Letztens hatte ich eine Debatte darüber wie hoch die Mindestsicherung sein müsste damit Menschen davon leben könnten. Dabei kam dann zwangsläufig die Frage auf wie es denn Menschen anderswo auf der Welt schaffen mit viel weniger zu überleben.

Das Problem dabei ist interessant, verlangt aber eine Vertrautheit mit der Natur des Geldes die in gelinde gesagt selten ist.

Es gilt daher in einem ersten Schritt zu verstehen dass der Preis seiner Sache davon abhängt wie viel davon da ist und wie sehr diese Sache gewollt ist. Dinge wie Produktionskosten sind weitgehend unerheblich, die Mona Lisa wurde nicht mit Gold auf Platin gemalt, betrachtet man ihren Preis könnte man aber genau zu diesem Schluss kommen. Die Mona Lisa ist, materiell betrachtet, nicht mehr „wert“ als jedes andere Gemälde aber der Umstand dass es nur eine gibt aber Millionen Menschen die sie haben wollen, treibt ihren Preis ins Unermessliche.

Dazu kommen Konsum und Produktionsverhalten. Dieser Blog etwa ist dem Leser frei verfügbar obgleich der Autor echte Arbeit verrichten musste um ihn zu schreiben weil der Autor ihn eben „verschenkt“. Den „echten, gerechten Preis“ gibt es daher nicht.

Angebot und Nachfrage erzeugen Preise und gleichen damit besagte Angebot und Nachfrage aus bis die Güter und Dienstleistungen bei dem sind der sie wirklich haben will, also dafür zahlt, denn wer den höchsten Preis für eine Sache zahlt, der macht damit am meisten, nutzt das Ding am effizientesten oder will oder braucht es am meisten, deswegen ist er der Höchstbietende.

Wir können Preise aber beeinflussen. Wir können etwa Produkte subventionieren. Hierbei zieht man Menschen Geld aus der Tasche und gibt ihnen das Geld dann wieder zurück wenn sie „das Richtige“ kaufen. Das geförderte Produkt erscheint dabei günstiger und wettbewerbsfähiger als es in Wirklichkeit ist. Ein klassisches Beispiel sind öffentliche Verkehrsmittel die wir zwar alle mit unseren Steuern finanzieren, jene die sie dann aber auch nutzen wollen müssen nur einen Bruchteil des Preises zahlen.

Dinge durch Dekret billiger zu machen ist nicht möglich. Deklariert man etwa dass Semmeln nun nur noch einen Cent kosten müssen, hören Bäcker auf Semmeln zu machen weil die Produktion mehr kostet als diesen einen Cent. Die historische Umgehung dieses Problems ist Sklaverei. Wenn man die Lohnkosten auf Null setzt, kann man plötzlich vieles billiger produzieren, das wussten schon unsere Vorfahren.

Diese Lösung zieht aber einen Rattenschwanz an Problemen hinter sich her. Neben den moralischen, vor allem dass Sklaven eben auch Kosten verursachen und verbunden mit ihrer eher nicht guten Motivation oftmals eben nicht billiger sind als Arbeiter. Was ja auch der wahre Grund ist warum wir uns von diesem System verabschiedet haben: Sklaverei ist schlicht nicht wettbewerbsfähig, deswegen ist sie (weitgehend) verschwunden.

Preise von oben herab zu senken ist also unmöglich, das Gegenteil ist dafür sehr einfach. Die einfachste Art Preise zu erhöhen ist zu hohe Preise festzulegen, die zweit einfachste Möglichkeit ist Qualität vorzuschreiben. Wenn ein Staat etwa einem Automobilhersteller vorschreibt wie „sicher“ sein Auto sein muss, dann fallen alle Modelle die weniger sicher sind, weg. Das sind üblicherweise die günstigeren Autos, entsprechend steigt der Preis.

Qualitativ minderwertige Produkte haben den Nachteil dass sie eben qualitativ minderwertig sind, sie haben aber den Vorteil dass sie üblicherweise günstiger und damit auch für ärmere Menschen erschwinglicher sind.

Der Renault Kwid etwa ist in Indien für 3500€ erhältlich und ist ein vollwertiges Auto das es auch ärmeren Menschen ermöglicht Automobilität zu nutzen. In Europa aber müssen die Armen mehr für Autos zahlen da wir ihnen vorschreiben wie sicher sie im Fall eines Crashs sein müssen.

Ähnliches gilt überall anders. Dem Europäer ist, laut unseren Führern, Nahrung die der Rest der Welt isst nicht zumutbar. Wir können das ins Extrem führen und uns vorstellen was passieren würde wenn der Staat bestimmt dass nur noch Kobe Rind als akzeptabel in Europa gelten würde, alles andere wäre nicht "zumutbar". Das Resultat wäre dass die Gulaschsuppe beim Wirten dann eben nicht mehr 5€ kostet sondern 50€, bei weitgehend identem wahrgenommenen Wert. Für den Reichen ist das egal, für den Armen nicht.

So gut die Regulation und Qualitätsvorschriften auch gemeint sein mögen, die Ärmsten zahlen, wie so oft, die Zeche.

Man kann natürlich, wie im Hochmut des Elfenbeinturms üblich, argumentieren dass die Menschen „da unten“ froh sein sollten dass man sie vor dem billigen Junkfood gerettet hat, dabei wird aber eben vergessen dass man sie nicht davor gerettet hat sondern ihnen einfach nur ein Produkt aufzwingt das mehr Geld kostet als sie zahlen wollen oder können.

Warum also kann man in Europa nicht von 300€ leben? Weil wir keinen Zugriff auf die billigeren Produkte haben, weil man uns sagt dass wir etwas "Besseres" sind und entsprechend etwas Besseres verdienen.

Die traurige Wahrheit ist aber, dass das nicht dazu führt dass wir alle Kobe Rind essen sondern dass ein großer Teil der Menschen der eben gern eine Gulaschsuppe gegessen hätte eben jetzt Zwiebelsuppe essen muss. Qualitätsvorschriften führen eben nicht dazu dass die Menschen das Gleiche, zum gleichen Preis in jetzt besserer Qualität erhalten sondern es bedeutet dass diejenigen die sich das Produkt gerade noch leisten konnten es sich eben jetzt nicht mehr leisten können und im Zweifelsfall frieren und hungern weil alles mehr kostet als sie erwirtschaften können.

Die Frage ob das gut oder schlecht ist steht nun im Raum.

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Bösmenschen

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