mein Futter tollen Anklang. Das Essen steuerte dann noch einen zweiten Höhepunkt an, als meine Frau Marmeladenbrote schmierte – die Isaanis sind durch die Bank Schleckermäulchen.

Während des Essens wurde ausgelassen gescherzt und ohne Hektik und Gier alles Essbare gewissenhaft „vernichtet“. Die gute Stimmung war für mich fast körperlich spürbar, und ich fühlte mich pudelwohl, obwohl die Leute hier einen grandiosen Dialekt sprechen und ich mit meinen rudimentären Thaikenntnissen nicht wirklich viel verstand – aber manchmal braucht es halt keine Worte.. . .

Nach dem Essen blieb man noch ein bisschen zusammen und einer nach dem anderen kam auf meine Frau und mich zu, um uns den berühmten Baumwollfaden ums Handgelenk zu binden, verbunden mit den allerbesten Wünschen.

Nach drei oder vier Stunden traten die Leute dann den geordneten Rückzug an, sodass dann nur mehr der innere Familienkreis übrigblieb, der den Jahreswechsel heiter-besinnlich erlebte.

Dieser Silvester war für mich insofern ein besonderes Erlebnis, da er erstens ohne Alkoholexzesse abging und zweitens habe ich eine tolle Erfahrung machen können:

TEILEN heisst hier wirklich teilen, kein einziger Teilnehmer hat sich über das (reichlich vorhandene) Essen gestürzt, jeder nahm Rücksicht auf den anderen, obwohl keiner von ihnen weiss,

wann er das nächste Mal so gut und reichhaltig essen kann.

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.... und jetzt kommen wir zu den aktuellen Kommentaren hier:

Wir tendieren dazu, die Situation der Menschen in fernen Ländern nach unseren Masstäben zu bewerten – und das ist ein Fehler! Natürlich haben auch Menschen dort (wie die oben beschriebenen) ihre Wünsche und Sehnsüchte, nur ist ihre Gier noch nicht so ausgeprägt.

Was ist die Message, die ich hier gerne rüberbringen will?

Solange man nicht Bedürfnisse künstlich erweckt, sind Menschen grundsätzlich zufrieden. Erst der missionarische Eifer unserer Gesellschaft, anderen unsere Errungenschaften aufzuzwingen, erzeugt Unzufriedenheit. Nur – sind wir in unserer westlichen Gesellschaft glücklicher?

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