Identitätspolitik und Intersektionalität. Ein Überblick.

Viele Personen die Identitäts- oder Intersektionalitätsbegriffe (etwa „systematischer Rassismus“) tagtäglich benutzen haben nur wenig Ahnung woher die Begriffe kommen. Daher beschäftigen wir uns heute kritisch damit.

Identitätspolitik oder „identity politics“ ist ein Konzept das aus einer speziellen Weltsicht hervorgeht. Diese Weltsicht ist die der sogenannten Intersektionalität. Bei dieser Denkschule wird über Machtdynamiken nachgedacht und geschlussfolgert dass jene Menschen mit Macht die Menschen ohne Macht unterdrücken.

Bis hier her noch nichts dem man nicht grundsätzlich zustimmen könnte.

Diese Unterdrückung würde aber nicht auf individueller Ebene passiert sondern systematisch, so die Theorie (daher eben Begriffe wie „systemischer Rassismus“ oder „systemischer Sexismus“).

So unterdrückt also nicht Direktor Hans Huber seine Sekretärin Anne Müller sondern es ist viel eher so dass die Reichen die Armen unterdrücken, die Männer die Frauen und so weiter und so fort. Der Unterdrücker täte das auch nicht bewusst sondern eher unterbewusst aufgrund von kulturellen Gegebenheiten. So ist etwa das Aufhalten einer Tür für eine Frau so eine Unterdrückung die es auszumerzen gälte.

Die Idee ist dass man jeder unserer Identitäten eine Wert geben kann. Addiert man dann diese Werte kann festgestellt werden ob ein schwarzer Mann im Rollstuhl eine weiße homosexuelle Frau die keine Behinderung hat unterdrückt oder umgekehrt. Denn einer unterdrückt den andren, daran führt kein Weg vorbei. Einer muss ein Opfer sein, selbst wenn er das überhaupt nicht so sieht.

Es gilt also allen Menschen einzureden dass sie Opfer von irgendjemandem wären, denn das bringt uns ganz sicher als Gesellschaft weiter.

Die Politik hätte dann, laut dieser Weltsicht, die Aufgabe Menschen, basierend auf ihren Identitäten, aneinander heranzuführen („equity“). Das bedeutet dass man jenen die zu viel Macht haben diese Macht nimmt und jenen gibt die zu wenig haben. In der pragmatischen Politik bedeutet das Umverteilung von Geld, sowie Quoten. (daher der Slogan: "auch das Private ist politisch" )

Das Problem an der Sache ist das es Leute gibt die viel Macht haben, obwohl sie einer Demographie angehören die am Papier wenig Macht haben sollten und umgekehrt.

Viele der Dinge die die Intersektionalität sehr umständlich beschreibt können besser und auch schneller mit Konzepten wie etwa Tribalismus beschrieben werden. Tribalismus beschreibt den Umstand dass sich Menschen gern mit Leuten zusammenrotten die „so sind wie sie“. Diese „Gemeinsame“ kann die absurdesten Formen annehmen.

Diese Gruppen fördern dann „ihre Leute“. Sie hemmen sich aber auch „ihre Leute“. Aus Kombination von Förderung und Hemmung entstehen durchschnittliche Erfolge. Dieser Umstand erklärt zb warum Amish keinen Nobelpreis in den Naturwissenschaften gewinnen, wohingegen die Intersektionalität suggeriert dass gelegentlich einmal einer einen gewinnen müsste, primär aufgrund der typischen Hautfarbe der Amish.

Das größte Problem das die Intersektionalität im Bezug auf das Beschreiben der Welt hat ist aber, dass für sie nur zählt wo eine Gruppe steht. Wenn eine Gruppe oder eine Person Erfolg hat dann muss sie durch Unterdrückungsmechanismen dort hin gekommen sein.

Umgekehrt bedeutet es dass jemand der in einer miesen Situation ist auch durch Unterdrückung dort gelandet ist wo er ist.

Alle Gruppen die also schlecht da stehen sind ohne ihr Verschulden dort wo sie sind und müssen dafür von denen die (angeblich) von dieser Unterdrückung profitiert haben entschädigt werden.

Grundlage dieser Idee wiederum ist die Idee der „Nullsumme“ oder um es mit den Worten von Brecht auszudrücken: "Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich".

