Nicht jeder will frei sein und die meisten von uns wollen es nicht ständig sein. Mit Freiheit kommt auch immer die Freiheit zu scheitern und zu verhungern. Völlige Freiheit kommt also mit einem erheblichen Risiko aber völlige Unfreiheit ist für die meisten dann auch wieder nicht das Gelbe vom Ei.

Jemand der völlig unfrei (und damit auch völlig fremdbestimmt) ist muss nicht immer ein Leben voller Leid führen. Wenn sein Meister ein Interesse daran hat dass es dem Sklaven gut geht etwa kann das Leben qualitativ eine Verbesserung gegenüber dem Freien in der Gosse darstellen.

Ist der Sklave nicht gerade als Löwenfutter gekauft worden, sondern als eine billige Arbeitskraft, liegt es im Interesse des Sklavenbesitzers die Effizienz seines Sklaven hoch zu halten, den Freiheitsdrang aber zu unterdrücken.

Ein kluger Sklavenbesitzer etabliert daher rasch einen Mythos des edlen Herren. Hierzu kauft man sich einfach ein paar Sklaven einer Plantage die von einem Sadisten geführt wird. Mit etwas Glück bekommt man sogar jemanden der freiwillig ins Sklavendasein wechselt weil er in der freien Welt fast verhungert wäre. Beide Gruppen werden nun der Mehrheit der Sklaven unaufhörlich sagen wie viel besser sie es hier haben und wie glücklich sie sich schätzen sollten auf dieser Plantage Baumwolle zu pflücken, denn überall anders wäre es viel viel schlechter.

Menschen hören auf die Erfahrungen anderer, besonders dann wenn diese Erfahrungen düster sind und viele werden dieses Sentiment nun adoptieren und es jedem um die Ohren schlagen der meint dass er lieber kein Sklave sein möchte.

Würde man die Sklaven aber befreien und in die reale Welt entlassen würde sich die Situation für den Durchschnitt verbessern. Menschen die für sich und nicht für den Herren arbeiten, sind schlicht motivierter und produktiver. Ein kleiner Teil würde seinen Potential voll ausnutzen und reich werden. Mary Ellen Pleasant etwa wurde in 1814 als Sklave geboren und war mit 40 bereits Millionärin, eine von sehr wenigen in den ganzen USA. Frau Pleasant machte nicht nur ein Vermögen sondern stellte einen erheblichen Gewinn für die Gesellschaft dar und es ist erschütternd dass ihr Name unbekannt ist.

mary ellen pleasan https://www.aclunc.org/sites/goldchains/explore/mary-ellen-pleasant.html

Die Kehrseite der Medaille sind jene die in der Gosse landen. Für manche Menschen stellt die Freiheit mehr Gefahr als Gelegenheit dar. Für sie kommt die Freiheit einem langsam vollstrecktes Todesurteil gleich.

Was aber ist mit den durchschnittlichen Menschen? Für den Durchschnitt verbessert sich die Lage. Nicht drastisch und nicht in einem Umfang wie für Frau Pleasant, aber doch. Dem durchschnittlichen Freien geht es besser als dem durchschnittlichen Sklaven und üblicherweise wählen Menschen, wenn sie die freie Wahl haben, nicht das Sklaventum. Nur die freien Versager sehen darin eine kluge Wahl.

Was hat das mit unserer Zeit zu tun?

Im Wesentlichen debattieren wir wie viel Freiheit wir haben sollten. Wie viele Entscheidungen sollte der Bürger treffen und wie viele der Staat (bzw: "das Kollektiv"?)

Wie viel Geld sollen wir behalten dürfen und wie viel soll der Staat für uns investieren?

Das Problem ist dass die ideale Lösung im Kopf eines jeden Einzelnen anders ist als die seines Nächsten. Jemand mit erheblichen Potential und großer Motivation dieses Potential gewinnbringend einzusetzen etwa wird für einen hohen Grad an Freiheit eintreten, wohingegen jemand in der Gosse, völlig nachvollziehbarer Weise, darauf pochen wird das noch mehr Freiheit ihn nur noch rascher umbringen wird.

Es gilt zu verstehen dass Freiheit ein Spektrum darstellt und nicht jeder frei sein will.

Oder kann.

Vermutlich ist vollständige Freiheit nichteinmal mit dem Konzept der Zivilisation in Einklang zu bringen. Es gilt aber auch zu verstehen dass Unfreiheit immer mit Fremdbestimmung einhergeht.

Irgendjemand (ie: eine Person oder Untergruppe) hat Macht über die Gruppe und dieser jemand ist selten eine selbstlose Persönlichkeit, schlicht weil dieser Menschenschlag es niemals nach oben schafft. Nach oben schafft es der Skrupellose schlicht immer rascher.

Es stimmt dass ein hohes Mass an Fremdbestimmung und Umverteilung für die Ärmsten der Armen eine Verbesserung darstellt aber abgesehen dieser winzigen Minderheit profitieren nur jene die nun über der Gruppe stehen und Macht über unsere Leben haben. Der Durchschnitt, die 90%, profitieren nicht.

Es gilt also zu überlegen welchen Prinzipen man folgen möchte. Freiheit, die mit Chancen und Risken kommt oder aber die trügerische Sicherheit, als Sklave unter Sklaven, Gleicher unter Gleichen, fremdbestimmt von Mächtigen, die sich selber in ein gutes Licht rücken, tatsächlich aber nur ihre eigenen Taschen im Sinn haben, zu existieren.

Es gilt zu überlegen ob eine Gesellschaft mit geringer Fremdbestimmung nicht erstrebenswerter wäre als eine gleichgemachte, gesteuerte Gesellschaft ohne Chancen und Risiken.

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Matt Elger

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Tourix

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