Warum der Feminismus die Jungfrau in Nöten nicht versteht

Das Action Genre hat nicht mit dem Actionfilm begonnen. Menschen haben sich Geschichten erzählt seitdem wir reden können und wir wissen, dass das Sitzen rund um das Lagerfeuer geprägt war von Singen und dem erzählen von Geschichten. Schon damals gab es Schwerpunkte, Geschichten voller Action, Geschichten voller Romantik, Geschichten voller Moral, Geschichten voller Tragödie und wenn die Kinder in den Zelten verschwunden waren folgten wohl auch gelegentlich pornographischen Geschichten.

Das Actiongenre zeigt hier aber eine erstaunliche Dominanz. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die Namen Odysseus, Beowulf oder Gilgamesch kennt ist verhältnismäßig größer als Daphnis und Chloe. Action hat eine höhere Reichweite. Auch bei Frauen.

Menschen im Allgemeinen mögen eben Action. Und hier kommt ein scheinbares Problem zum Tragen: in Action steht üblicherweise der Mann im Vordergrund. Schlimmer noch aus Sicht mancher Frauenrechntler: wenn Frauen vorkommen dann vorwiegend als Jungfrau in Nöten und diese Darstellung würde die Position des Mannes überhöhen und die Position der Frau erniedrigen.

Klingt nicht ganz unlogisch.

Vor allem der rezente Film, etwa in Marvels Cinematic Universe Phase 4 wurden systematisch Frauen in die Rolle der Helden gesetzt. Phase 4 performte aber nur halb so gut wie das was davor kam. Warum? Die Anzahl der Explosionen ist ja gleich geblieben. Ist es nicht egal wer die bösen Roboter in die Luft jagd?

Und hier gilt es zu verstehen was die Jungfrau in Nöten ist. Die Jungfrau in Nöten macht den Helden erst heldenhaft, weil sie die ultimative Motivation darstellt. Der Held ist ein Held wenn er sein Leben einsetzt um Menschen zu verteidigen. Steht sein Leben nicht am Spiel, ist er in unseren Augen weniger heldenhaft. Deswegen verkaufen sich Batman Geschichten auch so viel besser als Superman Geschichten: Batman ist nur ein Mann und ständig in Lebensgefahr. Superman nicht so wirklich. Wenn Superman die Welt rettet fühlt es sich daher weniger heldenhaft an als wenn Batman einen Banküberfall verhindert.

Menschen bringen sich nur eben typischerweise nicht aus Jux und Tollerei in Lebensgefahr, sondern nur wenn es sich, aus ihrer Sicht, auszahlt. Die Jungfrau in Nöten ist nicht das Objekt das es zu retten gilt, sie ist der Grund warum sich der Held entscheidet heldenhaft zu sein.

Das ist ihre Funktion.

Sie nimmt damit einen Platz im Herzen und Denken des Helden ein der über dem eigenen Überleben steht. In den Augen des Helden ist die Jungfrau in Nöten eben nicht der Pokal den es aus purer Eitelkeit oder Geilheit zu erobern gilt, sondern einer der wenigen, eventuell der einzige Grund warum man sein Leben aufs Spiel setzt.

Robin Hood verlässt etwa seinen schützenden Wald nur wegen Maid Marian. Das macht ihn zum Helden, das Überfallen der Reichen ist nur Vorspiel. Ohne die riskante Rettung seiner Geliebten hätten wir die Geschichte längst vergessen.

Müssen Helden also männlich sein? Keinswegs. Sarah Connor in Terminator 2 gehört zu den bekanntesten fiktionalen Helden unserer Zeit und das hängt vor allem mit ihrer nachvollziehbaren Motivation zusammen, ihre Motivation entstammt aber vor allem aus ihrer Rolle als Mutter. Am Ende des Tages dreht sich ihre Motivation darum ihren Sohn zu schützen: vor dem Killerroboter aber auch vor einer düsteren Zukunft.

Jane Foster als Lady Thor im aktuellen Thor Film hat hingegen absolut keine nachvollziehbare Motivation. Das Gleiche gilt für den Ghostbusters Reboot von 2015: die Motivation der 4 Damen ist unklar, wohingegen ihre männlichen Kollegen im Jahre 1984 eine klare Motivation hatten: sie haben ihre bequemen Jobs auf der Uni verloren und müssen nun, mit ihren eigenartigen Skillsets, im freien Markt bestehen. Die Motivation ist also im Grunde überleben, mutiert aber dann zu Loyalität und Verpflichtung. Das lässt sie aber nicht ganz so scheinen.

Die Ghostbusters sind in unseren Augen weniger Helden als eben Arbeiter die ihren Job machen und so unser Leben schützen. Aber eben keine echten Helden.

