In Syrien können 13jährige Mädchen verheiratet werden. Kinderehen werden vor der Flucht geschlossen, um den Mädchen einen Beschützer auf der gefahrvollen Reise zur Seite zu stellen, heißt es in deutschen Medien. So wurden in Sachsen im vergangen Jahr zumindest 56 Kinderehen gemeldet, die Dunkelziffer ist weit höher.

Der Ehemann als „Flucht-Bodyguard“ hat weitreichende Folgen: Wie jetzt das Oberlandesgericht Bamberg feststellte, darf das örtliche Jugendamt eine 15jährige nicht von ihrem „Ehemann“ trennen. De facto müssen Kinderehen in Deutschland anerkannt werden – damit einher geht die Duldung von sexuellem Missbrauch Minderjähriger.

Das Grundproblem: In Deutschland und Österreich ist eine Eheschließung mit 18 – in Ausnahmefällen und nach gründlicher Prüfung ab 16 – vorgesehen. Im Ausland geschlossene Ehen müssen nach deutschem Recht auch anerkannt werden, ein moralisches Dilemma. Hunderte solcher Kinderehen wurden mit dem Flüchtlingsstrom bereits importiert. Nun steht man vor dem Problem, dass dies der sexuelle Selbstbestimmung und dem Schutz des Kindeswohls widerspricht. Auch die UN-Charta zum Kinderschutz sieht ein Heiratsalter von 18 Jahren vor.

Jetzt liegt der Fall aus Bamberg beim deutschen Bundesgerichtshof, der Bundestag wird sich baldigst mit dem Problem beschäftigen müssen. Heinz Hilgers, Präsident des deutschen Kinderschutzbundes, verlangt „rasch neue internationale Abkommen, die Deutschland nicht mehr verpflichten, diese Ehen anzuerkennen“. Zudem müsste man das Strafrecht ändern, Ehen mit Minderjährigen, die durch religiöse Zeremonien geschlossen wurden, sind unter Strafe zu stellen. Bis dahin muss der deutsche Staat Kinderehen weiterhin anerkennen.

Was allerdings nach einer möglichen Gesetzesänderung passiert, weiß niemand. Wird man die „Eheleute“ zwangsweise trennen? Was soll mit den Mädchen geschehen, wer wird sie um ihre Zukunft – Ausbildung, Integration, Sozialisierung – kümmern? Werden die „Ehemänner“, die nach deutschem und österreichischem Recht Sexualstraftäter sind, rechtlich belangt? Wird es Massenquartiere für ehemalige Kinderbräute und eigene Gefängnisse für deren Ex-Ehemänner geben?

Die Gesetzeslage in Österreich ist anders. Das teilte das Justizministerium auf Anfrage von fischundfleisch Freitag nachmittag mit. Man prüfe in solchen Fällen, ob die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung die nötige Reife erreicht hatten. Bei Kindern wäre das vermutlich nicht der Fall, die Eheschließung würde vor österreichischem Recht keine Anerkennung finden. Bisher seien derartige Fälle nicht aktenkundig, so das Ministerium. Zu befürchten ist, dass sich bald auch Gerichte hier zu Lande dem Thema widmen werden müssen.

Eines ist klar: Es geht nicht an, dass durch die Anerkennung von Ehen mit Minderjährigen geltendes Recht in den Gastländern gebrochen wird – schon gar nicht zum Schaden von Kindern! Die Verheiratung von Minderjährigen ist sexueller Missbrauch, ohne Wenn und Aber. Egal, welches (religiöse) Mäntelchen der Kinderschändung umgehängt wird.

FID Wikimedia Commons CC BY 2.0

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