Diese Weltsicht suggeriert dass es auf der Welt immer gleich viele Autos gab und der Umstand dass sie nicht überall gleich häufig sind liegt daran dass sie die Besitzenden von den Besitzlosen geklaut hätten. Diese Theorie kann Wertschöpfung nicht erklären und probiert es auch gar nicht sondern verlässt sich eben auf die Aussage dass die Wirtschaft eben ein Nullsummenspiel sei. Basta, Ende der Debatte. Was nicht sehr wissenschaftlich ist.

Wenn die Intersektionalität dann mit einer Gruppe konfrontiert wird die auf individueller Ebene alles unterdrückt das ihr in die Quere kommt, etwa Frauen, Homosexuelle, Behinderte und so weiter aber gleichzeitig von der modernen Welt völlig überholt wurde und nun ein trauriges Schattendasein fristet ist für den Intersektionällen völlig klar dass diese Gruppe gefördert werden muss.

Kritiker werfen ein dass solche Gruppen dort sind wo sie sind weil sie eben fürchterlich autoritär und unterdrückerisch sind und eben von der westlichen Welt abgehängt worden weil wir den Menschen gestatten aus ihrem Leben was zu machen und Vorurteile hier weniger bedeutend für den Erfolg sind als anderswo. Für den Anhänger der Intersektionalität ist das keine zulässige Schlussfolgerung, denn der Erfolgreiche ist immer der Böse. Basta.

Basiert die Idee der Intersektionalität auf einer rationalen Idee? Grundsätzlich ja, sie verallgemeinert aber zu rasch und schert über einen viel zu großen Kamm. Die Idee z.B. dass „Rasse“ mit einem generellen Bonus bzw Malus kommt ist absurd.

Das wahre Problem ist aber wie sich Personen mit dieser Weltsicht verhalten. Für solche Personen wird absolut alles was sie betrachten durch eine entsprechend gefärbte Brille verändert. Alles muss im Hinblick auf Rasse, Gender, Geschlecht oder bevorzugter Eissorte betrachtet werden. Wenn Lego nicht genauso viele Plastikvanilleeis Bausteine beilegt wie Schoko dann ist das eine systematische Unterdrückung der Schokoladeeisliebhaber!

So eine Weltsicht ist im krassen Gegensatz zu Visionen eines Dr. Martin Luther King der von einer Welt träumte in dem wir diese Unterschiede eben nicht mehr heranziehen um Menschen zu bewerten sondern statt dessen ob wir gute Menschen sind oder nicht.

Intersektionalität ist die fundamentale Philosophie der rezenten postmodernen Linken. Diese grundlegende Philosophie bringt sie damit in einen krassen Gegensatz zur egalitären Linken die einfach eine Kultur errichten wollte die diese Unterschiede ignoriert, dafür blind wird. Diese egalitäre Linke ist heute vollständig aus der rezenten Linken vertrieben worden und manifestiert sich in den politisch Heimatlosen der #walkaway Bewegung, wobei viele bei den moderaten Konservativen und der libertären Bewegung eine neue Heimat gefunden haben, was zu einem sanften Linksruck in diesen Bewegungen geführt hat.

Grundsätzlich war die Zielsetzung der Intersektionalität keine völlig falsche, die Ausführung führte aber in Untiefen voller Ungeheuer die nun wieder erweckt sind. Der Umstand dass Personen nun wieder eher auf ihre Rasse verweisen als in den 90iger Jahren bedeutet eine deutliche Verschlechterung unserer Gesellschaft.

Die Frage die sich breite Teile der Linken nun stellen sollten ist ob der egalitäre Weg, der Weg einer farbenblinden Gesellschaft, nicht doch besser wäre?

Wäre es nicht besser wenn wir die Unterschiede ignorieren würden anstatt uns zu übertrumpfen in der Frage wer das größere Opfer ist?

Ist nicht jemand der sich als Opfer sehen will sofort geneigter ein Opfer zu werden, ist nicht genau das eine Chance für Unterdrücker?

In anderen Worten: ist die Linke vor 20 Jahren falsch abgebogen und gibt es eventuell doch noch ein zurück oder aber ist der Weg ein Guter?

arbeiterinnenmacht.de https://arbeiterinnenmacht.de/2018/05/02/intersektionalitaet-richtige-fragen-falsche-antworten/

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