Ebenso funktioniert Lara Craft nur bedingt als Heldin, denn ihre Motivation ist bloße Eitelkeit und Langeweile. Indiana Jones hingegen überkommt seine Eitelkeit und Getriebenheit, wenn es darum geht die Junfrau in Nöten zu retten, oder aber wie im letzten Kreuzzug: seinen Vater.

Und hier schließt sich der Kreis: die Jungfrau in Nöten ist im Grunde eine Allegorie auf die Familie an und für sich. Wir Männer erzählen uns gern gegenseitig, dass wir für unsere Familien den Kopf hinhalten würden und bereit sind unsere Träume für sie zu opfern.

Wir hören das gern.

Und Frauen hören das scheinbar auch gern.

Und zwar in allen Kulturen und zu allen Zeiten. Nicht alle Männer und Frauen wohlgemerkt, aber eben viele.

Umgekehrt erwarten Männer nicht das Gleiche von ihren Frauen. Wir erwarten nicht dass sich unsere Frauen für uns mit dem Drachen anlegen. Und Frauen erwarten das auch nicht von anderen Frauen. Wenn sie aber erzählen, dass sie den Drachen mit bloßen Händen zerlegen wenn er ihren Kindern etwas antun will, dann hören wieder alle zu. Das glauben wir ihnen, weil das ist das was Mütter tun.

Die Glaubwürdigkeit der Heldenhaftigkeit steht also im Zusammenhang mit einer glaubwürdigen Motivation und auch mit der Welt in der wir leben. Für jeden Stamm war der Verlust einer Frau oder eines Kindes problematischer als der Verlust eines Mannes.

Man braucht nicht viele Männer um die nächste Generation zu zeugen. Männer sind eben entbehrlicher. Aufgrund dieser Entbehrlichkeit ist es sinnvoll, dass Männer den Drang verspüren sich in die Schusslinie zu werfen, wenn Frauen und Kinder in Gefahr sind, Frauen das aber nur im Falle der Kinder zu tun. Frauen die Männer retten wirkt so absurd, weil ein Instinkt in uns sagt, dass das ein Risiko ist, dass für den Stamm inakzeptabel groß ist.

Deswegen funktionieren diese Geschichten nicht. Nicht weil wir keine heldenhaften Frauen sehen wollen, sondern weil die Motivation der Helden nicht passt. Wir sehen ja auch die Diebe in der Oceans Reihe nicht als Helden, weil ihre Motivation eben nur plumpe Gier ist. Wenn John McClane in "Stirb Langsam" es aber mit einem ganzen Hochhaus voller Schurken aufnimmt um seine Frau zu retten, erkennen wir den Helden.

Das ist auch der Grund warum Teil eins und zwei der besagten Reihe so viel mehr Wirkung hat, als die aufwändigeren Teile die ihm folgten. Dabei gilt es zu betonen, dass seine Frau Holly ebenso eine starke Persönlichkeit ist, was im fabelhaften Umgang mit dem Reporter betont wird der ihre Familie in die Sache reinzieht, ebenso wie mit ihrer beeindruckenden Verhandlung mit Hans Gruber. Holly ist selbst ein glaubwürdiger Held weil sie für ihre Leute einsteht und sich ebenso in Gefahr bringt und eben diese Stärke lässt John erst so richtig herausstechen: Er ist der Held der eine Heldin rettet.

Daraus folgt dass die Jungfrau in Nöten nicht schwach und minderwertig sein muss um zu funktionieren. Ganz im Gegenteil. Marian in Robin Hood zeigt das gleiche Muster: sie warnt Robin und bringt sich damit selber in Lebensgefahr. Robin ist also wieder ein Held der eine Heldin rettet und genau das lässt ihn so hell scheinen.

Um Helden zu verstehen muss man Motivation, Heldentum aber auch die Welt verstehen an die sich unser Gehirn über Millionen von Jahre angepasst hat. Geschichten die in diese Welt passen, selbst wenn sie voller Drachen und fliegender Männer in Unterwäsche sind, werden stets besser funktionieren als Geschichten die sich an eine realitätsfeindliche Ideologie anbiedern die nicht verstanden hat dass die Jungfrau in Nöten kein Pokal ist den der eitle Mann gewinnen möchte sondern das einzige ist für das der Held, ohne mit der Wimper zu zucken, sein Leben opfern würde. Die Frau ist damit in praktisch jeden Heldengeschichte wichtiger als der Held selber, weil es eben die Frau ist die den Mann zu dem macht was er sein kann.

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Ttavoc

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Petra vom Frankenwald

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nochnoi.dozor

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